Spanien / Bollwerk gegen Rechts – Proeuropäische Parteien halten die Ultra-nationalistische Bewegung Vox auf Abstand
Spanien, das nach Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft viertwichtigste EU-Land, erweist sich als Bollwerk gegen den europaweiten Vormarsch der Rechtspopulisten. Die beiden europafreundlichen Traditionsparteien, Konservative (PP) und Sozialdemokraten (PSOE) erzielten jeweils respektable Ergebnisse über der 30-Prozent-Marke. Die europaskeptische Rechtspartei Vox legte zwar in der Europawahl zu, aber – verglichen mit dem Aufstieg der Rechtspopulisten in anderen EU-Ländern – auf relativ niedrigem Niveau.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis musste sich Vox mit 9,62 Prozent der Stimmen (2019: 6,2 Prozent) begnügen. Damit kamen die spanischen Rechtsnationalen lediglich auf den dritten Platz. Sie blieben hinter ihrem Abschneiden in der spanischen Parlamentswahl in 2023 zurück, in der sie noch 12,4 Prozent holten – in der nationalen Parlamentswahl in 2019 hatte Vox sogar noch mehr als 15 Prozent errungen. Mit diesen Ergebnissen sind Spaniens Rechtspopulisten derzeit weit davon entfernt, in die erste politische Reihe aufzurücken.
Vox will, wie alle rechtspopulistischen Bewegungen in Europa, den Einfluss der EU beschneiden und zu einem starken Nationalstaat zurückkehren. Wichtige europäische Ziele, wie Klimaschutz, Energiewende, Migrationspakt oder die EU-Gleichstellungspolitik werden abgelehnt. Im EU-Parlament ist Vox Teil der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), zu der auch die Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni gehört sowie Polens größte Oppositionspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit).
Laut dem vorläufigen Endergebnis siegte in Spanien die konservative Volkspartei (PP) mit 34,18 Prozent. Das ist zwar gegenüber 2019, als die PP auf 20,2 Prozent kam, ein erheblicher Zuwachs. Dieser erklärt sich allerdings vor allem daraus, dass die PP die untergegangene konservativ-liberale Partei Ciudadanos (Bürger) absorbierte, die 2019 auf 12,3 Prozent gekommen war. Es handelt sich also eher um eine Verschiebung im bürgerlichen Lager und weniger um einen konservativen Erdrutsch.
Die sozialdemokratisch orientierte Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) von Regierungschef Pedro Sánchez landete mit 30,19 Prozent auf dem zweiten Platz. Die Sozialdemokraten haben sich damit gegenüber 2019, als sie 32,9 Prozent holten, nur leicht verschlechtert – sie hatten größere Verluste befürchtet. Der überzeugte Europäer Sánchez hält sich seit sechs Jahren mit einer Mitte-links-Minderheitsregierung und mit parlamentarischer Unterstützung der baskischen sowie katalanischen Regionalparteien an der Macht.
Auch in Spanien schreitet die politische Fragmentierung voran. Am linken Rand werden die kleinen Parteien Sumar (4,65 Prozent) und Podemos (3,27 Prozent) im EU-Parlament vertreten sein. Am rechten Rand zieht neben Vox die Anti-System-Partei SALF (4,58 Prozent) ins Europaparlament ein, die erst wenige Monate vor der Europawahl gegründet worden war. Zudem werden die baskischen und katalanischen Regionalparteien mit einigen Abgeordneten vertreten sein.
Spanien ist traditionell ein überdurchschnittlich europafreundliches Land. Laut EU-Barometer fühlt sich die große Mehrheit der Spanier als Europäer und unterstützt die Erweiterung sowie das Zusammenwachsen der EU. Diese Europaliebe spiegelt sich aber nicht in der Wahlbeteiligung, die seit Spaniens EU-Beitritt 1987 tendenziell abnimmt. Am Sonntag lag die Wahlbeteiligung bei 49,20 Prozent. 2019, als die Europawahl mit den spanischen Kommunal- und Regionalwahlen zusammenfiel, hatten 60,7 Prozent abgestimmt.
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