Domaine Tageblatt (8) / Boden und Aroma: Welche Rolle spielt der Untergrund unseres Weinberges?
Wurde früher viel auf Erfahrung und Gefühl gesetzt, wird der Einfluss der Wissenschaft auch im Weinbau immer größer. Für uns angehende Winzer der Domaine Tageblatt eine gute Sache, denn auf Erfahrung können wir nicht zurückgreifen. In Teil 8 geht es um die Bodenstrukturen an der Mosel und wie diese sich auf den Wein auswirken.
Mit dem Anfang des neuen Jahres beginnt für uns die Arbeit im Weinberg. Bevor wir jedoch richtig loslegen, möchten wir mehr über unsere Parzelle erfahren. Bislang wissen wir lediglich, dass auf den rund 30 Ar am Remicher Galgenberg Rivaner-Rebstöcke stehen. Doch letztendlich beeinflussen viele unterschiedliche Faktoren den Wein. Natürlich spielen der Winzer und dessen persönlicher Ausbau eine bedeutende Rolle, ebenso wie das Klima oder der Zeitpunkt der Traubenlese, die sich stark auf den Geschmack des Weines auswirken.
Vor mehr als zwölf Jahren wollte das „Institut viti-vinicole“, damals unter der Leitung von Roby Ley, genauer untersuchen, wie sich die Bodenart der Weinberge auf die sensorischen Eigenschaften des Weines auswirkt. Obwohl die Luxemburger Mosel mit 42 Kilometern Länge zwischen Schengen und Wasserbillig und rund 1.260 Hektar bewirtschafteter Weinberge eine vergleichsweise kleine Weinbauregion ist, gibt es auch hier unterschiedliche Bodenarten.
Man teilt die Region grob in zwei Hauptbodenarten: Von Schengen bis etwa Stadtbredimus dominiert der Keuper, während von Greiveldingen bis Wasserbillig der Muschelkalk vorherrscht, auch wenn einzelne Parzellen auf Sandstein liegen. Unsere Parzelle steht auf Keuper. Doch was bedeutet das konkret für unseren Wein?
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Das Projekt ist ambitioniert und soll Einblicke in die Welt der Winzer verschaffen. Die Tageblatt-Redaktion wird in den kommenden anderthalb Jahren versuchen, ihren eigenen Wein herzustellen, in einer wöchentlichen Serie über Erfolg und Misserfolg berichten und dabei tiefere Einblicke in die Welt des Weinbaus geben.
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„Es gibt Unterschiede zwischen beiden Bodenarten, die sich auch auf das Aroma des Weines auswirken“, erklärt Serge Fischer, Direktor des „Institut viti-vinicole“ in Remich. Wie stark dieser Einfluss tatsächlich ist, sollte die Studie „Terroir“ herausfinden. Diese wurde vom Institut in Zusammenarbeit mit dem Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) und der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg durchgeführt und vom Landwirtschaftsministerium finanziert.
Keuper entstand vor mehr als 200 Millionen Jahren durch Sedimentation und besteht unter anderem aus Sandstein, Gipssedimenten, Ton und Mergel. Der Boden ist oft rötlich und zeichnet sich durch eine gute Wasserspeicherung aus. Muschelkalk hingegen ist ca. 245 Mio. Jahre alt, eher gelblich und steiniger, was ihm eine hervorragende Wärmespeicherung verleiht. Allerdings speichert dieser Boden weniger Wasser, und die vorhandene Feuchtigkeit wird zudem durch den hohen Tongehalt gebunden. Dadurch müssen Reben auf Muschelkalk tief wurzeln.
Gute Wasserspeicherung
Die gute Wasserspeicherung des Keupers klingt zunächst vorteilhaft. Doch die Studie zeigt, dass sich die Böden auch durch ihren Mineralgehalt unterscheiden. Tendenziell weisen Muschelkalkflächen höhere Gehalte an Magnesium und Calcium sowie niedrigere Gehalte an Kalium, Kupfer und Zink auf als Keuperflächen.
Doch wirkt sich der Boden wirklich auf das Aroma des Weines aus? Diese Frage lässt sich mit einem „Ja, aber“ beantworten. Prinzipiell seien Weine vom Muschelkalk spritziger, die vom Keuper dafür runder, sagt Fischer. Soweit die Theorie. Für die „Terroir“-Studie wurden 21 Parzellen entlang der Mosel ausgewählt und über drei Jahrgänge hinweg analysiert. Die Forscher entschieden sich für Riesling-Parzellen, da der Riesling eine der Hauptsorten an der Mosel ist und aufgrund seiner späten Lese ideal für die Studie geeignet war.
Im Jahr 2013 wurden alle Parzellen an zwei gleichen Tagen gelesen, 2014 erfolgte die Lese zu größeren zeitlichen Abständen. Die Trauben der beiden Jahrgänge wurden in einem standardisierten Verfahren vom IVV verarbeitet, während 2015 die Verarbeitung den jeweiligen Winzern überlassen wurde.
Die Ergebnisse fielen wie folgt aus: 2013: Auf Keuperflächen fanden die Forscher im Durchschnitt höhere Gehalte an Ethyl-2-Methylbutanoat (süße Frucht, Apfel) und 2-Phenylethanol (Rose, Honig, würzig, Veilchen). Weine von Muschelkalkflächen wiesen hingegen höhere Konzentrationen an 3-Methylbutylacetat (Banane), Linalool (blumig, Lavendel), Ethyldecanoat (Seife, Trauben) und Ethyldodecanoat (Birne) auf.
2014 kam man zu anderen Schlüssen. Weine von Muschelkalkflächen zeigten im Durchschnitt höhere Gehalte an Ethylbutanoat (fruchtig, Apfel, Ananas), 3-Methylbutylacetat (Banane), Ethylhexanoat (grüner Apfel, Apfelschale), Hexylacetat (Bonbon, fruchtig), Ethyldecanoat (Seife, Trauben) und Ethyldodecanoat (Birne). Zudem hatte der Erntetermin großen Einfluss auf die Konzentrationen der flüchtigen Aromastoffe.
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Vielschichtige Einflussfaktoren
Nach drei Jahren fasste Dr. Daniel Molitor vom LIST zusammen: „Die Bodenart wirkt sich auf die Sensorik des Weines aus, allerdings haben Jahrgangseffekte wie das Wetter, der Ausbau durch den Winzer und selbst der Zeitpunkt der Traubenlese einen größeren Einfluss auf den Geschmack des Weines.“
Da diese Faktoren stärker ausgeprägt sind, konnte die Studie keine klare sensorische Profilbildung basierend auf den beiden Bodenarten nachweisen. Hinzu kommt, dass die Jahrgänge 2013 und 2014 aufgrund des hohen Fäulnisbefalls besonders herausfordernd waren.
Das unscharfe Ergebnis war möglicherweise der Grund, warum die Studie nicht stärker in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. „Hätten wir klare Unterschiede festgestellt, hätte man dies natürlich auch aus Marketinggründen nutzen können“, erklärt Molitor, der weitere Forschungsprojekte im Weinbau betreut, unter anderem zu den Auswirkungen des Klimawandels, die uns in dieser Serie wohl noch häufiger begegnen werden.
Dass keine eindeutige Profilbildung nachweisbar war, zeigt letztlich auch die Besonderheit des Weines: „Kein anderes Produkt wird so stark vom Handwerk des Winzers geprägt wie der Wein“, betont Serge Fischer.
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