/ Beschäftigte wollen geregelte Öffnungszeiten: Liser-Studie zu Abends- und Sonntagsarbeit bestätigt Position des OGBL
Das Gesetz über die Ladenschließungszeiten muss dringend reformiert werden. Die Gewerkschaft OGBL stört sich an den vielen Ausnahmegenehmigungen, die der Mittelstandsminister willkürlich ausstellen kann und fordert, außergewöhnliche Öffnungszeiten im Rahmen von Tarifverträgen zu regeln. Die Handelskonföderation CLC verlangt seit Jahren eine vollständige Liberalisierung. Eine noch unveröffentlichte Liser-Studie zeigt nun, dass die Beschäftigten im Handel sich klar für geregelte Öffnungszeiten aussprechen.
Ein Bäcker aus Differdingen hatte 2015 vor dem Verwaltungsgericht geklagt, weil er erst ab 6.00 Uhr morgens seine Brötchen verkaufen durfte, während eine benachbarte Tankstelle schon um 5.00 Uhr damit beginnen konnte. Im Oktober 2017 bekam der Bäcker recht. Das Wirtschaftsministerium legte Einspruch ein, doch in seinem Urteil vom 8. Februar 2018 wies das Verwaltungsgericht den Rekurs als unbegründet zurück und bestätigte sein erstes Urteil. Das Verfassungsgericht hatte zuvor bereits entschieden, dass das Gesetz über die Ladenöffnungszeiten gegen das verfassungsrechtlich verankerte Gleichheitsprinzip verstoße.
Seitdem ist eine Reform des Gesetzes über die Ladenöffnungszeiten unumgänglich geworden. Um eine Grundlage für die Gesetzesreform zu haben, gab die damalige Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Francine Closener (LSAP), Anfang 2018 beim Forschungsinstitut Liser („Luxembourg Institute of Socio-Economic Research“) eine Untersuchung über die Arbeitsorganisation und die Öffnungszeiten im Einzelhandel in Auftrag. Die Studie sollte im Juli 2018 abgeschlossen werden, wie Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP) im Januar 2018 auf eine parlamentarische Frage des CSV-Abgeordneten Léon Gloden geantwortet hatte. Bis heute wurde diese Liser-Untersuchung nicht veröffentlicht. Auf Nachfrage ließ Mittelstandsminister Lex Delles (DP) verlautbaren, dass die öffentliche Vorstellung „zeitnah“ erfolgen solle. Schon Ende April dieses Jahres wurde sie den Gewerkschaften und den Patronatsverbänden zugestellt.
Patrick Ourth und David Angel
Nur Supermärkte und große Ketten profitieren
Aus dieser Untersuchung, die dem Tageblatt vorliegt, geht hervor, dass Angestellte, die sonntags arbeiten, gestresster und unzufriedener sind. Auch Arbeitnehmer, die nach 18 Uhr arbeiten, leiden unter mehr Stress. Mehrheitlich sind es Frauen, unter 50-Jährige und französischsprachige Beschäftigte, die sonntags und abends arbeiten. Viele lassen sich darauf ein, weil sie befürchten, ansonsten ihren Job zu verlieren oder bei ihren Arbeitskollegen schlecht angesehen zu sein. Als Gegenleistung für die Sonntagsarbeit wünschen sie sich Lohnerhöhungen, ausgedehntere Urlaubsphasen und eine längerfristige Arbeitsplanung, nach der sie sich richten können. Die Resultate der Untersuchung zeigten, dass die Arbeitnehmer insgesamt für eine Beibehaltung geregelter Öffnungszeiten seien, schlussfolgern die Autoren der Studie.
Aus der Untersuchung, die bei den Unternehmen durchgeführt wurde, ergibt sich, dass vor allem Supermärkte und große Handelsketten mit über 25 Mitarbeitern von verkaufsoffenen Sonntagen profitieren. Lediglich 17,9% der Läden öffnen regelmäßig an Sonntagen, weitere 27,3% gelegentlich. Die meisten Geschäfte schätzen die Kosten aber höher ein als die erwarteten Gewinne. Viele Läden öffnen an Sonntagen, weil die Konkurrenz es auch tut. Ferner zeigt sich, dass Unternehmen, die an Sonntagen und nach 18.00 Uhr geöffnet haben, Schwierigkeiten haben, Personal zu finden und ihre Angestellten zu behalten, weshalb sie häufiger auf Leiharbeiter oder Studenten zurückgreifen.
Neue Stellen eher prekärer Natur
„Die Untersuchung ist ganz interessant, weil sie in vielen Punkten das bestätigt, was wir auch schon beobachtet haben“, sagt David Angel, Zentralsekretär des OGBL-Syndikats Handel. So zeige die Studie, dass nur die großen Betriebe von einer Liberalisierung der Öffnungszeiten profitierten, während die kleinen Geschäfte eher darunter leiden würden. Auch das Argument, dass durch längere Öffnungszeiten mehr Arbeitsplätze geschaffen würden, werde in der Untersuchung widerlegt. Wenn neue Stellen geschaffen würden, seien diese eher prekärer Natur.
