Chamber / Ben Polidori geht von den Piraten zur LSAP – ein Wechsel mit Folgen im Parlament
Aus einem Piraten wird ein Sozialist: Ben Polidori wird in Zukunft Teil der LSAP-Fraktion in der Chamber sein. Ein Wechsel, der die politische Landschaft in Luxemburg verändert – und die Sitzordnung im Parlament.
Am Donnerstagmorgen wurde das bestgehütete Geheimnis des luxemburgischen Politiksommers endlich gelüftet. Ben Polidori schließt sich der LSAP an. Diese Entscheidung habe der 34-Jährige in dieser Woche getroffen, sagt Polidori im Gespräch mit dem Tageblatt. Sein Austritt aus der Piratenpartei sei „ein emotionaler Moment“ gewesen, nachdem er erst einmal etwas Abstand nehmen musste. Als kurzzeitig unabhängiger Abgeordneter war der Politiker aus dem Norden ein vielversprechender möglicher Zugewinn für andere Parteien. Sie hätten das Gespräch gesucht, ein „Wettbieten“ um ihn habe es aber nicht gegeben, so Polidori, obwohl neben der LSAP auch CSV, „déi gréng“ und vor allem die DP an Polidori interessiert waren. Mit letzteren seien die Verhandlungen auch konkreter geworden.
„Im Endeffekt habe ich mich jedoch auf die Grundwerte, für die ich mit meiner Politik einstehe, zurückbesonnen. Das ist unter anderem eine sozial gerechte Gesellschaft, weswegen ich mich für die LSAP entschieden habe“, sagt Polidori. Er habe sich in den vergangenen Wochen intensiv mit den Wahlprogrammen auseinandergesetzt, sich letzten Endes aber doch auf sein Bauchgefühl verlassen – und seine politischen Interessen. „Beim Thema Bildung, das mir sehr wichtig ist, identifiziere ich mich am meisten mit der LSAP, die sich für Chancengleichheit in der Bildung einsetzt“, so Polidori.
Als junger Politiker wollte ich in eine dynamische Partei eintreten, die auch auf junge Politiker setzt.Abgeordneter
Eine wichtige Rolle spielten auch das Personal und die Struktur der LSAP. „Als junger Politiker wollte ich in eine dynamische Partei eintreten, die auch auf junge Politiker setzt. Ben Streff, Liz Braz, Danielle Filbig, Claire Delcourt sind alles junge Politiker, die von der Partei eine Chance erhalten haben und gute Arbeit leisten“, sagt der Jungpolitiker. Gerade angesichts der Rentenreform sei es wichtig, nicht nur auf die zu hören, die bereits mehrere Rentenreformen hinter sich gebracht hätten. „Es ist ein guter Mix aus jungen und erfahrenen Politikern.“ Die Verjüngungs- und Diversifizierungsstrategie der LSAP, sie scheint mehr und mehr Früchte zu tragen.
Welche Themen Polidori in seiner neuen Fraktion übernehmen wird, müsse noch geklärt werden. „Ich interessiere mich natürlich für Familienpolitik, Bildung und Gesundheit. Aber auch bei der Rentenreform würde ich mich ganz gerne einbringen können. Und als Informatiker ist die Digitalisierung ein mir wichtiges Thema.“
Auf den auch von seinen Ex-Parteikollegen vorgebrachten Einwurf, er wäre bei vergangenen Chamber-Wahlen als Pirat ins Parlament gewählt worden und nutze sein Mandat nun für eine andere Partei, entgegnet Polidori: „Es ist in Luxemburg nun einmal so, dass das Mandat an die Person und nicht die Partei gebunden ist.“ Er habe, so merkt der Politiker an, in seinem Wahlbezirk mehr persönliche Stimmen als Listenstimmen erhalten. „Und ich werde mich weiter für die gleichen Themen, mit denen ich gewählt wurde, einsetzen.“
Ein neuer Platz muss her
Polidoris Wechsel von der Piratenpartei zur LSAP verändert die politische Landschaft Luxemburgs – im wörtlichen Sinne. Die Verteilung der Abgeordneten im Parlament und in den Kommissionen muss nun geändert werden. „Wir haben gleich heute Morgen angefangen zu planen“, sagt Laurent Scheeck, der Generalsekretär der Chamber am Nachmittag gegenüber dem Tageblatt. Bezüglich der Sitzordnung im Parlament gebe es verschiedene Optionen, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Letzten Endes sei das eine „politische Entscheidung“, die in der kommenden Woche von der Präsidentenkonferenz getroffen werden müsse, so Scheeck. Dem Gremium gehören neben Chamber-Präsident Wiseler (CSV) die Präsidenten aller im Parlament vertretenen Fraktionen und Gruppen an.
Fest steht: Polidori wird nicht auf seinem alten Platz sitzen bleiben – stattdessen muss in der Fraktion der LSAP ein weiterer Platz geschaffen werden. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise, dass der Neu-Sozialist zusammen mit den vier Grünen-Abgeordneten auf die linke Seite (vom Präsidenten aus gesehen) wechselt und die Plätze mit der fünfköpfigen ADR-Fraktion tauscht. Aber auch ein Umbau des Saales sei möglich. Im Moment sitzen auf der Seite der LSAP 30 Abgeordnete, auf der anderen 31. Man könnte rechts einen Platz abbauen und ihn links aufbauen, was mit mehr Aufwand verbunden wäre. „Aber wenn das politisch gewollt ist, dann ist das natürlich kein Problem“, sagt Scheeck. Solch ein Umbau dauere etwa eine Woche, auch weil neue Kabel verlegt und Technik angebracht werden müsse.
Der Parteiwechsel von Polidori hat auch Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Chamber-Kommissionen. „Wir sind dabei, auszurechnen, wie sich die politische Gewichtung jetzt ändert“, so Scheeck. Laut Chamber-Reglement besteht eine Kommission aus maximal 15 Abgeordneten. Wie viele Plätze eine Partei bekommt, bestimmt sich aus den Größenverhältnissen der Fraktionen und Gruppen im Parlament. Polidoris Wechsel könnte nun zur Folge haben, dass die Piraten auch hier einen Sitz verlieren – und eine andere Partei einen Sitz hinzugewinnt. Im Hinblick auf die Kommissionen werde die Präsidentenkonferenz die Vorarbeit leisten, so Scheeck; über die finale Zusammensetzung müssen dann alle Abgeordneten im Plenum abstimmen.
Der Fall Polidori ist nicht das erste Mal, bei dem ein luxemburgischer Parlamentarier seine Parteicouleur wechselt. In den vergangenen Jahren sind immer wieder Politiker mit Mandat aus ihrer Partei ausgetreten und saßen als unabhängige Abgeordnete in der Chamber. Einen Parteiwechsel im Parlament gab es vor mehr als 30 Jahren: Im November 1992 war Fernand Rau aus der CSV ausgetreten. Im März 1993 trat er der ADR bei.
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