Tourismusprojekt Weiswampach / Bürgerinitiative: „Das Projekt lädt zur Geldwäsche ein“
Das Projekt ist von Anfang an ein Aufreger und spaltet die Bevölkerung. Im Alleingang bringt DP-Bürgermeister Henri Rinnen Weiswampach auf Tourismuskurs. Hotel, Chalets und sportliche Aktivitäten sollen den See zum Top-Reiseziel machen. Die Gegner des Projektes ziehen am Ende nach vielen Kämpfen Ende 2020 vor Gericht – bislang ohne Ergebnis.
Still ruht der See. Viel herausgekommen ist bei der Klage, die die Bürgerinitiative Weiswampach Ende letzten Jahres eingereicht hat, bis jetzt nicht. Das bestätigt der Sprecher der Bürgerinitiative Pol Holweck (69). 250 Einwohner haben sich dort organisiert, um gegen das Projekt zu mobilisieren. Das ist bei knapp 2.000 Einwohnern ein Viertel der Bevölkerung und eine Größe, die nicht zu ignorieren ist. Bürgermeister Henri Rinnen (DP) macht das aber und steht dazu.
„Solange er Bürgermeister ist, wird das Projekt gebaut, hat er öffentlich gesagt“, sagt Holweck, der sein Berufsleben als Architekt und Urbanist verbracht hat. In der Tat sind Bagger derzeit dabei, Fundamente auszuschachten, und Kräne stehen mitten im Grünen. Die Baugenehmigung hat Rathauschef Rinnen erteilt.
Im neun Mitglieder zählenden Rat der Majorzgemeinde stehen fünf Befürworter seiner Politik vier Kritikern gegenüber. Rinnen hat es bei den letzten Wahlen 2017 zwar nur auf den vierten Platz geschafft, wurde aber von seinen Unterstützern zum Bürgermeister gewählt. Gegner resignieren angesichts von Mobbing, Intransparenz und eigenmächtigem Vorgehen.
Mobbing, Intransparenz und Eigenmächtigkeit
So wie der Erste Schöffe, Michel Deckenbrunnen, der im Herbst 2019 enttäuscht hinwirft. Er war derjenige mit den meisten Stimmen nach den Wahlen. Gegner der offiziellen Rathauspolitik haben es schwer in Weiswampach, und nicht nur dort. Holweck erhebt schwere Vorwürfe. „Der Bürgermeister wird im Innenministerium gedeckt“, sagt er und nennt sogar Namen.
Das Umweltministerium, zuständig für die Umweltprüfungen, mache seine Arbeit nicht, sagt die Bürgerinitiative außerdem und fechtet die seit Ende letzten Jahres vorliegende Umweltprüfung an. „Sie haben nur die Pflanzen-, nicht aber die Tierwelt am See untersucht“, sagt Holweck. „Das ist eine Teil-Umweltverträglichkeitsprüfung, wir wollen eine ganze.“
Nach zahllosen Schreiben sowohl ans Innenministerium als auch an das Umweltministerium, die unbeantwortet bleiben, schaltet die Bürgerinitiative einen Anwalt ein und reicht Klage ein. „Wir hoffen, dass es eine neue Studie geben muss und dann einen Baustopp“, sagt Holweck, der noch ganz andere Befürchtungen hegt. Eine Anfrage des Tageblatt bleibt bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Projekt ist „Bauernfängerei“
„Das ganze Projekt ist Bauernfängerei“, sagt Holweck. „Und lädt zur Geldwäsche ein.“ Das lässt aufhorchen. „Die Hotelzimmer und Studios stehen zum Verkauf“, sagt Holweck. „Rund 300.000 Euro soll eines der billigeren Zimmer, 25 Quadratmeter groß, mit allen Gebühren kosten“, sagt Holweck, der die Details dazu von der Groupe Lamy selbst hat.