Der OGBL bedauert, dass die Studie bislang nicht veröffentlicht wurde und noch keine öffentliche Debatte über die Ladenöffnungszeiten geführt wird. „Wir befürchten, dass uns das Gesetzesprojekt irgendwann vorgelegt wird und wir vor vollendete Tatsachen gestellt werden“, sagt David Angel.
Ausnahmegenehmigungen
Die Handelskonföderation („Confédération luxembourgeoise du commerce“ – CLC), die die Interessen von Unternehmerverbänden vertritt, setzt sich seit Jahren für eine komplette Liberalisierung der Öffnungszeiten ein. Die CLC will sich auf diese Weise der Konkurrenz aus der Großregion und dem Internethandel stellen.
Bislang sieht das Gesetz vor, dass Geschäfte an normalen Wochentagen von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr öffnen dürfen. Einmal pro Woche darf bis 21.00 Uhr verlängert werden. An Sonn- und Feiertagen dürfen die Läden bis 13.00 Uhr Handel betreiben, an Samstagen und am Vortag der gesetzlichen Feiertage müssen sie je nach Feiertag um 18.00 oder 19.00 Uhr schließen. Allerdings können Arbeitgeberverbände oder Gemeinden Ausnahmegenehmigungen beim Mittelstandsministerium beantragen, um die gesetzlichen Ladenschlussbestimmungen zu umgehen.
Von dieser Regelung wird ausgiebig Gebrauch gemacht. „Es gibt Hunderte solcher Ausnahmegenehmigungen. Wir haben noch nicht mitbekommen, dass ein Antrag vom Ministerium zurückgewiesen wurde“, sagt Patrick Ourth, Präsident des OGBL-Syndikats Handel. Das Gesetz werde damit ständig umgangen und sei demnach eigentlich inexistent, fügt David Angel hinzu. Der Minister könne willkürlich Genehmigungen erteilen, ohne dass die Regierung oder das Parlament ein Mitspracherecht hätten.
Tankstellen missachten das Gesetz
Eine Ausnahme gilt auch für Tankstellen, die neben ihrem Hauptgeschäft das Recht haben, sogenannte „produits alimentaires et non-alimentaires de premier besoin“ auf einer maximalen Fläche von 20 Quadratmetern zu verkaufen. Diese gesetzliche Regelung wird aber inzwischen von fast allen Tankstellen missachtet. Es gebe kaum noch Tankstellen, die keine Zusammenarbeit mit einer großen Supermarktkette hätten und deren Verkaufsfläche die erlaubten 20 Quadratmeter nicht weit überschreite, bestätigt David Angel.
Auch das Angebot gehe weit über „produits de premier besoin“ hinaus. „Die Supermärkte benutzen die Tankstellen, um das Gesetz über die Ladenschließungszeiten zu umgehen“, kritisiert Angel. Zudem seien die Mitarbeiter der Tankstellen mit Uniformen der Supermarktketten ausgestattet, ohne dass die Angestellten der Tankstellen dem Kollektivvertrag der jeweiligen Supermarktkette unterliegen. Tarifverträge bei Tankstellen seien rar.
Neues Gesetz muss Arbeitnehmer schützen
Um der Beliebigkeit der Ausnahmegenehmigungen und den Missachtungen der Gesetze ein Ende zu setzen, fordert der OGBL eine Reform des Gesetzes über die Ladenschließungszeiten. „Das neue Gesetz muss restriktiv sein und die Arbeitnehmer schützen“, fordert Angel. Im Handelswesen gebe es viele Arbeitnehmer, die nicht einem Kollektivvertrag unterliegen. Auch sektorielle Abkommen gebe es im Handel nicht. Viele Angestellte seien demnach einzig durch das Gesetz geschützt.
Der OGBL erkennt aber an, dass unterschiedliche Branchen innerhalb des Sektors verschiedene Bedürfnisse im Hinblick auf die Öffnungszeiten haben können. Kleine Läden dürften nicht den gleichen Bedingungen unterliegen wie große Supermärkte, Baumärkte oder Tankstellen. Diesen Bedürfnissen wolle man sich keineswegs verschließen, doch branchenspezifische Regelungen müssten im Rahmen von sektoriellen Kollektivverträgen oder berufsübergreifenden Abkommen geregelt werden. Nur so könnten die Arbeitnehmer geschützt und gleichzeitig den Bedürfnissen der Betriebe Rechnung getragen werden.
Niedrige Löhne in boomendem Sektor
Eine Liberalisierung der Öffnungszeiten komme für den OGBL nicht infrage, betont David Angel. Das Argument der Patronatsverbände, viele Arbeitnehmer aus der französischen Grenzregion seien gerne bereit, sonntags zu arbeiten, können die Gewerkschaftsvertreter nicht bestätigen. „Freiwillig will eigentlich niemand sonntags arbeiten“, erklärt Patrick Ourth, der auch Präsident der Personaldelegation bei der Supermarktkette Cactus ist. Die meisten täten es nur des Geldes wegen, was aber vor allem den niedrigen Löhnen geschuldet sei. Ferner könne von Freiwilligkeit nicht die Rede sein, denn wenn jemand sich weigere, sonntags zu arbeiten, würde ihm auch schon mal damit gedroht, seine Urlaubswünsche nicht zu erfüllen, so Ourth.
