Konferenz zur Zukunft Europas / Bürger haben das Wort
Bei der „Konferenz zur Zukunft Europas“ sollen die Bürger sich einbringen, aufmischen und mitgestalten. In öffentlichen Debatten wie auf virtuellen Plattformen. Doch wie viel partizipative Demokratie vertragen die EU-Institutionen? Wie werden in einem knappen Jahr Kritik berücksichtigt und Ideen umgesetzt? Solche Fragen stellt sich auch der luxemburgische LSAP-Europaabgeordnete Marc Angel. Seiner Meinung nach hat die Konferenz Potenzial, etwas zu verändern. Ein Selbstläufer sei sie nicht. Vieles hänge vom Druck der Bürger ab.
Die „Konferenz zur Zukunft Europas“ gibt dem Volk das Wort. Angekündigt wurde sie bereits 2019. Offizieller Start war aber erst dieses Jahr am 9. Mai, dem Europatag. Daran ist die Pandemie schuld, aber auch die Tatsache, dass nicht alle EU-Staaten gleichermaßen vom Handlungsbedarf dieser Veranstaltung überzeugt sind.
Jetzt ist der von Europaparlament, Europäischer Kommission sowie vom Rat der Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten ins Leben gerufene partizipative Prozess auf der Schiene. Bürgerinnen und Bürger dürfen, ja sollen sich in den nächsten Monaten einbringen. In Debatten und Gesprächen sowie in Bürgerforen, die auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene organisiert werden. Dort sollen sie sagen, wo der Schuh drückt, was sie erwarten, was sie anders machen würden. Über alles könne und solle diskutiert werden – ohne Tabus, heißt es von führenden EU-Politikern: über Beschäftigung, Demokratie, Gesundheit, Klima oder Migration zum Beispiel. Es gehe darum, europäische Politik und, unter Umständen, vielleicht sogar EU-Verträge zu ändern. Zuhören, diskutieren und gemeinsam Europas Zukunft in die Hand nehmen, so das Motto.
Laut bisherigem Fahrplan soll bereits im Februar 2022 eine Auswertung auf dem Tisch liegen. Ob als Abschlussdokument oder als Etappe, scheint heute noch nicht klar. Abgesehen davon stellt sich die Frage, wie das Ganze bis dahin überhaupt ablaufen, wie Bemerkungen und Forderungen erfasst und auf einen Nenner gebracht werden und was dann damit geschehen soll. „Es ist eine große Herausforderung und eine Chance“, sagt der LSAP-Europaabgeordnete Marc Angel im Tageblatt-Gespräch. Er verhehlt nicht, dass es schiefgehen kann.
Tageblatt: Marc Angel, wälzen die Politiker vor lauter Mutlosigkeit die Verantwortung nun aufs Volk ab?
Marc Angel: Nein, so ist es nicht. Die Konferenz kommt, weil es wichtig ist, im großen Stil den Puls bei den Menschen zu fühlen. Das letzte Mal haben wir das im Rahmen der Diskussion über eine europäische Verfassung gemacht, die dann im Vertrag von Lissabon gipfelte. Es wird Zeit, diese intensive Form des Austausches zu wiederholen.
Schön und gut. Das Volk bekommt das Wort, jedoch nicht das Kommando.
Die Politiker müssen aus ihrer „bulle“, ihrer Blase, raus. Ich sehe keine Unvereinbarkeit zwischen repräsentativer und partizipativer Demokratie. Ich hoffe, dass die Aussagen der Menschen im Rahmen der Konferenz zu echten Veränderungen führen …
… aber letztendlich werden doch vor allem die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten über das weitere Vorgehen entscheiden?
Ja, aber es ist doch auch so, dass wir die Menschen, die mitmachen, permanent mit einbinden wollen. Ich würde jenen, die nachher entscheiden, sehr empfehlen, dass sie das ernst nehmen, was gesagt wird. Europa von unten nach oben soll nicht nur ein Schlagwort sein.
Ja eben. Aber Sätze wie das Europa der Bürger oder der Bürger im Mittelpunkt hören wir doch seit Jahrzehnten. Was ist denn jetzt anders?
Ich würde das, was wir jetzt machen, eher als komplementär bezeichnen zu dem, was wir bereits haben.
Es klingt aber nicht so.
