Luxemburg / Carlos Paulos vom Projekt „Pipapo“ begrüßt Pläne zum Besitz von Cannabispflanzen für den Eigenkonsum
Menschen beim sicheren Feiern unterstützen – das ist das Ziel des Projektes „Pipapo“, das wichtige Informationen zu Themen wie Sexualität und Drogen vermittelt. Da das Team sich dabei eng mit Menschen im Nachtleben austauscht, weiß man bei „Pipapo“, dass der Konsum von Cannabis im Großherzogtum längst Realität ist.
Der Besitz von Cannabispflanzen für den Eigenbedarf soll in Luxemburg legal werden – das hat die Regierung bei der Präsentation eines Maßnahmenpakets zur Prävention von Drogenkriminalität verkündet. Vier Pflanzen werden demnach pro Haushalt erlaubt sein. Der Konsum von Cannabis im öffentlichen Raum soll fürs Erste weiterhin verboten bleiben, allerdings künftig weniger streng geahndet werden. Als „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“, bezeichnet der Verhaltenspsychologe und Direktor der gemeinnützigen Vereinigung „4motion“ Dr. Carlos Paulos diese Ankündigung.
Sein Berufsalltag lässt Carlos Paulos zu diesem Schluss kommen. Denn „4motion“ hat vor rund fünf Jahren das Projekt „Pipapo“ auf die Beine gestellt, das für sicheres Feiern steht – mit allem, was dazu gehört. Rund 25 von „Pipapo“ ausgebildete Freiwillige sind üblicherweise auf Konzerten, Partys oder Festivals unterwegs, um dort mit Feiernden über Themen wie Sexualität, HIV, aber auch Drogen und deren Wirkungen und Nebenwirkungen zu reden. Ihre Gesprächspartner sind meist im Alter zwischen zwölf und 30 Jahren. Seit der Corona-Pandemie finden Treffen im Sitz von „4motion“, 71-73 in der rue Adolphe Fischer im hauptstädtischen Bahnhofsviertel, statt. Wurde erst einmal ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, berichten Menschen bei diesen Begegnungen offen von ihren Erfahrungen mit Drogen.
Auszeit durch Cannabis
Deshalb wissen Carlos Paulos und sein Team, dass neben Alkohol und Tabak Cannabis schon längst zum Partyalltag in Luxemburg dazu gehört. „Wir reden hier von Freizeitkonsum, besonderen Momenten, die nicht alltäglich sind – Auszeitmomenten“, erklärt Paulos. Bei Veranstaltungen haben Menschen die Möglichkeit, einen Fragebogen zum eigenen Konsumverhalten auszufüllen. Für das Jahr 2019 ergab diese anonyme Befragung von „Pipapo“, dass von rund 2.000 Teilnehmern 41 Prozent in den vergangenen zwei Wochen vor Ausfüllen des Fragebogens Cannabis konsumiert hatten. Damit befindet sich Cannabis auf Platz zwei, nach Alkohol mit rund 87 Prozent und gefolgt von Tabak mit 38 Prozent. Die Auswertung der Umfrage von 2020 ist laut Paulos noch nicht abgeschlossen, allerdings zeichnet sich keine erhebliche Veränderung ab und bei den am meisten konsumierten Drogen bleibt es bei der Reihenfolge „Alkohol, Cannabis, Tabak“.
„Pipapo“ – sicher feiern mit allem Drum und Dran
Das Projekt „Pipapo“ wurde 2016 von der Vereinigung „4motion“ gestartet und will Risiken beim Feiern reduzieren. Interessierte absolvieren dafür eine 20-stündige Ausbildung, um mit „Pipapo“ auf Veranstaltungen präsent zu sein.
Das Team informiert dann über Risiken von beispielsweise ungeschütztem Geschlechtsverkehr, aber auch über (Neben-)Wirkungen von Tabak, Alkohol, Cannabis und anderen Drogen. Außerdem können sich Interessierte dienstags zwischen 16 und 20 Uhr an das Team in der hauptstädtischen rue Adolphe Fischer wenden, um über diese Themen zu sprechen.
