Jahresresultat 2023 / Cargolux-Gewinn bricht ein – und ist doch rekordverdächtig hoch
Sind die fetten Jahre vorbei? Nach Rekordgewinnen in Milliardenhöhe während der Pandemie normalisiert sich das Geschäft von Cargolux wieder. Doch noch immer bewegt sich der Gewinn auf einem hohen Niveau. Am Mittwoch hat die Luxemburger Frachtfluggesellschaft in ihrem Hauptquartier in Sandweiler die rezenten Zahlen veröffentlicht.
286 Millionen Dollar: Das ist der Nettogewinn der Cargolux im Jahr 2023. Damit fährt die Luxemburger Frachtfluggesellschaft ihr bestes Resultat überhaupt ein – sieht man von den Pandemiejahren ab, die Cargolux einen Rekord nach dem anderen bescherten. „Zufriedenstellende Zahlen nach einem Rekordjahr“ nannte Tom Weisgerber, Präsident des Verwaltungsrates, das Ergebnis.
Wir sind zur Normalität zurückgekehrtCEO
Das Unternehmen konnte 2022 einen Nettogewinn von sage und schreibe 1,6 Milliarden Dollar verzeichnen. Und auch 2021 waren es immerhin noch 1,3 Milliarden Dollar. Im Vergleich dazu sieht das Resultat aus dem vergangenen Jahr geradezu mickrig aus. Doch CEO Richard Forson betonte auf der Pressekonferenz immer wieder: „Wir sind zur Normalität zurückgekehrt.“
Und da kann sich das Resultat von Cargolux sehen lassen. Das beste Jahr vor der Pandemie war 2018 mit einem Gewinn von 211 Millionen Dollar. Verglichen damit gab es demnach 2023 ein sattes Plus von 75 Millionen. Der Gesamtumsatz belief sich im vergangenen Jahr auf 2.975 Millionen Dollar. Vor der Pandemie, 2019, waren es noch 2.259 Millionen Dollar. Auch hier ist demnach eine positive Entwicklung zu sehen. Die operative Gewinnspanne beträgt laut Finanzchef Maxim Straus 8,6 Prozent. Damit sei man besser positioniert als die Lufthansa, die eine Spanne von 7,4 Prozent vorweisen könne.
Rund 2 Milliarden auf dem Konto
Satte 2.033 Millionen Dollar sind bei Cargolux kurzfristig verfügbar: eine Steigerung von 21,52 Prozent zum Vorjahr. 2022 waren es noch 1.673 Millionen Dollar. „Kapital auf der Bank ist jetzt sehr schön“, sagt Richard Forson dazu. „Aber es ist eine notorisch unbeständige Branche.“ Das Kapital könne sicherstellen, dass Cargolux stressigere Zeiten überstehe.
Es ist schwierig, die richtigen Leute zu findenCFO
Die großen Zahlen nahmen bei der Pressekonferenz im Cargolux-Hauptquartier in Sandweiler kein Ende. 120 Millionen Dollar an Dividenden werden an die Anteilseigner ausgeschüttet – Luxair, Henan Civil Aviation Development and Investment, die BCEE, die staatliche Entwicklungsbank SNCI und den Luxemburger Staat. Allein auf direktem Weg fließen so rund zehn Millionen in die Kassen des Staates.
Ein Problem, das auch alles Geld der Welt nicht lösen kann, sind fehlende Mitarbeiter. „Es ist schwierig, die richtigen Leute zu finden“, sagte CFO Maxim Straus. Deshalb gebe es mehr offene Positionen als üblich. Von 2015 bis 2023 hat die Cargolux trotzdem 660 neue Arbeitsstellen geschaffen, davon 532 in Luxemburg. Vergangenes Jahr haben 2.540 Personen für die Frachtfluggesellschaft gearbeitet.
Belly-Fracht und E-Commerce
Wenn Richard Forson von „Normalität“ sprach, dann meinte er vor allem die wieder gestiegene Zahl an regulären Langstreckenflügen. Denn diese transportieren neben Passagieren auch sogenannte „Belly-Fracht“, also Güter im Unterdeck. Sie stehen somit in Konkurrenz zu den reinen Frachtfluggesellschaften, was sich auf den Preis auswirkt – und negativ auf den Gewinn von Cargolux.
Mitverantwortlich für das gute Resultat 2023 ist der wachsende E-Commerce. Vor allem chinesische Firmen wie Shein, Temu und jd.com haben dazu beigetragen, dass der Internethandel von sechs auf neun Prozent des internationalen Handels gestiegen ist.