Es ist vielleicht auch noch nicht ausreichend erklärt worden. Hier ist ja eine Plattform geschaffen worden, wo alles an einer Stelle gesammelt wird. Das kann ein Erfolg werden, vorausgesetzt, es wird nicht zu bürokratisch, zu institutionalisiert.
Aber ist es anders oder muss es anders sein, weil Europa quasi orientierungslos steckengeblieben ist?
Ich denke nicht, dass Europa so orientierungslos ist. Diese Konferenz kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt. Der Beginn der Corona-Krise hat ja gezeigt, dass manches nicht läuft, wie es soll. Grenzschließungen. Einseitige Beschlüsse der Mitgliedstaaten. Das ist heute anders. Ich denke, dass vielen bewusst ist, dass wir solch große Krisen nur gemeinsam lösen können – als Europäische Union. Umfragen des Eurobarometers zeigen ja auch, dass die Bürger sich mehr EU in der Gesundheits- und Sozialpolitik wünschen. Hier muss die Konferenz über die Zukunft Europas ansetzen.
Sie glauben an das Projekt?
Ja. Ich bin überzeugt, dass wir deutlicher als bisher darstellen können, dass wir ein Gleichgewicht wollen zwischen dem wirtschaftlichen und dem sozialen Europa. Aber es ist auch an den Bürgern, Druck zu machen.
Wie werden Sie es in Luxemburg angehen?
Die Chamber wird in der Sache Initiativen ergreifen.
O.k., aber was machen die sechs Luxemburger Europaabgeordneten?
Wir werden in alles mit eingebunden. Wir werden zu den Leuten gehen und diskutieren. Meine Sorge ist allerdings, dass wir 27 nationale Diskussionen über die Zukunft Europas haben werden, aber keine europäische.
Wie kann man das verhindern?
Durch einen wirklichen Austausch. Beispielsweise indem man Luxemburger Politiker ins Ausland schickt und ausländische zu uns einlädt.
Seit dem 19. April hat die Plattform geöffnet. Offizieller Start der Konferenz war am 9. Mai, dem Europatag. Doch wo bleibt das Informationsblatt in meinem Briefkasten?
Es wird kommen. Es ist so, dass die Startschwierigkeiten der Konferenz eine bessere Planung und Kommunikation, fast bis zuletzt, sehr schwer gemacht haben.
Dabei drängt die Zeit. Im Februar 2022, also in zehn Monaten, soll laut offiziellem Kalender bereits ausgewertet werden.
Ich bedauere, dass nicht mehr Zeit gegeben ist. Das hat politische Gründe. Präsident Macron will das unbedingt unter französischer Ratspräsidentschaft verkünden. Ich würde dafür plädieren, dass man sich mehr Zeit gibt.
Wie bringt man es denn fertig, dass sich nicht nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt wird, wie oft bei europäischen Entscheidungen?
Das wird die Kunst sein. Wir sollten die Konferenz auch nutzen, um die europäischen Gestaltungsprozeduren, ihre Möglichkeiten und ihre Grenzen, besser zu erklären.
Könnte man sich denn vorstellen, dass es zu einem Umdenken kommt? Hin zu mehr politischer Union? Weniger national geprägte Einschränkungen?
Das ist doch die große Frage. Die Europäische Union ist da gespalten. Jene, die mehr wollen, und jene, die bremsen. Zum Teil ist da aber bereits etwas im Gange. Im Kontext Mindestlöhne und Tarifverhandlungen zum Beispiel. Wir sollten Mut zeigen und offen über die Frage der Mehrheiten in den Entscheidungsgremien diskutieren. Wenn uns das nicht gelingt, werden wir beim Europa der kleinen Schritte bleiben. Mir scheint, dass die Menschen sich mehr erhoffen. Sie erwarten Quantensprünge.
Was macht Marc Angel im Kontext Konferenz?
Ich werde gemeinsam mit meiner Partei, dem Abgeordnetenhaus und den fünf anderen Europaabgeordneten zusammenarbeiten. In der Hoffnung, dass wir wieder mehr unter die Leute gehen und einen Austausch haben können. Nicht nur digital. Es geht darum, den Menschen die Informationen über Europa zu geben, die sie heute nicht haben.
Aber dazu bedarf es doch nicht dieser Konferenz?
