E Bléck duerch d’Lëns / „Bin der glücklichste Mann in der US-Armee“ – Von Kayl in die USA und wieder zurück. Eugene Swartz (1923-2010) Teil 2/2
Die Lebensgeschichte von Eugene Swartz bleibt beeindruckend: Nach der Befreiung seiner Familie in Kayl und seinem Kriegseinsatz fand sich der Luxemburger als CIA-Agent inmitten des Kalten Krieges wieder. Danach verbrachte er schlaflose Nächte als Militäranalyst in Washington, D.C.
Während der Befreiung von Nancy im September 1944 übernahm Eugene Swartz eine Schlüsselrolle als Übersetzer zwischen den US-Kommandanten, den französischen Behörden und den Widerstandskämpfern der „Forces françaises de l’intérieur“ (FFI). Mit Letzteren feierte er ausgiebig die „Libération“. Trotz Freudentaumel blieb er jedoch in Unruhe, da sein Wunsch, seine Familie wiederzusehen, noch unerfüllt blieb.
Weihnachten zu Hause
Als die Wehrmacht am 16. Dezember 1944 zur Ardennenoffensive ansetzte, wurde Swartz’ Einheit verfrüht aus dem Weihnachtsurlaub zurückgerufen. Nach 162 Tagen fast ununterbrochener Fronteinsätze war dies für die meisten Soldaten eine ungute Nachricht – nicht jedoch für Swartz. Er war vom selbst deklarierten „unglücklichsten“ Mann der US-Armee zum glücklichsten geworden, da seine Einheit sich Luxemburg näherte. Während einer taktischen Pause nahe Metz bekam Swartz die Erlaubnis, Urlaub in Luxemburg zu machen. Vollgepackt mit Lebensmitteln fuhr er mit seinem Jeep in Richtung Kayl. Die Heimfahrt war geprägt von Vorfreude und der Angst davor, was er vorfinden würde. Nach vier Jahren setzte er wieder Fuß in sein Heimatland und stellte fest: Das Haus in Kayl stand noch! Das langersehnte Wiedersehen wurde zum dreitägigen Fest: Für alle war es eine große Überraschung!
Die Großmutter „Ditty“ backte Kuchen mit dem mitgebrachten Weißmehl und Rohrzucker. Eugene war der einzige US-Soldat, der Weihnachten zu Hause verbringen konnte. In der Nachbarschaft entstand ein reger Austausch, über seinen Kampfeinsatz und von zwangsrekrutierten Kameraden, die in Russland gefallen waren. Als er seinen Dienst wieder aufnehmen wollte, wurde er vor dem Hauptquartier des Regiments in Luxemburg-Stadt nach einem neu eingeführten Passwort gefragt. Deutsche Spezialkräfte hatten sich in US-Reihen untergemischt, was zu strengen Sicherheitsvorkehrungen geführt hatte. Eugenes luxemburgischer Akzent machte ihn während seiner Befragung verdächtig. Erst im Counter-Intelligence Office erkannten ihn einige Schulkameraden der Intelligence School wieder.
Auf der Suche nach Kriegsverbrechern
Swartz beteiligte sich am Vormarsch durch das Deutsche Reich und führte die Befragungen von über 2.000 deutschen Kriegsgefangenen durch. Mit der deutschen Kapitulation am 8. Mai begann für den Intelligence Service eine neue Aufgabe: Swartz und seine Kollegen waren u.a. für die Aufspürung von NS-Kriegsverbrechern sowie von Vorkriegspolitikern – zur Wiederaufnahme der politischen Tätigkeiten – zuständig. Während die meisten GIs hofften, so schnell wie möglich in die USA zurückzukehren, war Swartz zufrieden, nahe bei seiner Familie zu sein. Im Winter 1945-1946 nahm Swartz seine akademische Laufbahn an der American University in Biarritz auf. Im Februar 1946 begann er ein International-Affairs-Studium an der George Washington University.
1948 wurde die Central Intelligence Agency (CIA) gegründet, für die Swartz ab 1949 seine Ausbildung zum Spion antrat. In Zeiten des Kalten Krieges wurde die Sowjetunion zum neuen Feindbild der USA und der europäische Kontinent zum Spielfeld dieser Spannungen: Beide Supermächte beeinflussten den Kontinent durch den Aufbau von Machtblöcken. 1951 wurde Swartz nach Deutschland berufen, um dort unter dem Deckmantel eines Arbeiters im amerikanischen Konsulat in Frankfurt für die CIA in Europa zu arbeiten. Tatsächlich war er zuständig für das Aussortieren und Weiterleiten der Berichte, die der CIA zukamen. Er wurde zum Intelligence Analyst – was er bis zu seinem Ruhestand blieb – und arbeitete später im ehemaligen IG-Farben-Gebäude in Frankfurt, dem Hauptquartier der CIA in Deutschland.
Vom Soldaten zum Spion im Kalten Krieg
Im Januar 1954 wurde Swartz in das von den Besatzungsmächten aufgeteilte Wien versetzt. Aufgrund der angespannten Lage lernte er Ausweichtaktiken und musste bewaffnet herumlaufen. Zudem wurde sein Haus mit einem Überwachungssystem ausgestattet. Als ein KGB-Agent zur CIA überlaufen wollte, flog die Überführung auf. Während die US-Agenten auf den Kandidaten warteten, sahen sie, wie dieser plötzlich aus dem Fenster stürzte, dicht gefolgt von drei anderen KGB-Agenten. Ein Schusswechsel entstand, was von Passanten beobachtet wurde.
Die Wiener Presse beklagte daraufhin das Verhalten der Besatzungsmächte in ihrem Land. Im September 1955 endete die Besatzung Österreichs und somit auch Eugene Swartz’ Einsatz. Er kehrte in die Vereinigten Staaten zurück und arbeitete für die Air Force Intelligence als Analyst. Mit dem Aufkommen von China als neuer Supermacht übernahm Eugene die chinesische Abteilung und wurde zum „China-Experten“. Er wurde ausgewählt, um an zwei Krisenplantests teilzunehmen, darunter einen längeren Aufenthalt in einem Bunker. Bei diesen Tests ging es unter anderem darum, wie man im Fall eines Atomkrieges oder eines anderen Katastrophenfalls die Handlungsfähigkeit der Regierung aufrechterhalten konnte.
Eugene trat 1978 in Frührente und wurde für seine Einsätze geehrt. Er zog nach Tennessee, weit weg vom Chaos des Kalten Krieges und des Pentagons. Für seinen Einsatz im Zweiten Weltkrieg in der Normandie, Nordfrankreich, den Ardennen, dem Rheinland und in Zentraleuropa erhielt er fünf Battle-Stars. Er besuchte mehrmals Luxemburg und vollendete seine Memoiren. Eugene Swartz starb am 17. Juli 2010 in den USA.
E Bléck duerch d’Lëns
In der Rubrik „E Bléck duerch d’Lëns“ liefern die Historiker*innen André Marques, Julie Depotter und Jérôme Courtoy einen facettenreichen Blick auf verschiedene zeitgeschichtliche Themen.
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