EU-Kommission / Böses Blut in Brüssel: Breton geht, von der Leyen leidet
Frankreich tauscht in letzter Minute seinen Kandidaten für die neue EU-Kommission aus. Das sorgt für böses Blut in Brüssel.
Er war einer der wichtigsten und mächtigsten EU-Kommissare. Thierry Breton hat Impfstoff gegen Corona beschafft, Artillerie-Munition für die Ukraine gesichert und die Internet-Regulierung in Europa vorangetrieben.
Doch der neuen EU-Kommission, die im Dezember ihre Arbeit aufnehmen soll, wird der „Bulldozer“ Breton nicht mehr angehören. Nach einem kurzen, aber heftigen Streit mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat er am Montag überraschend seinen Rücktritt erklärt.
Kurz darauf wurde der bisherige französische Außenminister Stéphane Séjourné zu seinem Nachfolger nominiert. Séjourné habe genau das richtige Profil, erklärte der Pariser Elysée-Palast. Selbst altgediente EU-Beamte rieben sich verwundert die Augen. So schnell war noch nie einer der wichtigsten Spieler kurz vor dem Anpfiff ausgewechselt worden.
Am Dienstag will von der Leyen in Straßburg ihr neues Team vorstellen, zu dem auch Breton gehören sollte. Nun fehlt er auf der Liste. Sein Abgang kommt nicht nur in letzter Minute, er wirft auch unangenehme Fragen auf.
Viele Fragen, ein Vorwurf
Warum musste der mächtige Wettbewerbskommissar gehen? Wieso wechselt ihn Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron aus, obwohl er ihn erst im Juni für eine zweite Amtszeit nominiert hatte? Welche Rolle spielt von der Leyen? Hat sie Macron einen Deal angeboten – nach dem Motto: Du erhältst einen einflussreicheren Posten in Brüssel, wenn Du mir einen neuen Kommissar schickst?
Genau das wirft Breton seiner ehemaligen Chefin vor. Sie habe hinter seinem Rücken mit Macron gekungelt, um ihn loszuwerden. Dass sie dafür angeblich persönliche Gründe angab, findet Breton besonders schäbig. Denn mit ihm habe sie nie darüber gesprochen. Der undurchsichtige Vorgang sei ein „weiterer Beweis für fragwürdige Führung“, schimpft Breton in seinem Rücktrittsbrief, den er auf „X“ veröffentlicht hat.
Es ist nicht das erste Mal, dass in der Kommission Klagen über mangelnde Führungsqualitäten der Chefin laut werden. Bereits im März hatten sich Breton und drei weitere EU-Kommissare über die deutsche CDU-Politikerin beschwert. Anlass war die umstrittene Nominierung des CDU-Politikers Markus Pieper zum neuen Mittelstandsbeauftragten der EU-Kommission.
Das „Piepergate“ sorgte kurz vor der Europawahl für so viel Wirbel, dass von der Leyen schließlich zurückrudern und das Bewerbungs-Verfahren neu aufrollen musste. Viel gelernt hat sie daraus offenbar nicht. Denn auch jetzt wird ihr wieder mangelnde Transparenz vorgeworfen. Auch jetzt lässt sie politische Führung vermissen.
Die Nominierung sei „kein öffentlicher Vorgang“, sondern werde vertraulich mit den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten abgesprochen, erklärten von der Leyens Sprecher am Montag in Brüssel. Zu der Frage, warum Breton gehen musste, wollten sie sich nicht äußern.
Nun schießen die Spekulationen ins Kraut. Macron wolle sich ein wichtiges Ressort in der neuen EU-Kommission sichern und sei dafür bereit gewesen, Breton zu opfern, heißt eine These. Dafür spricht die Schnelligkeit, mit der Macron den Ersatzmann Séjourné aus dem Hut zauberte.
Breton sei von der Leyen schlicht zu mächtig geworden, lautet eine andere Vermutung. Sie habe die Gunst der Stunde – in Paris gibt es gerade eine Regierungskrise – genutzt, um den ungeliebten Franzosen loszuwerden.
Doch wenn es ein Befreiungsschlag sein sollte, dann ist er nach hinten losgegangen. „Langsam verkommt die Nominierung der neuen Europäischen Kommission zu einem absurden Theater“, schrieb der Chef des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD). Ähnlich äußerten sich andere EU-Abgeordnete.
Sie könnten von der Leyen noch einigen Ärger bereiten. Die neuen Kommissare müssen sich im Herbst eingehenden Anhörungen im Europaparlament stellen – und können dabei auch durchfallen.
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