Interview / Bob Haller nach Sturz zwischen Frust und Erleichterung
Bob Haller musste am Mittwoch den Triathlon bei den Europaspielen nach einem Sturz auf der Radstrecke aufgeben. Der 30-Jährige kam glimpflich davon, verpasst durch seine Verletzungen am Samstag allerdings einen historischen Moment im luxemburgischen Triathlon. Mit einem Tag Abstand blickte er im Interview mit dem Tageblatt auf den Sturz zurück.
Tageblatt: Die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es Ihnen?
Bob Haller: Physisch gesehen ist alles ok. Ich habe viel Lack ab und viele Verbrennungen am Körper, aber insbesondere viel Glück gehabt. Ich bin mental fit und auch positiv eingestellt, weil das die einzige Option ist, die mir bleibt. Es wird im Training nicht unbedingt die einfachste Zeit werden, mit den Verbrennungen am Körper und mit den Gefühlen. Dessen bin ich mir bewusst. Ich darf mich aber nicht zu sehr darin verrennen. Abgesehen davon habe ich eine Prellung und einen Bluterguss an der Lunge erlitten. Dadurch darf ich auch am Samstag nicht mit der Mixed-Staffel starten.
Was bedeuten diese Verletzungen denn für Ihr Training?
Ich darf in den kommenden zehn Tagen keinen Höchstleistungssport machen. Wir müssen Tag für Tag schauen, wie es läuft. In zehn Tagen müssten die Prellung und alles weg sein. Ab dann darf ich wieder anfangen, Gas zu geben. Natürlich nicht direkt von null auf hundert, sondern langsam steigern, um zu sehen wie der Körper reagiert.
Wie kam der Sturz eigentlich zustande?
Es ist auf den letzten 500 Metern der Radstrecke passiert. Es kamen über 50 Athleten auf dem engen Parcours zusammen. Ich habe mich links außen in der Gruppe, aber gleichzeitig in der Mitte der Straße, aufgehalten – das heißt direkt an den orangen Hütchen. Ich habe eigentlich versucht, damit meine Safecard zu spielen. Ich dachte, so könnte ich, wenn etwas passieren würde, nach links ausweichen. Auf der rechten Seite wäre das nicht möglich gewesen, denn dort standen Absperrgitter. Vor mir ist dann eine Lücke aufgegangen, in die ich hineingefahren bin, als plötzlich ein Athlet aus der Mitte des Pelotons, ohne sich umzuschauen, nach links rübergeschossen ist. Er hat mit seinem Hinterrad mein Vorderrad weggekickt und dadurch den Sturz verursacht. Als ich zu Boden ging, sind noch andere über mich gefahren bzw. gefallen. Zwei sind wirklich voll in mich reingefahren. Der Erste ist in den unteren Teil meines Rückens geknallt, noch während ich mich überschlagen habe. Als ich dann angehalten hatte, saß ich entgegen der Fahrtrichtung auf der Strecke. Das heißt diejenigen, die hinter mir im Peloton waren, sind auf mich zugefahren. Meine erste Reaktion war, die Hände vors Gesicht zu schlagen, um meinen Kopf zu schützen. Dann ist mir noch einer seitlich in die Rippen gerannt. Am Anfang bestand deswegen der Verdacht eines Rippenbruchs. Gott sei Dank hat sich das nicht bestätigt. Ich bin mit vielen blauen Flecken und Schürfwunden einigermaßen glimpflich davongekommen.
Wir schreiben für Triathlon-Luxemburg ein Stück Geschichte. Dass ich da nicht dabei sein kann, ist extrem enttäuschend und frustrierend.über die Mixed-Staffel
Bis dahin war Ihr Rennen eigentlich gut gelaufen, oder?
Der Start war richtig gut. Da war ich sehr froh drüber. Bis zur ersten Boje ist alles tiptop gelaufen. Danach habe ich angefangen, ein bisschen Zeit zu verlieren. Es war nicht mehr so viel Druck auf den Armen. Ich habe keine richtige Erklärung dafür. Ich war am Ende der ersten Runde eigentlich noch an den Leuten der ersten Gruppe dran, in der zweiten Runde habe ich aber viele Plätze verloren. Das hat mich viel Energie gekostet. Unsere Gruppe hat auf dem Rad gut zusammengearbeitet. Wir haben auf einmal während zwei Runden aber wieder ganz viel Zeit verloren und von hinten konnte die Gruppe von Gregor Payet aufschließen. Die Zusammenarbeit in der Gruppe hat dadurch noch besser funktioniert. Vorne an der Spitze ist nicht mehr viel passiert, sodass wir zwei Runden vor Schluss wieder dran waren. Das hat viel Stress in dem großen Peloton auf einem so engen Parcours ausgelöst.
Am Samstag startet bei den Europaspielen erstmals eine luxemburgische Mixed-Staffel bei der Elite. Wie sehr nervt es Sie, jetzt nicht Teil davon sein zu können?
Es ist für mich eine große Enttäuschung. Ich denke, dass ich für den luxemburgischen Triathlon-Sport in den vergangenen Jahren sehr viel getan und über all die Jahre meiner Karriere viel geleistet habe. Wir schreiben jetzt für Triathlon-Luxemburg ein Stück Geschichte. Dass ich da nicht dabei sein kann, ist extrem enttäuschend und frustrierend. Ich hatte dem Teamleiter Raymond (Conzemius) und dem Arzt gesagt, dass ich, wenn es irgendwie geht und ich von ihnen grünes Licht bekomme, starten würde. Ich habe gesagt, dass ich alles geben werde, was ich habe – außer es würde medizinische Einwände geben. Die muss ich im Moment akzeptieren. Egal, wie frustrierend es ist.
Werden Sie sich das Rennen am Samstag trotzdem anschauen?
Ich werde am Samstag mit zum Rennen gehen und für das Team Lëtzebuerg da sein und meine Kollegen anfeuern. Ich werde für sie da sein, falls sie etwas brauchen. Am Sonntag reise ich dann wie vorgesehen nach Hause.
Wann wird es die nächste Möglichkeit geben, mit der Mixed-Staffel zu starten?
In zwei Wochen in Hamburg bei der Staffel-Weltmeisterschaft. Das wäre die nächste Möglichkeit. Natürlich muss ich nach dem Sturz und dem langsamen Training in den nächsten Tagen erst schauen, ob es einen Sinn hat, dort zu starten. Ich will die Mannschaft ja auch nicht zurückhalten. Das heißt, ich muss gucken, wie fit ich dann bin.
- Daniel Scheid: „Der Wechsel war nach der Verletzung die Chance, nochmal neu zu starten“ - 19. November 2024.
- Zwischen Klassenunterschied, Komplimenten von Bundesliga-Spielern und Zuversicht - 10. November 2024.
- Zwischen dem HBD und dem Europapokal-Achtelfinale steht eine große Herausforderung - 9. November 2024.
Ein Spitzensportler, zudem noch vom Staat ( Armee ) unterstützt, muss einstecken können. Leider hat Bob Haller, die, anfangs, in ihn gesetzten Hoffnungen und Erwarungen, bislang nicht erfüllt.