Editorial / Bye-bye Anstand: Bei der CSV scheinen alle Hemmungen gefallen zu sein
Die Regierung Frieden ist 100 Tage im Amt und die Kommunikation von CSV und DP bereits völlig außer Rand und Band. Daran tragen vor allem bekannte Exponenten beider Parteien Schuld und nicht zuletzt Luc Frieden selbst, der die rechtslastigen Entgleisungen aus seiner Partei entweder nicht in den Griff bekommt oder sie nicht in den Griff bekommen will. Beide Varianten sind kein Ruhmesblatt für den Premier.
Wenn es eines weiteren Beleges dafür bedürft hätte, dass alle Hemmungen gefallen sind, lieferte ihn an diesem Wochenende der CSV-Abgeordnete und Hesperinger Bürgermeister Marc Lies.
Auf Facebook holte Lies in wenigen Zeilen zum Rundumschlag aus: gegen Jean Asselborns „Open the Gates“-Politik, wie der CSV-Politiker sie bezeichnete, für Law and Order, gegen die „deregulierte Gesellschaft unserer Linksparteien“ und „eine Presse, die nur noch auf PR aus ist“. Lies schloss seinen Online-Zornesausbruch mit „Byebye Lëtzebuerg“. Lies, der diesen Kommentar unter einen Beitrag gesetzt hatte, in dem sich ein Mann aus Hesperingen darüber empört, dass Hühner in seinem Stall geköpft und gestohlen wurden, unterstellte damit, Flüchtlinge seien die Hühnerdiebe. Und das von einem Abgeordneten einer Regierungspartei. Bye-bye Anstand und Verantwortungsbewusstsein, möchte man da sagen.
Ex-Außenminister Asselborn reagierte wenig später, ebenfalls in dem sozialen Netzwerk, und teilte dort seine Sorge, dass die Art, wie Teile von CSV und DP kommunizieren, am Ende nur der ADR nutzen würde. Dabei fällt seit dem Regierungswechsel auf, dass aus den Reihen der ADR nahezu jede Regierungsentscheidung so frenetisch gefeiert und eisern verteidigt wird, als wäre es die eigene. Das ist nicht nur im weiten Feld der Sicherheitsdiskussionen der Fall gewesen, wie jetzt wieder in der Causa Lies, sondern ebenfalls bei den Diskussionen um die Lieferkettenrichtlinie. Besonders Fred Keup hat sich in der kurzen Zeit zu einer Art Regierungssprecher aus der Opposition heraus aufgeschwungen. Die CSV scheint das eher zu bestätigen als in dem Sinne zu beunruhigen, dass man den Kompass vielleicht etwas verloren hat, wenn der Applaus nur noch von rechts kommt.
Aber überraschend ist das nicht. Dafür reicht ein kurzer Blick zurück auf die vergangenen Monate. Aus den Reihen der Regierungsparteien kamen mit Simone Beissels Fremdschämauftritt auf YouTube und Léon Glodens ominösen Limousinen am Boulevard Royal antiziganistische und damit rassistische Äußerungen. Premier Luc Frieden versuchte mittels eines eher unbeholfenen Aufrufs, die Presse weg vom „Heescheverbuet“ zu „wichtigeren“ Themen zu dirigieren. Im Zuge dieser Diskussionen um das Bettelverbot gab es Angriffe auf die Justiz und auf Künstler. Die Presse bekam auch ihr Fett weg, das aber von Sportminister Georges Mischo, der dann den Versuch startete, sich aus der Affäre einfach wieder herauszulügen.
Und jetzt erst einige Fragen und danach auch die Erklärung dafür, warum die Jubelstimmung innerhalb der ADR nicht von ungefähr kommt.
Welche Parteien äußern sich rassistisch, testen die Grenzen des Sagbaren aus, bauen ihre Politik auf Neid und Tritten nach unten aus, geben wenig auf das, was gestern gesagt wurde, und verdrehen ständig die Wahrheit, schießen gegen Justiz und Presse? Ganz genau, es sind die Rechten und die Rechtspopulisten. Beispiele gibt es zuhauf in Europa – und dass eine solche Politik und ihre Begleittöne, wie wir sie in Teilen bislang bei CSV und DP erleben, in Luxemburg vor allem von der Oppositionspartei ADR abgefeiert werden, ist eigentlich nur noch folgerichtig.
Luc Frieden hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, dass er einer sei, der auch mal mit der Faust auf den Tisch hauen könne. Es wäre an der Zeit, dass er das tut und seiner Partei eintrichtert, dass Fremden- und Armenfeindlichkeit sowie Antiziganismus in einer CSV und auch sonst in der Regierung nichts zu suchen haben.
Mehr zu diesem Thema erfahrt Ihr hier:
– Auf Facebook / CSV-Bürgermeister Lies stänkert gegen Asselborn, Linksparteien und Presse
– Asselborn reagiert auf Lies / „Flüchtlinge verdächtigen, dass sie Hühnerdiebe sind … das muss man hinkriegen“
- Luxemburg zählt bald 700.000 Einwohner – die Wachstumsfrage will trotzdem niemand stellen - 25. November 2024.
