/ Brexit in Leudelingen? Bürgermeisterin nennt Vorstoß um Wechsel des Wahlbezirks „Populismus“
Spannung am Dienstag (29.1.) im Gemeinderat von Leudelingen: Punkt neun der Tagesordnung beinhaltet den Vorschlag von Rat Lou Linster (DP), ein Referendum zum Wechsel des Wahlbezirks anzusetzen. Doch der Vorschlag und damit die Volksbefragung wurden nach einer langen und teils hitzigen Diskussion abgelehnt – denkbar knapp.
In welchem Wahlbezirk sollen die Leudelinger künftig wählen? Seit längerem schwelt die Polemik um einen Wechsel des Wahlbezirks für die dem Süden zugerechnete Gemeinde im Kanton Esch am Rand der Hauptstadt. In der Gemeinderatssitzung vom Dienstag, 29.1., entbrannte eine zum Teil heftige und polemisch geführte Diskussion um diese Frage.
Anlass war der für diese Sitzung von der Opposition eingebrachte Antrag auf ein Referendum zu diesem Thema. Die Leudelinger sollten am Tag der Wahlen zum Europaparlament über einen Wechsel abstimmen. Hauptargument der Opposition ist der stärkere Bezug der Gemeinde zum Zentrum als zum Süden.
„Nördlichste Gemeinde im Südbezirk“
Der Schöffenrat lehnt dieses Anliegen ab. Bürgermeisterin Diane Bisenius-Feipel (CSV) hatte zuvor bereits öffentlich signalisiert, dass sie ein Referendum für unnötig hält. Unnötig deshalb, weil ein Wechsel des Wahlbezirks nicht in die Kompetenzen der Kommune falle. Den Gemeindeverantwortlichen seien danach ehedem die Hände gebunden, wenn es an die Umsetzung des Wählerwillens gehe. Das gelte umso mehr, wenn die Mehrheit einen Wechsel befürwortet, weil es eine Verfassungsänderung nach sich zöge. Ähnlich argumentierte sie in der Sitzung gestern auch und ließ es sich nicht nehmen, eine geschlagene Viertelstunde ohne Unterbrechung dezidiert Stellung zu beziehen.
Zuvor hatte Rat Lou Linster (DP) in einer Präsentation noch einmal seine Argumente vorgebracht, warum Leudelingen mit seinen Wählerstimmen besser im Zentrum aufgehoben sei als im Süden. Eines der Hauptargumente der in der Liste „Zesumme fir Leideleng“ vereinigten Opposition ist aus politischer Sicht die unterstellte Realitätsferne der Süddeputierten für Probleme, die Leudelingen betreffen. Die Politiker seien vor Wahlen eher in „ihrem“ Wahlbezirk, sprich dem Süden, unterwegs als in Leudelingen. Außerdem würden Süddeputierte die spezifischen Probleme der Gemeinde nicht so gut kennen wie Zentrumspolitiker, heißt es in der Präsentation.
Die Parlamentswahlen seien für alle Bürger das „wichtigste Rendezvous mit der Demokratie“ und es sei nicht egal, in welchem Bezirk gewählt werde – das ist einer der Schlüsselsätze der Argumentation. Es folgte ein Schlagabtausch, in dem Bürgermeisterin Bisenius-Feipel die Begründungen Punkt für Punkt unter die Lupe nahm. In der Frage des Interesses der Deputierten an den Problemen Leudelingens erinnerte sie daran, dass sich die Abgeordneten gefälligst für die Probleme ihres Wahlkreises zu interessieren hätten, anstatt im Parlament Politik über die Köpfe der Leute hinweg zu machen. Erstens.
Selbstmarketing und Populismus
Zweitens erinnerte sie Linster daran, dass er Gemeinderat und nicht Abgeordneter sei und nicht mal auf einer Liste für das Parlament kandidiert habe.
Leudelingen sei nun mal, meint Bisenius-Feipel, die „nördlichste Gemeinde im Wahlbezirk Süden“. Wäre sie das nicht, wären es Reckingen oder Dippach. „Es wundert mich, dass die sich keine Gedanken machen, auch ins Zentrum zu wechseln“, sagte die Bürgermeisterin, die Rat Linster gleichzeitig unterstellte, er habe wohl nicht gerne etwas mit den Menschen aus dem Süden zu tun.
Ihre Stellungnahme gipfelte in dem Vorwurf, die Opposition im Gemeinderat betreibe Selbstmarketing und „Populismus“, so sei es auch beim Brexit gewesen. Am 17. Januar dieses Jahres sei von der Gemeinde zudem ein Brief an das Innenministerium herausgegangen. Hieraus gehe hervor, dass für eine Verfassungsänderung für einen Wechsel eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten nötig sei. „Das sind 40 Stimmen. Stimmen, die die derzeitige Regierungsmehrheit nicht hat“, so Bisenius-Feipel.
