Der Staatshaushalt 2022 / Berichterstatter Dan Biancalana (LSAP) erklärt, was Sache ist
„Ech soen dem Rapporter Merci fir säin exzellente Bericht.“ – Dieser Satz, eine etwas müde Floskel, wird heute im Parlament öfters zu hören sein, wenn es in den Redebeiträgen um den Entwurf des Staatshaushalts 2022 geht. Die Diskussion beginnt am Nachmittag mit dem Haushaltsberichterstatter. Diese Aufgabe hat dieses Jahr Dan Biancalana übernommen. Er ist Bürgermeister von Düdelingen und als Abgeordneter der LSAP auch Mitglied der parlamentarischen Finanzkommission. Zahlen werden wir heute Nachmittag zur Genüge hören. Im Tageblatt-Gespräch wollen wir von Dan Biancalana wissen, was denn eigentlich die Mission eines Budgetrapporteurs ist.
Tageblatt: Dan Biancalana, sind Sie stolz, mit dem Haushaltsbericht betraut worden zu sein?
Dan Biancalana: Haushaltsberichterstatter ist eine sehr interessante Mission, die man sich auch zu Herzen nimmt …
… das glauben wir, aber erfüllt das Sie mit Stolz?
Ja, selbstverständlich bin ich stolz.
Warum?
Weil es einem die Möglichkeit gibt – das habe ich die vergangenen Monate über ganz klar gemerkt –, in den Staatshaushalt einzutauchen und eine breite Sicht der gesamtwirtschaftlichen Vorgänge unserer Volkswirtschaft zu bekommen. Einen Blick auf das große Ganze also, um somit auch Verbindungen und Überschneidungen zu verstehen, die es aufseiten der Einnahmen und der Ausgaben gibt.
Um das zu tun, müssen Sie ja nicht unbedingt „Budgetsrapporter“ werden. Aber die Frage ist ja: Was macht denn eigentlich so ein Haushaltsberichterstatter? Da gibt es nämlich durchaus Erklärungsbedarf, nicht nur in bildungsferneren Schichten. Wundert Sie das?
Nein, mich wundert das nicht, weil ich selber im Freundes- und Bekanntenkreis darauf angesprochen wurde, als im Juli die Entscheidung fiel, dass ich Berichterstatter sein solle. Ich habe dann versucht, zu erklären, was denn nun die Mission ist und was sie nicht ist.
Nun gut. Sagen wir, Sie stünden vor einer Abiturklasse, jenen also, die bei den nächsten Parlamentswahlen 2023 wählen sollen. Wie erklären Sie denen – und uns dann gleich mit – was Ihre Mission war und ist?
In der legislativen Prozedur gibt es für jedes Gesetzesprojekt jemanden, der den Text des Gesetzes erklärt, ihn in einen Kontext setzt. So ist es auch beim Haushaltsentwurf, der oft ja als das wichtigste Gesetz des Jahres bezeichnet wird. Es geht darum, Bericht zu erstatten über das Gesetz selbst und die daran geknüpften Vorbereitungen und Gespräche, die hauptsächlich, aber nicht nur, in der Finanzkommission des Parlaments laufen. Es gibt ja auch eine ganze Reihe an institutionellen Akteuren, die den Haushalt begutachten. Zur Arbeit des Berichterstatters gehört es, auch wenn er natürlich einer Partei angehört, so doch auf eine eher neutrale Art und Weise zum Nachdenken anzuregen, den Haushalt selbst zu analysieren und eine Art Zusammenfassung der Gespräche, die er geführt hat, und der Gutachten, die eingereicht wurden, zum Beispiel vom Staatsrat oder von den Berufskammern, zu machen.
Der Budgetrapporteur hat aber auch die Freiheit, sich Gesprächspartner aus allen Bereichen der Gesellschaft auszusuchen, die ihm wichtig scheinen, um gemeinsam mit ihnen den Haushaltsentwurf näher zu beleuchten.
Ja, ich habe viele solcher Gespräche geführt. Mit Rotem Kreuz, Caritas, „Stëmm vun der Strooss“, den beiden Polizeigewerkschaften, dem Gemeindesyndikat Syvicol und beispielsweise auch mit Vertretern der Magistratur und der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes. Ich bin auch in die anderen parlamentarischen Kommissionen gegangen, wo, je nach Ressort, der zuständige Minister die Prioritäten seines Ministeriums erklärt hat. Es ging mir darum, ein Gefühl zu entwickeln und Fragen zu stellen.