Ja, vielleicht ist es auch unsere Schuld, dass wir nicht genug erklärt haben. Aber die Konferenz wird uns drängen, das jetzt zu tun. Wenn wir uns nicht trauen, bei dieser Konferenz Tacheles zu reden, und uns bereits jetzt vor Angst in die Hose machen, dann sollten wir es bleiben lassen. Ich bin aber überzeugt, dass wir der Sache eine Chance geben sollten.
Wann wird Marc Angel beginnen, diese Chance zu nutzen?
Damit werde ich mich jetzt eingehend befassen. Es stimmt ja, dass es nicht reicht, anzukündigen. Ich werde deshalb jetzt konkret liefern. Gemeinsam auch mit den politischen Akteuren auf nationaler und kommunaler Ebene. Ganz nahe bei den Menschen.
(* Das Interview wurde am vergangenen Freitag geführt)
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Mit der COVID Pandemie hatte die EU die Chance zu zeigen, dass sie lebt. Aber das Gegenteil ist eingetroffen: geschlossene Grenzen, jedes Land andere Maßnahmen, und dann hauptsächlich das Impfstoffdesaster. Die EU wird leider eine Platform für Bürokraten sein. Warum haben Luxemburg, Belgien und Holland, zim Beispiel, so viele Diplomaten in Brüssel sitzen? Viele Leute wissen mal überhaupt nicht, wie viele Diplomaten Luxemburg überhaupt in Brüssel hat.
Genee wéi bei der EU-ëmfro fir ofschafe vun der Zäitëmstellung. …..
Seit wann haben denn die Bürger das Wort? Seit wann hört die Politik auf die Bürger?
Die Pandemie hat uns aufgezeigt was Europa , der europäische Gedanke wert ist. Ich brauche weder Reisefreiheit noch ein Euro gleich Teuro, noch interessiert mich die Einmischung in das politische Geschehen außerhalb unseren europäischen Grenzen.Die europäische Politik hatte Jahre genug sich um des Bürger soziale Wohl zu kümmern , doch waren ihr die Krümmung der Bananen , die Null Zins Politik, anderer Firlefanz wichtiger. Der Zug ist abgefahren , ich wende mich von Europa, dem europäischen Gedanken ab .
@ Jeff: Dat war dach keng Emfro, dat war e Witz. Hud Der schon emol nogekuckt wéivill vun denen 350 Mio. EU-Awunner do ofgestemmt hun an aus wéi engem Land déi bal alleguer komm sinn?
Guten Tag Herr Angel,
Sie kennen mich. Vor ungefähr 20 Jahren habe ich Sie und Herrn di Bartolomeo auf einem Wahlkampfmeeting in Hesperingen darauf hingewiesen, dass das luxemburger Gesundheitswesen kontrolliert und reformiert werden muss. Sie haben mich als Nestbeschmutzer abqualifiziert. Mittlerweile gibt es für meine Hinweise einen Namen: es besteht ein unkontrollierbarer Högel-Verdacht im lux. Gesundheitswesen. Für weitere Informationen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
MfG
Robert Hottua
Die Politik hört kaum auf den Bürger. Europa schon gar nicht. In Europa hat Druck keinen Sinn. Nicht nur der Umgang mit der Pandemie hat gezeigt dass Europa noch null Wert hat.
Solange die EU Kommission, von den Parteien als Endlager für national nicht mehr tragbare Kleptokraten missbraucht wird, ist es schwierig selbst bekennende Europäer für diese Idee zu gewinnen.
Europa, gêt êt nêmmen op der Landkaart
d’Lait ziele nêt
nêmmen dat rond Steck mam € drop
Alles nur Schaumschlägerei und Show,
muss sich irgendwie bemerkbar machen dass er noch da ist,
sonst nix als warme Luft.
Europa ass ons sou no dat mer et bal net méi erdroen !
Bürger haben das Wort
GRIMM´S MÄRCHEN, die Politiker reden viel wenn der Tag lang ist und im Endeffekt machen sie doch was sie wollen über den Köpfen der Bürger, also was soll dieses Gesabbel.
Wenn man in seinem Elfenbeinturm weit weg vom Schuss lebt, bekommt man kaum mit, wo der Schuh drückt. Dann ist es einfach Sprüche zu klopfen und Forderungen zu stellen, von denen man genau weiss, dass sie unrealistisch sind und die Politik überhaupt nicht an einem aktiven/konstruktiven Mitspracherecht der Bürger interessiert ist. Bin mal gespannt, was Herr Angel denn nun konkret liefern wird.