Hilfe bei der Einschulung / Bildungsministerium sucht gezielt nach ukrainischen Lehrkräften
Fast 3.000 Geflüchtete aus der Ukraine sind bereits in Luxemburg angekommen. Ein Drittel davon sind Minderjährige. Viele von ihnen befinden sich im schulpflichtigen Alter. Am Freitag kündigte das Bildungsministerium einen Beschulungsplan für ukrainische Flüchtlinge an. Dabei soll vor allem auf öffentliche, internationale Schulen zurückgegriffen werden.
Demnächst sollen rund tausend geflüchtete Kinder und Jugendliche in Luxemburgs Schulen unterrichtet werden. Das wird das Bildungsministerium vor große Herausforderungen stellen, sagt eine zuverlässige Quelle aus Bildungskreisen dem Tageblatt. Am Freitag hat das Ministerium nach einem Treffen mit den betroffenen Schulen einen Plan für die Beschulung der Neuankömmlinge vorgestellt.
Die betroffenen Direktionen, insbesondere jene aus öffentlichen internationalen Schulen, waren bereits im Vorfeld über diese Pläne informiert worden. Seit einigen Tagen ist man dabei, Vorbereitungen für die Aufnahme der neuen Schüler zu treffen. In manchen Schulen sollen mehrere neue Klassen entstehen. Ab nächster Woche werden die ersten Kinder aus der Ukraine in Luxemburgs Schulen aufgenommen werden. In einer E-Mail, die dem Tageblatt vorliegt, schreibt die Direktion einer internationalen Schule an das Personal, dass man aktiv nach neuen Lehrkräften und Erziehern sucht. Zudem hat die Schule einen internen Appell gestartet, um das aktuelle Personal dazu zu motivieren, Überstunden zu leisten.
Aus Lehrerkreisen heißt es, dass man seit zwei Jahren pandemiebedingt viele Überstunden geleistet habe. Nun stehe das Bildungsministerium erneut vor einer großen Herausforderung. Unter den Geflüchteten befinden sich, rein statistisch gesehen, auch einige Lehrer. Da es in Luxemburg bereits vor der Pandemie einen Lehrermangel gab und dieser durch die Covid-Krise noch verstärkt wurde, könnte man eigentlich auf dieses Personal zurückgreifen. In den internationalen Schulen reicht es, eine der Landessprachen auf dem fortgeschrittenen Niveau B2 zu beherrschen. Zudem müssen Bewerber mindestens fünf Jahre Berufserfahrung vorweisen können.
Bewerbungen mit kurzem Lebenslauf
Tatsächlich hat das Bildungsministerium einen Einsatz ukrainischer Lehrkräfte in Luxemburg vorgesehen, wie aus einer Pressemitteilung am Freitag hervorgeht. Einerseits soll zusätzliches englischsprachiges Personal an den öffentlichen internationalen Schulen rekrutiert werden, damit die vielen neuen Schüler unterrichtet werden können. Andererseits bietet das Ministerium gezielt ukrainischen Lehrern an, bei Interesse eine Bewerbung mit kurzem Lebenslauf an ukraine.secam@men.lu zu senden. Diese Lehrer könnten in bestimmten Klassen in Begleitung des Klassenlehrers eingesetzt werden, um ukrainischen Schülern zusätzliche Erklärungen in deren Muttersprache geben zu können.
Wir stehen in engem Kontakt zur ukrainischen Gemeinschaft in Luxemburg und befragen gezielt ukrainische Flüchtlinge nach eventuellen Erfahrungen im schulischen und sozio-edukativen Bereich, um sie dort einsetzen zu können
Auf Tageblatt-Nachfrage schreibt das Bildungsministerium: „Wir stehen in engem Kontakt zur ukrainischen Gemeinschaft in Luxemburg und befragen gezielt ukrainische Flüchtlinge nach eventuellen Erfahrungen im schulischen und sozio-edukativen Bereich, um sie dort einsetzen zu können.“ Demnach sei das Ministerium dabei, mit den entsprechenden Leuten in Kontakt zu treten, um ihnen Arbeitsverträge anzubieten. Die Luxemburger Gesetzgebung ermöglicht die Einstellung von Lehrern, die über Kenntnisse in einer der Landessprachen verfügen, bestätigt das Bildungsministerium. Allerdings bekämen Flüchtlinge nur einen zeitlich begrenzten Arbeitsvertrag, da ihr Flüchtlingsstatut dies so vorsehe.
Die ukrainischen Flüchtlinge bekommen demnach den Status „bénéficiaires de protection internationale temporaire“. „Die Beschulung von Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine ist eine Pflicht“, schreibt das Bildungsministerium in der Mitteilung am Freitag. Zudem sei es eine moralische Pflicht. Deshalb sei das Bildungsministerium dabei, ein Beschulungsangebot auf die Beine zu stellen, das den unterschiedlichen Profilen von ukrainischen Schülern Rechnung trage.
Beschulung in internationalen Schulen
In seiner Mitteilung schreibt das Ministerium, dass die Situation heute eine andere sei als 2015. In der damaligen Flüchtlingswelle habe es in Luxemburg noch keine öffentlichen internationalen Schulen gegeben, die über ein flexibleres sprachliches Angebot verfügten. Dazu zählen zum Beispiel die englischsprachigen Sektionen. Den öffentlichen internationalen Schulen wird demnach eine besondere Stellung bei der Beschulung ukrainischer Flüchtlinge eingeräumt.
Die Abteilung des Bildungsministeriums für die Beschulung ausländischer Kinder („Service de scolarisation des enfants étrangers“) hat nun eine Anlaufstelle für die ukrainischen Flüchtlingskinder eingerichtet (siehe Infobox). Das schulische Angebot für ukrainische Flüchtlinge wird hauptsächlich von sechs öffentlichen internationalen Schulen in Luxemburg zur Verfügung gestellt (siehe Infobox).
Nachdem wir uns mit der ukrainischen Gemeinschaft ausgetauscht und das dortige Schulprogramm analysiert haben, empfehlen wir eine Beschulung auf Englisch
Das schulische Angebot in Luxemburg begrenze sich allerdings nicht nur auf die internationalen Schulen und deren Partner. Schüler können sich demnach auch an rein öffentliche Schulen einschreiben. Hier sei der Unterricht allerdings nicht in englischer Sprache, sondern auf Deutsch und Französisch. „Nachdem wir uns mit der ukrainischen Gemeinschaft ausgetauscht und das dortige Schulprogramm analysiert haben, empfehlen wir eine Beschulung auf Englisch“, schreibt das Ministerium.
Für Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren wird eine Einschreibung im „Cycle“ 1 der Wohnsitzgemeinde vorgeschlagen. Die außerschulische Betreuung von Kindern des Zyklus 1 und jüngeren werde durch die „Services d’éducation et d’accueil“ der jeweiligen Gemeinde angeboten. Das Gleiche gelte für die außerschulische Betreuung von Grundschülern.
Anlaufstelle für ukrainische Schüler
Flüchtlinge im schulpflichtigen Alter sollen sich bei folgender Anlaufstelle des Bildungsministeriums melden: Ministère de l’Education nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse (Menje), Service de la scolarisation des enfants étrangers (Secam), 38, rue Philippe II; L-2340 Luxembourg. Zudem wurde eine Hotline eingerichtet, die in englischer (+352 247-76570) oder ukrainischer Sprache (+352 247-76976) funktioniert. Die E-Mail-Adresse lautet: secretariat.secam@men.lu. An folgenden Uhrzeiten kann Kontakt mit der Anlaufstelle aufgenommen werden: Montag bis Freitag von 8 bis 12 und von 13 bis 17 Uhr.
Nach einem Gespräch mit Schülern und Eltern schlägt der Secam ihnen mehrere Optionen vor, um schnellstmöglich mit der angepassten Beschulung anfangen zu können. Die finale Entscheidung liegt bei den Eltern. Sobald die Prozeduren der Einwanderungsbehörde und der „Santé“ durchlaufen wurden, können die Kinder eingeschult werden. Jene Schüler, die direkt Kontakt mit einer Schule oder einer Gemeinde aufgenommen haben, sollen sich auch beim Secam melden, um ihre schulische Orientierung zu erörtern, schreibt das Bildungsministerium.
Die sechs Schulen
Sechs öffentliche internationale Schulen organisieren die Beschulung der Flüchtlinge. Jede dieser Schulen arbeitet mit einer oder mehreren anderen Schulen zusammen, die ebenfalls Kinder und Jugendliche aus der Ukraine annehmen werden. Zentrum 1: Lycée Michel Lucius und Ecole Adam Roberti. Zentrum 2: Ecole internationale Mersch Anne Beffort, Lycée classique de Diekirch, Ecole Redange/Attert und Ecole Diekirch. Süden 1: Ecole internationale Differdange & Esch-sur-Alzette, Lycée de garçons Esch-sur-Alzette, Ecole Schifflange. Süden 2: Ecole internationale de Mondorf-les-Bains, Ecole Kayl. Osten: Lënster Lycée International School, Lycée classique d’Echternach, Ecole Sandweiler, Ecole Schuttrange, Ecole Niederanven. Norden: Lycée Edward Steichen Clervaux, Lycée du Nord Wiltz, Site Weicherdange, Ecole Weiswampach, Ecole Harlange.
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