Im Gegenzug werden die Eigentümer am Gewinn beteiligt, den das Zimmer bei Belegung abwirft. „Die Eigentümer dürfen maximal 15 Tage im Jahr darin Urlaub machen, müssen während der Zeit aber reduzierte auf die in der Saison geltenden Preise bezahlen“, ergänzt er. „Das rechnet sich doch gar nicht.“
Außerdem werde mit Steuervergünstigungen als Zweitwohnsitz geworben. Das ist aber nicht die einzige Kritik der Bürgerinitiative, die eine lange Geschichte hat. Das Erste, was die Kritiker auf den Plan rief, war, dass es nie eine offizielle Ausschreibung für das 50 Millionen Euro teure Projekt gegeben hat.
Entscheidung beim Referendum versandet
Sie konnte DP-Bürgermeister Henri Rinnen umgehen, weil er das insgesamt 43 Hektar große Gelände in einem Erbpachtvertag („bail emphytéotique“) an den Bauherrn, die Groupe Lamy, abgetreten hat. Der Immobilienentwickler mit belgischen Wurzeln bekommt mangels Konkurrenz den Zuschlag. Auch Parlamentsabgeordnete beschäftigt das Thema.
Sobald Erbpachtverträge im Spiel sind, muss es keine öffentlichen Ausschreibungen geben, kontert das Wirtschaftsministerium auf eine parlamentarische Anfrage Ende 2018. Der nächste Kritikpunkt der Bürgerinitiative ist die Pacht für das Gelände. Für die insgesamt 43 Hektar Gelände zahlt Lamy 25.000 Euro im Jahr, und das 99 Jahre lang, was eine im Hochpreisland Luxemburg „lächerliche“ Summe ist, wie Holweck sagt.
Im Mai 2019 führt eine Unterschriftensammlung, bei der mit 422 fast die Hälfte der damals 930 Wahlberechtigten unterschreibt, zu einem Referendum. 60 Prozent sprechen sich gegen das Projekt aus. Die Bürger werden nicht gehört. Bürgermeister und Gemeinderatsmehrheit treiben das Projekt unbeirrt weiter.
Immobiliengeschäft und Steuergelder
Bitter werden Geschichten wie diese, wenn Steuergelder in Form von staatlichen Zuschüssen im Spiel sind. Das ist hier der Fall. Darauf hatte der Grünen-Abgeordnete für den Norden Gérard Anzia in einer parlamentarischen Anfrage im November 2018 hingewiesen. Projekte wie diese seien subventionsberechtigt, hieß es damals aus Etienne Schneiders (LSAP) Wirtschaftsministerium.
Anzias Frage danach, ob die Subventionen mit dem Verkauf vereinbar seien, wurde erst gar nicht beantwortet. Neben der mangelnden Beteiligung der Bürger der Nordgemeinde stört noch etwas: Das Projekt gibt sich – nicht nur auf der Webseite von Bauherr Lamy – einen ökologisch-grünen Anstrich. Bei genauerem Hinsehen gibt es allerdings wenig Hoffnung auf „ökologisch“.
Bauherr Lamy betont gerne, nicht gegen Umweltauflagen zu verstoßen. Das ist Voraussetzung für Neubauten, der niedrige Energieverbrauch und die Dreifachverglasung sind in Luxemburg Standard bei Neubauprojekten. Andere ökologische Aspekte im Sinne ernst gemeinter Nachhaltigkeit sind nicht bekannt.
„Grün“ ist bis jetzt allenfalls, dass die Tourismusanlage in einer größtenteils noch wenig zersiedelten Landschaft liegt, die nachweislich anzieht. Das beweist die Einlösung der Übernachtungsgutscheine, die das Tourismusministerium letztes Jahr verteilt hat. Die allermeisten wurden nach Ministeriumsangaben im Ösling eingelöst. Dort liegt Weiswampach mit seinen zwei Seen.
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Geldwäsche? Wie bei allen Baulöwen?
Alle grossen privaten Investissionen können zur Geldwäsche benutzt werden, ab Level China-Restaurant, beispielsweise.
Weiswampach ist ja schon ohne dieses Projekt verunstaltet.
Da reiht sich ein gruseliger Bauklotz an den Nächsten. Dann diese vielen Briefkästen, einfach „Traumhaft“🙈🙉🙊