Solche Diskussionen mit den sogenannten „forces vives de la nation“ sind ja löblich. Sie bereichern Ihren Bericht. Aber am Haushaltsentwurf selbst ändert das nichts mehr. Niemand erhält mehr Geld, oder?
Nein, trotzdem bleiben diese Gespräche wichtig für zukünftige Weichenstellung.
Und Sie dürfen in Ihrem Bericht auch einen persönlichen Akzent setzen. Was haben Sie sich ausgesucht?
Die Mission des Budgetberichterstatters besteht neben einer reinen Finanzanalyse auch aus einer sehr persönlichen Komponente. Mir ist die existenzielle Sicherheit wichtig, also Sicherheit in all ihren Facetten.
Was heißt das konkret?
Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen sich nicht nur durch die Pandemie in gewisser Weise verunsichert fühlen. Wir wissen, dass den Menschen die Sicherheit im Alltag allgemein etwas sehr Wichtiges ist. Es geht aber nicht nur um die Sicherheit im öffentlichen Raum, sondern auch um Sicherheit im Bereich der Gesundheit, der Bildung und Ausbildung, Sicherheit rund um Perspektiven auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt, die Sicherheit, finanziell über die Runden zu kommen, und die Sicherheit, die von Polizei und Justiz ausgeht. Je nach Lebenslage und Alter sind die Anforderungen anders, die Antworten auf den Bedarf nach Sicherheit sind also vielschichtig.
Vergessen wir die Abiturklasse nicht …
Auf keinen Fall. Die sind nicht vergessen. Es geht im Haushalt ja beispielsweise auch um Studentenkredite oder um die Mittel des Bildungsministeriums. Oder um neue Arbeitsstellen an unseren Schulen.
Ans Bein pinkeln werden Sie dem Haushaltsentwurf nicht?
Nein. Der Haushaltsentwurf ist ein Produkt der Koalition. Jede Partei hat ihren Teil dazu beigetragen. Der „Budgetsrapporter“ muss nicht kritisieren, er hat aber die Möglichkeit, Anregungen zu machen, nach vorne zu schauen und Empfehlungen zu geben.
Wo blicken Sie denn sozusagen über den Tellerrand hinaus?
Es geht ja auch um Nachhaltigkeit, um eine Mehrjahresplanung des Haushaltes bis 2025. Wie wächst Luxemburg in den nächsten Jahren? Wirtschaftlich? Was bedeutet das für mögliche Einnahmen und Ausgaben, für Betriebskosten, Investitionen, die getätigt werden müssen, und für nötige Infrastruktur? Wie ist das alles einzuschätzen? Auch das spielt eine Rolle in meinem Bericht.
Wie wird der Haushaltsentwurf den Erwartungen finanziell schlechter gestellter Leute gerecht?
Das Sozialbudget macht fast die Hälfte des Haushalts aus. Unterstützende Maßnahmen, die Teuerungszulage zum Beispiel, also soziale Komponenten, sind ein wesentlicher Charakterzug dieses Haushaltes. Das verhindert aber nicht, dass wir uns nicht weiter mit konjunkturellen und strukturellen Formen der Armut beschäftigen müssen, mit den Problemen von Alleinerziehenden zum Beispiel oder steigenden Energiepreisen.
Der Haushaltsentwurf 2022 sei ein Beweis für die Rückkehr zu einem normalen Leben, sagte Noch-Finanzminister Pierre Gramegna im Oktober bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfes. Stimmen Sie dem zu?
Man muss ganz klar hervorheben, dass Luxemburg die Krise besser als andere bewältigt hat, das hat natürlich auch mit allen Stabilitätsmaßnahmen zu tun, die getroffen wurden, um Arbeitsplätze zu erhalten.
Dan Biancalana ist also einverstanden mit der Aussage von Pierre Gramegna. Alles andere hätte einen auch schwer gewundert. Das Spiel zwischen Opposition und Mehrheit ist vorbestimmt bei der Diskussion und der Abstimmung über den Haushaltsentwurf, heute, nach dem Bericht von Dan Biancalana. Die einen werden voll des Lobes sein und zustimmen, die anderen werden viele Haare in der Suppe finden und am Schluss nicht zustimmen. – Wetten?
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