E-Fuels im Anflug
Cargolux blickte auf der Pressekonferenz nicht nur zurück, sondern auch in die Zukunft. Ein Thema, das in den nächsten Jahren immer wichtiger sein wird, sind die E-Fuels. Die Frachtfluggesellschaft ist eine Partnerschaft mit Norsk e-Fuel eingegangen, um die Versorgung von synthetischem Kraftstoff zu gewährleisten. Denn diese spielen eine wichtige Rolle beim Ziel des Unternehmens, bis 2050 netto CO2-neutral zu sein.
Um für die nächsten Jahre breiter aufgestellt zu sein, arbeitet die Gesellschaft derzeit an einem zweiten Standbein neben der Luftfracht: der Frachtabfertigung. Die Cargolux-Tochter Luxcargo Handling hat im Dezember 2023 eine der beiden Lizenzen für das Cargocenter am Findel erhalten. Im August 2023 war bekannt geworden, dass sich Luxair nach 50 Jahren aus dem Cargo-Geschäft zurückzieht. „Wir werden alle Mitarbeiter und Verantwortlichkeiten übernehmen“, sagt CEO Richard Forson. 1.200 Mitarbeiter von LuxairCargo werden demnach im Mai 2024 zu Cargolux dazustoßen. Somit werden dann 3.780 Menschen für die Frachtfluggesellschaft arbeiten.
Und Cargolux hat noch ein weiteres Geschäft gewittert: „Wir haben erkannt, dass es vor allem in Südeuropa immer häufiger zu Waldbränden kommt“, sagte Richard Forson. Zwölf Flugzeuge sollen in Zukunft für das Löschen von Feuern bereitstehen. Einen Auftrag konnte die Gesellschaft jedoch noch nicht ergattern, obwohl sie sich an der Ausschreibung eines Staates in Südeuropa beteiligt hat. „Wir konzentrieren uns derzeit auf die Aufnahme des Betriebs“, sagte der CEO dazu. Aber auch hier läuft nicht alles glatt. Wegen des Wetters kommt es beim Training der Piloten zu Verzögerungen: Die Aufnahme von Wasser mit einer fliegenden Maschine konnte noch nicht ausreichend geübt werden.
Boeing und die Ukraine
Probleme könnten auch die neuen Flugzeuge von Boeing bereiten. Cargolux hat 2023 zehn Frachtflugzeuge vom Typ 777-8 für die Erneuerung der Flotte bestellt, mit Optionen für sechs weitere Maschinen. Der amerikanische Flugzeugbauer ist in der Vergangenheit immer wieder wegen Problemen mit seinen Flugzeugen in die Kritik geraten. „Wir sind im ständigen Austausch mit Boeing, ob es zu Verzögerungen bei den Lieferungen kommen wird“, sagte Forsen. Ursprünglich eingeplant für eine erste Lieferung war das Jahr 2027. Eingeplant scheinen aber auch jetzt schon Maßnahmen zu sein, falls dieser Termin nicht eingehalten werden kann: Cargolux will durch zusätzliche Wartungsarbeiten die Lebenszeit der eigenen Maschinen verlängern.
Der Krieg in der Ukraine hat nach wie vor direkte Auswirkungen. Die Einschränkungen im Luftraum wirken sich auf den Flugbetrieb von und nach Nordasien aus und führten zu längeren Flugwegen, höherem Treibstoffverbrauch und höheren Betriebskosten. „Das wird sich in naher Zukunft auch nicht ändern“, meinte der CEO. Die Lage im Gaza-Streifen hat ebenfalls einen negativen Einfluss auf die den Welthandel – und somit auch auf die luxemburgische Gesellschaft. Und von den Störungen auf dem Roten Meer Ende 2023, die die Schiffsfahrt beeinträchtigten, konnten die Frachtfluggesellschaften ebenso wenig profitieren: Es gab nur eine geringfügige Verlagerung beim Transport von Waren vom Meer in die Luft.
Wichtige Fakten
– Gründung 1970 von Icelandair, Salén Shipping Company und Luxair
– Siebtgrößte Frachtfluggesellschaft weltweit
– Flotte: 14 Boeing 747-8F und 16 Boeing-747-400F
– Mitarbeiter: 3.780 (ab Mai 2024), davon 3.100 in Luxemburg
– Umsatz: 2.975 Millionen Dollar (2023)
– Gewinn: 286 Millionen Dollar (2023)
– Geflogene Frachttonnenkilometer: 7,971 Millionen (2022)
– Größte Anteilseigner: Luxair (35,10 Prozent), die chinesische HNCA (35 Prozent), die BCEE (10,91 Prozent), die staatliche Entwicklungsbank SNCI (10,67 Prozent) und der luxemburgische Staat (8,32 Prozent)
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