Konsumenten können bei „Pipapo“ auch Proben ihrer Drogen abgeben, um diese kostenlos überprüfen zu lassen. In Zusammenarbeit mit dem „Laboratoire national de Santé“ (LNS) werden dann Inhalt und Zusammensetzung analysiert. So erfährt der Käufer, welche Inhaltsstoffe eine Substanz genau enthält und wie stark die Wirkung ausfallen kann. Die Konsumenten entscheiden dann selbst, ob sie die Droge nehmen wollen oder nicht. Per Telefon (+352 26 54 05 24-69), E-Mail an pipapo@4motion.lu oder über die Facebook-Seite von „Pipapo“ kann man Kontakt aufnehmen und einen Termin vereinbaren.
Schwierig sei Konsum immer dann, wenn dieser fester Bestandteil des Alltags sei. „Assoziiert man jeden Feierabend mit Konsum, kann das zum Problem werden“, meint Paulos. In solchen Fällen schaut „Pipapo“ gemeinsam mit Betroffenen, wie diesen geholfen werden kann, und orientiert sie an die entsprechende Adresse weiter. „Wir bieten hier keine therapeutische Arbeit. Aber wenn der Konsum problematisch ist, besprechen wir das zusammen.“ Um beim Beispiel von Cannabis zu bleiben: Der Konsum kann zwar durchaus zu Entspannung oder Heiterkeit, aber auch zu psychischer Abhängigkeit führen. Wenn das Gras oft in Form von Joints geraucht wird, kommt das Risiko von Atemwegserkrankungen hinzu.
Regeln für Konsum
Was nun die angekündigten Maßnahmen der Politik in Bezug auf den Besitz von Cannabispflanzen angeht, geht der Verhaltenspsychologe nicht unbedingt davon aus, dass dies große Änderungen mit sich bringen wird: „Erfahrungswerte aus anderen Länder zeigen, dass nicht mehr oder weniger eingenommen wird, sobald die Verfügbarkeit größer ist. Es ist bereits Realität, dass in Luxemburg Cannabis konsumiert wird und viele Leute überschreiten dabei permanent das Gesetz“, stellt Paulos fest. Die angekündigten Maßnahmen böten nun die Möglichkeit, diese Menschen aus der Illegalität zu nehmen und den Konsum zu regeln. Damit dieser sicherer werden könne.
Carlos Paulos sieht dabei Parallelen zu Alkohol und Tabak, für die klar geregelt ist, wer verkaufen und kaufen und wer wo konsumieren darf. „Freizeit und Berufsleben müssen beispielsweise klar getrennt werden, bei der Arbeit darf man meistens ja auch nicht trinken.“ Zudem müssten eventuell Orte geschaffen werden, wo der Konsum möglich ist. Denn da nicht jeder einen Balkon oder Garten habe oder in Mietwohnungen das Rauchen verboten sei, hätte nicht jeder die Möglichkeit, zu Hause Cannabis zu rauchen. „Wenn die Leute dann dafür vor die Haustür gehen, sind sie im öffentlichen Raum und damit wieder in der Illegalität“, gibt Paulos zu bedenken.
Menschen vorbereiten
Es gibt also noch viel zu tun und das geschieht nicht von heute auf morgen. Deshalb sieht man bei „Pipapo“ auch etwas Gutes daran, dass es, wie von Justizministerin Sam Tanson angekündigt, noch bis zu anderthalb Jahren dauern könnte, bis der Anbau tatsächlich erlaubt ist. Denn: „Hier ist nicht nur die ‚Santé’ gefragt, sondern eben auch Justiz, Polizei und die Erziehung. Hinzu kommt der Druck von den drei Nachbarländern, die alle ganz verschiedene Positionen vertreten“, erklärt Paulos. Das Feld müsse nun vorbereitet werden: Das Thema Cannabis soll enttabuisierst, aber gleichzeitig nicht verharmlost werden. Dafür müssen sachliche Diskussionen geführt und Präventionsmaßnahmen getroffen werden.
„Pipapo“ will seinen Beitrag dazu leisten und wird die Menschen weiterhin unter anderem über das Thema Cannabis informieren. Dazu will das Team schon bald wieder verstärkt auf Partys und in Clubs unterwegs sein – so lange die aktuelle Lage um Corona das zulässt.
Auf der Internetseite pipapo.lu wird über Termine informiert, allerdings werden wegen der ungewissen Lage dort aktuell keine Daten angezeigt. Deshalb steht die Tür vom „4motion“ mit Sitz in der rue Adolphe Fischer auch weiterhin dienstags von 16 bis 20 Uhr jedem offen.
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Ginn et da wéinstens Stecklingen am Cactus ze kafen?