- Die Staatsbeamtenkammer feiert Geburtstag – Premier Luc Frieden „gratuliert“ mit launiger Rede - 21. November 2024.
- Kein Buddy mit dem Bully: Gute Nacht, USA – aufwachen, Europa! - 9. November 2024.
Haben diese Christlich Sozialen in ihrer langen Geschichte je Hemmungn gehabt?
wéi ëch dat gesin, läië mër „All falsch“ mam Denken, mër wären nach an der gudder aaler Welt, wou Respekt, Héiflëchkeet, an „d’Mënsch-frëndlëchkeet“ nach eng Roll gespilt hun..
mër gin esou laang getrimmt bis mër follegen..
ëch färten ët ass just d’Spëtz vum Äisbierg..
Auch wenn es mental kaum erträglich ist: „Der Schoß ist fruchtbar noch.“
Robert Hottua
Die „neue“ luxemburgische Regierung als Wegbereiter für eine Popularisierung rechten Gedankenguts im öffentlichen Diskurs.
Die ADR (luxemburgisches Pendant zur deutschen AfD) freuts ungemein. Es war bereits vor den Wahlen klar, dass die CSV im Falle eines Wahlsieges das Rechtskonservative weiter forcieren würde. Dass dies allerdings in einem solchen Ausmaß und einer erschreckenden Geschwindigkeit passiert, erstaunt dennoch.
Der zu erwartende „Beitrag“ der luxemburgischen Politik zu den anstehenden EU-Wahlen lässt echte Demokraten erschaudern …
@ Robert Hottua / Der liebe Bertolt ist aktueller denn je. Wieso begreifen die Menschen nicht was da passiert. Haben sie in den Geschichtsstunden gefehlt?
Ma loost dach d’Regierung hir Arbecht machen an halt endlech op all onwichteg Kléngechkeet op ze bauschen. De Frieden a seng Gang hun scho bis elo méi realiséiert/geleescht wéi de Bettel a seng schwach Kollegen an 10 Joer. Ausser Geldverschwendung!
Wéi et ausgesäit, huet d’CSV d’ADR riets iwwerholl. Dat ass awer wuel net onbewosst, mee absolut berechent. Mat der aktueller Politik wëll d’CSV den ADR nämlech salonfäheg maachen; bei den nächste Walen kritt d’DP vun de Wieler aus der Mëtt vun der Gesellschaft d’Quittung fir hier Mattäterschaft un esouenger rietspopulistescher Politik a verléieren a Gréisstenuerdnung vun de Verloschter vun de Gréngen vun 2023. Den nächsten Junior-Partner vun der CSV kann da just nach ADR ginn.
Wa Leit also behaapten, dass vun esouenger Politik d’Rietspopuliste profitéiere géingen, da stëmmt dat; et ass just naiv ze gleewen, dass dat net mat voller Absicht vun der CSV gemaach gëtt …
@ Max / : Ech kann nemmen aeren Kommentar ennerstetzen !
Eis LSAP wor jo och lang an der Vergangenheet mat der CSV an der Regierung. Do wor CSV perfekt. Do misst sech den Haer Asselborn drun erenneren können.
De roude Fändel as net mei in bei de Wieler an en as am Moment net mei gefrot.
@Max,
ich bin quer durchs Land gefahren mit Zug und Tram und gratis.
Die roten Nervensägen kommen nie drüber weg. Man hat Sie einfach stehen lassen. Aber waren die nicht seit Menschengedenken ewig in der Regierung und hatten genauso ewig lang Zeit alles was sie jetzt bemängeln in Ordung zu setzen.
@Einfach mal Klappe!
Dorems geet et nët. Mer schwetzen hei dovun, dass en Députéierten ganz offen rassistëch Äusserungen vun sëch gët. Dat as nët iergendeppes bemängelt, wat e selwer hät kënnen an d’Reih brengen.
CSV as nët meng Wonschpartei an enger Regierung, ma ëch hat se trotz deem fier verantwortungsvoll an nët geféierlëch gehal.
Dat war wuel e Fehler
Die roten Nervensägen waren noch nie so lange an der Macht wie schwarzen Hypokriten, die stets von der Kirche und dem Bistumsblatt tatkräftig mit allen Mitteln unterstützt und sofern nach Gutdünkem schalten und walten konnten. Der Klerus und die verlogenen Kirchgänger ( es gab auch wenig andere, ehrlich Gläubige ), die Opportunisten in den Staatsdiensten , die gefürchteten Organisationen wie AFP unter Estgen ( Action familiale et populaire ), die fanatischen katholischen Männer und Frauen usw. usf. und tausende andere Mitläufer( im Dunkeln ). Und jetzo krabbeln sie wieder, nach langer Durststrecke, ( wie nach 1979) aus ihren Löchern heraus, um die die verhassten Sozis und Grünen lautstark zu bekämpfen. Ihnen fehlen Gott sei Dank das gewaltige Sprachrohr “ Luxemburger Wort “ und die kätzerischen Kanzeln in den leeren Kirchen.