Bei der anschließenden Abstimmung verwarf die Mehrheit im Rat den Antrag der Opposition erwartungsgemäß knapp mit fünf gegen vier Stimmen.
Syndikate: DICI versus Pro-Sud
Die Mitarbeit der Gemeinde im „Développement intercommunal coordonné et intégratif du Sud-Ouest de l’agglomération de la Ville de Luxembourg“ (DICI) ist ebenfalls ein Argument der Opposition für die stärkere Verflechtung mit dem Zentrum. Das Gremium, in dem vier Randgemeinden der Stadt, darunter auch Leudelingen, beteiligt sind, hat sich mit der Zukunft der Randgemeinden beschäftigt. „Die Gemeinde Leudelingen ist wesentlich mehr von Problemen rund um die Hauptstadt betroffen als von Problemen im Süden des Landes“, heißt es in der Präsentation der Opposition wörtlich.
Bürgermeisterin Bisenius-Feipel ließ ihrerseits keinen Zweifel daran, dass die Gemeinde sich immer für das Angebot entschieden habe, das dem Wohl der Leudelinger am nächsten komme. „Hätten wir beim DICI nicht mitgemacht, wäre im südwestlichen Raum rund um die Stadt viel über unseren Kopf hinweg entschieden worden“, sagte sie mit Betonung darauf, dass auch dieses Argument nicht gelte. Gegen eine Mitarbeit bei Pro-Sud habe sich der Schöffenrat seinerzeit entschieden, weil sich Pro-Sud hauptsächlich um die touristische Weiterentwicklung der „Terre rouge“ und der „Friches industrielles“ kümmere. „In Leudelingen habe ich ‚terre rouge‘ bisher, wenn überhaupt, nur auf unseren Tennisplätzen gesehen“, sagte Bisenius-Feipel in ihrer Antwort.
Mobilität und Arbeit
Auch im Bereich Arbeit und Mobilität gebe es größere Bezüge zum Zentrum als zum Süden, argumentiert die Opposition im Leudelinger Gemeinderat. Über 50 Prozent der Erwerbstätigen Leudelingens arbeiten in der Hauptstadt. Auch sind die großen Infrastrukturprojekte wie Tram, Erneuerung des Cessinger Kreuzes und der Bau des Boulevard de Cessange bzw. Bvd. de Merl eher auf eine Anbindung Leudelingens an die Stadt ausgelegt denn an den Süden, so die Sicht der Opposition.
Bürgermeisterin Bisenius-Feipel entgegnete, dass sie den Ausbau der Tram und die beiden Boulevards begrüße, um den Verkehr in der Gemeinde zu entlasten. Die Tram sei aber bis Esch geplant und Esch liege definitiv nicht im Zentrum. Deswegen sei das für sie kein Argument für den Wechsel.
Auch spiele die Begründung, dass über 50 Prozent der Einwohner Leudelingens in der Hauptstadt arbeiteten – wie viele Einwohner anderer Kommunen auch – keine Rolle. „Gewählt wird da, wo man wohnt, und nicht da, wo man arbeitet“, sagte sie mit Verweis auf Artikel 10 des Wahlgesetzes.
Informelle Umfrage
Die Opposition hatte anlässlich der Nationalwahlen 127 Wähler nach ihrer Meinung gefragt. 58,3 Prozent der Befragten hatten sich für einen Wechsel des Wahlbezirks vom Süden ins Zentrum ausgesprochen. 77,2 Prozent hatten sich überdies für ein Referendum dazu in der knapp 2.600 Einwohner zählenden Gemeinde ausgesprochen. Diese Zahlen stammen aus der Präsentation der Opposition während der Sitzung. Die Bürgermeisterin wischte diese Ergebnisse mit dem Verweis auf die absoluten Zahlen vom Tisch. 127 Befragte seien bei rund 1.200 Wahlberechtigten nicht einmal ein Neuntel aller Wähler Leudelingens, sagt Bisenius-Feipel. Da stelle sich die Frage, ob das repräsentativ sei. Hinzu komme, dass sich von den 127 Teilnehmern der Umfrage 77,2 Prozent für ein Referendum ausgesprochen hätten. Das seien 98 Personen oder rund acht Prozent aller Wähler der Gemeinde.
Neuer Schöffe
Tom Behrend zieht sich vom Amt des Schöffen zurück. Als Begründung gab er die Unvereinbarkeit des politischen Amtes mit Familie und Beruf an. Er wird einfaches Gemeinderatsmitglied. Zu seinem Nachfolger wurde in geheimer Sitzung Raphael Gindt gewählt.
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Wann éen op dei Art an Weis d’Wahlen gewonnen huet, soll éen den Ball flach haalen!!!!
En total versch….. Stroossebild, wéi an esou vill Lëtzebuerger Gemengen! Och op deem Gebitt missten d’Bierger e Matsproochrecht hunn, fir dass op d’mannst den Duerfkär a senger Originalitéit erhale bleift. Ët ass eng Sënn an eng Schan, wéi mir eis Dierfer verhonzen.