Deutschland / BSW-Königin Sahra wird zur Königsmacherin
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kommt in Thüringen und Sachsen aus dem Stand auf zweistellige Ergebnisse und avanciert damit zum Königsmacher. Eine hervorragende Position für die Namensgeberin, die selbst nicht zur Wahl stand und in Berlin Karriere machen will.
Sie habe Gänsehaut, sagt Katja Wolf wenige Minuten nach der 18-Uhr-Prognose zur Landtagswahl in Thüringen. „Herzlich willkommen zu einem ganz besonderen, historischen Moment. Darunter machen wir es heute nicht“, sagt die 48-jährige Spitzenkandidatin des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). Erst vor wenigen Monaten sei ihre Partei gegründet worden – und nun werde sie schon im Landtag vertreten sein, triumphiert die frühere Oberbürgermeisterin der Linken von Eisenach.
Das BSW hat es aus dem Stand auf zweistellige Ergebnisse bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen geschafft und liegt in beiden Ländern auf Platz drei. Die Linke, die mit Bodo Ramelow in Thüringen für ein Jahrzehnt den Ministerpräsidenten stellte, wurde vom BSW regelrecht zerlegt. Den Erfolg führen Meinungsforscher aber nur zum kleineren Teil auf die Enttäuschung über die Linke zurück. Vor allem die charismatische Parteigründerin, die 55-jährige ehemalige Linken-Politikerin Wagenknecht, wurde für viele Wähler zu einer Alternative zur rechtsextremen AfD. Die aus Jena stammende Ehefrau von Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine (80), der sie im Wahlkampf laufend beriet und abschirmte, sprach geschickt soziale Abstiegsängste, verbreitete Ressentiments gegenüber Ausländern, den USA und der NATO sowie die Furcht vor einem Übergreifen des Ukraine-Kriegs an.
Die Bundeswahlen fest im Blick
„Es gab eine riesige Repräsentationslücke im deutschen Parteiensystem. So viele Menschen haben mir gesagt, sie wissen jetzt endlich wieder, was sie wählen sollen“, sagt Namensgeberin Wagenknecht am Abend im ZDF. Nun erwarteten die Thüringer, „dass eine stabile Regierung gebildet wird“, so die BSW-Frontfrau. „Ich hoffe, dass die CDU sich auch ihrer Verantwortung bewusst ist.“ Sie fordert von der Union etwa die Zusage, in der Außenpolitik auf ihre Forderungen einzugehen. Das BSW mache „keinen Personenkult“ um sie, „aber bei mir wissen die Menschen, wofür ich stehe“, sagt Wagenknecht.
Da die übrigen Parteien Koalitionen mit der rechtsextremen AfD ausschließen, könnte das BSW in den Ländern zum Königsmacher werden. Für die CDU wäre ein Bündnis mit dem BSW, das mit anti-westlichen, kaum umsetzbaren außenpolitischen Positionen punktete, ein Spagat und eine enorme Herausforderung. Auch in der Sozialpolitik passen das BSW, das einen höheren Mindestlohn, höhere Renten und Steuern für Besserverdienende fordert, mit der Union kaum kompatibel. Dennoch haben CDU-Chef Friedrich Merz und führende Landespolitiker – die Umfragewerte vor Augen – eine Zusammenarbeit mit dem BSW nicht ausgeschlossen – wohl aber mit AfD und Linken. Dabei gilt die Linke vor allem in Thüringen unter Ramelow als berechenbarer und gemäßigter.
Mit Argwohn beobachten die etablierten demokratischen Parteien das Verhältnis zwischen AfD und BSW. Wagenknecht hat Bündnissen mit der AfD zwar eine Absage erteilt, aber eine Zusammenarbeit auf anderer Ebene nicht ausgeschlossen. „Wir werden uns AfD-Anträge inhaltlich anschauen und nur dann dagegen stimmen, wenn es Gründe gibt, dagegen zu stimmen“, hatte die Parteichefin vor den Wahlen gesagt.
Der Taktikerin Wagenknecht käme eine Regierungsbeteiligung eigentlich zu früh und eher ungelegen, denn sie hat vor allem die Bundestagswahl 2025 fest im Blick. Für Koalitionen hat das BSW vielleicht auch deshalb rote Linien formuliert, die die Länder kaum beeinflussen können. Das Bündnis lehnt die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland sowie weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Eine künftige Landesregierung müsse sich auf Bundesebene für diese Themen einsetzen, das sei „eine Bedingung für unsere Teilnahme an einer Landesregierung“, hatte Wagenknecht vor den Wahlen erklärt. Die CDU ist auf Bundesebene aber klar für die Stationierung der US-Raketen und für Waffenlieferungen an die Ukraine.
Näher sind sich CDU und BSW dagegen in der Migrationspolitik: Beide Parteien wollen einen Stopp des Flüchtlingszustroms erreichen – notfalls auch mit drastischen Mitteln.
- Petition fordert Abschaffung der Hausaufgaben - 24. November 2024.
- Es weihnachtet sehr: „Winterlights“ haben offiziell eröffnet - 22. November 2024.
- Die Kanzlerpartei klatscht, die Kanzlerpartei zweifelt - 22. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos