Georgien / Bidsina Iwanischwili: reichster Mann des Landes – mit Verbindungen zu Luxemburg
Hoch über Tiflis residiert Bidsina Iwanischwili in einem riesigen Anwesen mit Kunstsammlung, privatem Zoo, Hai-Aquarium und für Millionen Dollar aus Afrika importierten Affenbrotbäumen. Von hier aus zieht der Milliardär mehr oder weniger diskret die Strippen der Macht in Georgien. Seine Partei strebt bei der Parlamentswahl am Samstag nach der absoluten Mehrheit. Sie will anschließend die pro-europäische Opposition per Verfassung verbieten lassen.
Iwanischwili selbst steht bei der Parlamentswahl nicht auf dem Stimmzettel, doch letztlich geht es auch um seinen künftigen Einfluss in Georgien. Der 68-Jährige ist der reichste Mann des kleinen Landes am Schwarzen Meer. Das Magazin Forbes gibt sein Vermögen mit 4,9 Milliarden US-Dollar (4,5 Milliarden Euro) an – das entspricht etwa einem Fünftel des georgischen Bruttoinlandsproduktes.
Vor zwölf Jahren entdeckte der Unternehmer ein neues Geschäftsfeld, die Politik. Er gründete die Partei Georgischer Traum, amtierte ein gutes Jahr als Regierungschef, bevor er sich offiziell aus der Politik zurückzog. Die Kontrolle hat Iwanischwili, seit vergangenem Jahr Ehrenvorsitzender der Partei, jedoch nie abgegeben.
Der Oligarch habe sich seinen Einfluss im Land gesichert, indem er enge Vertraute wie Leibwächter, Geschäftsführer seiner Unternehmen oder seine Ärzte mit der Leitung staatlicher Institutionen betraute, berichtet die Organisation Transparency International. Unter seiner De-facto-Führung sei es dem Georgischen Traum gelungen, „nach und nach alle Zweige der Macht und die unabhängigen Institutionen des Landes zu erobern“. Iwanischwili verfügt laut Transparency International auf diese Weise „über nahezu uneingeschränkte Macht, ohne offiziell Rechenschaft ablegen zu müssen“.
Iwanischwili wurde im Dorf Chorwila im Westen Georgiens geboren, das damals noch zur Sowjetunion gehörte. Er entfloh der Armut, indem er im heutigen Russland studierte. In den chaotischen 1990er Jahren, als nach dem Zusammenbruch der UdSSR die Staatsbetriebe privatisiert wurden, häufte er dort riesige Reichtümer an.
Co-Investmentfonds in Luxemburg registriert
Neben Immobilien und Grundstücken in Georgien im Wert von hunderten Millionen Dollar besitzt Iwanischwili über ein komplexes Netz von Offshore-Unternehmen und Treuhandgesellschaften Luxusimmobilien in New York und Paris. Sein georgischer Co-Investmentfonds ist in Luxemburg registriert und betreibt 25 Projekte in Georgien, darunter Einkaufszentren, Zementfabriken und Luxushotels. Iwanischwilis Wohltätigkeitsfonds wird vorgeworfen, bei der Präsidentschaftswahl 2018 Stimmen gekauft zu haben. Neben dem georgischen hat er auch einen französischen Pass.
Als Iwanischwili die politische Bühne betrat, versprach er Demokratie und eine Annäherung an die EU. Doch das Gegenteil scheint eingetreten: Brüssel und Washington befürchten, Georgien könne sich in einen autoritären Staat nach dem Vorbild Russlands verwandeln. Dem Milliardär werden Verbindungen in den Kreml nachgesagt, was seine Partei bestreitet.
Trotzt Massenprotesten setzte die Regierungspartei im Frühjahr ein Gesetz gegen „ausländische Einflussnahme“ durch, das stark an das russische Gesetz gegen „ausländische Agenten“ erinnert, mit dem Oppositionelle mundtot gemacht werden. Die EU legte daraufhin den Beitrittsprozess mit Georgien auf Eis. Das Europäische Parlament forderte seinerseits in der vergangenen Woche Sanktionen gegen Iwanischwili.
„Realitätsfremder“ Machtmensch
Die Aussagen des Milliardärs ähneln in jüngster Zeit mehr und mehr denen des Kremls. So macht er den Westen für die russischen Invasionen in Georgien 2008 und in der Ukraine verantwortlich. Im Wahlkampf verbreitete er eine Verschwörungstheorie über eine mysteriöse „globale Kriegspartei“, die Georgien in den russischen Krieg gegen die Ukraine hineinziehen wolle.
Jüngste Umfragen deuten jedoch darauf hin, dass das Oppositionsbündnis Iwanischwilis Partei bei der Parlamentswahl besiegen könnte. Seine Gegner versuchen den Oligarchen lächerlich zu machen: In den sozialen Netzwerken spotten sie beispielsweise über seine Auftritte hinter kugelsicherem Glas und den eingespielten Applaus aus der Konserve.
„Er betrachtet das Land als sein persönliches Eigentum, als ein privates Unternehmen“, sagt Gia Chuchaschwili. Er war einst ein enger Vertrauter und Berater Iwanischwilis, heute zählt der politische Analyst zu seinen scharfen Kritikern. Der Milliardär sei ein „realitätsfremder“ Machtmensch, der sich mit einem kleinen Kreis „unterwürfiger Günstlinge“ umgeben habe. (AFP)
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