Der größte Teil der Beschäftigten im Handel müsse vom unqualifizierten Mindestlohn leben, sagt Patrick Ourth. Deshalb könnten diese Angestellten auch nicht mit Krankenpflegern oder Polizisten verglichen werden, die ebenfalls sonntags arbeiten. Erstens seien die Löhne in diesen Berufen deutlich höher und zweitens verrichteten sie Tätigkeiten, die lebenswichtig sind, was man von den Geschäften nicht behaupten könne. „Es ist noch niemand gestorben, weil er sonntags nicht einkaufen konnte“, sagt David Angel.
Viele verkaufsoffene Sonntage
Auch das Argument der CLC, mit verlängerten Öffnungszeiten wolle man der Konkurrenz aus der Großregion entgegenwirken, kann der OGBL nicht nachvollziehen. Nirgendwo in der Grenzregion gebe es so viele verkaufsoffene Sonntage wie in Luxemburg, sagt David Angel. Der Handel boome, ständig würden neue Supermärkte und Einkaufszentren eröffnet. Zwar hätten viele kleinere Läden Schwierigkeiten, doch dieses Problem sei mit verlängerten Öffnungszeiten nicht zu lösen, wie die Liser-Studie gezeigt habe.
Die Stadt Esch habe beispielsweise eine ministerielle Ausnahmegenehmigung, um an allen Sonntagen und den meisten Feiertagen bis 18.00 Uhr zu öffnen, erzählt David Angel. Nur wenige größere Läden im Stadtzentrum nähmen diese Genehmigung aber in Anspruch, weil es für die meisten Geschäfte wohl schlichtweg unrentabel sei. Der Wunsch nach liberalisierten Öffnungszeiten werde vor allem von den großen Einkaufszentren geäußert.
Keine Möglichkeit, sich zu wehren
Nichtsdestotrotz habe der OGBL kein Problem damit, wenn die Ladenöffnungszeiten für kleine Familienbetriebe wieder erweitert würden. Diese Regelung wurde 2012 mit der Überarbeitung des Ladenschließungsgesetzes von 1995 abgeschafft. Wenn nur der Besitzer und seine Familie betroffen seien, dürften diese selbst entscheiden, wann sie öffnen, sagt Angel.
Anders sehe es aber für die großen Betriebe aus: „Für uns wird es problematisch, wenn Arbeitnehmer, die in einem Beschäftigungs- oder Unterordnungsverhältnis zu ihrem Arbeitgeber stehen, dazu verpflichtet werden, sonntags oder abends zu arbeiten. Oft haben sie nicht die Möglichkeit, sich dagegen zu wehren oder mitzubestimmen.“
Gespräche mit Arbeitgebern
Deshalb wolle der OGBL unbedingt ein Wort mitreden, wenn es um die Öffnungszeiten geht. „Sollte es das Bedürfnis geben, außerhalb der regulären Zeiten zu arbeiten, müssen wir uns mit den Arbeitgebern an einen Tisch setzen können und im Interesse der Arbeitnehmer die Bedingungen aushandeln“, betont Angel.
Mittelstandsminister Lex Delles sei sich bewusst, dass das aktuelle Gesetz nicht mehr mit der Realität kompatibel sei, teilte sein Sprecher Damien Valvasori auf Nachfrage mit. Der Minister sehe auch ein, dass die vielen Ausnahmeregelungen keinen Sinn ergeben. Deshalb wolle er eine Lösung finden, mit der sowohl die Gewerkschaften als auch die Patronatsverbände einverstanden seien, heißt es aus dem Ministerium. Erste Gespräche mit den Sozialpartnern und dem „Groupement pétrolier“ hätten bereits stattgefunden. Weitere sollen folgen.
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Et soll een di leit schaffen loosen dei‘ wellen schaffen !
Limitatio’unen : 8 St den Daag oder wann mei‘ Iwerstonnen bezuehlt oder kompensei’ert.
40 St d’woch oder wann mei‘ iwerstonnen bezuehlt oder kompensei’ert.
Daagesarbechtszeit oder Nuetsarbechtszeit mat Supplement !
Wir wollen vieles, nicht nur das.
Steuern zahlen mögen wir auch nicht, würden auch gerne das Dreifache verdienen, die 10 Stunden-Wochen, gratis Kinderbetreuung auf der Arbeit usw.
Man kann nicht alles wieder kaputt machen,
viele müssen halt eben mehr als normal arbeiten,
um über die Runden zu kommen, gut dass es noch
solches arbeitswilliges Personal gibt. Sollte man totzdem
mehr Respekt zeigen seitens Arbeitgeberseite und nicht
nur an Profit denken.
Seitens der Arbeitgeber, lies Patronat, überwiegt der Profit dem Respekt. Nicht bei allen, aber bei den meisten.