Porträt / Carole Dieschbourg: Die Umweltkämpferin
Eine Politikerin, die für die Umweltpolitik lebt und ihre Ideale auf nationaler und internationaler Ebene verteidigt: Als Ministerin kämpfte Carole Dieschbourg für den Umweltschutz, die biologische Vielfalt und gegen die Atomkraft. Im eigenen Land sah sie sich jedoch immer wieder harscher Kritik und dem Vorwurf des Klüngelns ausgesetzt.
Das Umweltministerium befindet sich in dem Hochhaus auf Kirchberg. Die großen Fenster bieten einen Blick über die ganze Stadt. Es ist die beste Aussicht, die ein Minister in Luxemburg haben kann. In diesen Räumen ist Carole Dieschbourg am Freitag von ihrem Amt zurückgetreten. Dieschbourg hielt ihre Pressekonferenzen aber auch gerne – statt im Elfenbeinturm – mitten in der Natur ab. Auf einer Weide, von Rindern umgeben zum Beispiel, auf einer Waldlichtung oder auf einer blühenden Verkehrsinsel im Dorf.
Begonnen hat alles in Echternach – im Osten des Landes. Dort – in ihrer Heimatstadt – wurde Dieschbourg 2011 zum ersten Mal Gemeinderätin. Eine Ochsentour blieb der jungen Grünen-Politikerin erspart, denn dank der vorgezogenen Neuwahlen und des beachtlichen Erfolgs ihrer Grünen-Partei konnte sie bereits 2013 Umweltministerin in der damals neuen rot-grün-blauen Regierungskoalition werden. Bei den Wahlen 2018 konnten die Grünen ihren Erfolg wiederholen und Dieschbourg zog zum zweiten Mal ins Umweltministerium ein.
Vor ihrer politischen Karriere hatte Dieschbourg in Trier Germanistik studiert und war bis zu ihrer Ernennung zur Ministerin Teil der Geschäftsführung von Moulin J.P. Dieschbourg. Der Betrieb, der seit 1987 ihrer Familie gehört, sollte im Laufe der kommenden Jahre immer wieder eine Rolle spielen.
Eine Grüne im Umweltministerium? Das ergibt irgendwie Sinn und es ist keine Übertreibung, zu sagen, dass Dieschbourg ihre umweltpolitischen Positionen sehr engagiert vertreten hat – ob national oder international. „Die Umwelt war Caroles Antrieb und Motivation“, sagt Josée Lorsché, die Vorsitzende der Grünen-Partei, gegenüber dem Tageblatt. Dieschbourg habe mit vollem Engagement Umweltpolitik gemacht. Die beiden Politikerinnen kennen sich seit langem aus verschiedenen Parteigremien. „Ich habe sie als überzeugte Umweltaktivistin erlebt, die auch bereit ist, sich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen“, erinnert sich Lorsché – dafür, „datt eppes bougéiert zu Lëtzebuerg“.
Das drückte sich manchmal in einer für Umweltpolitiker untypischen Form aus, zum Beispiel 2018 in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem damaligen Finanzminister Pierre Gramegna (DP), in der beide die Bemühungen der EU-Kommission lobten, die Finanzwelt nachhaltiger zu gestalten. Dieschbourg ist überzeugt, dass Umweltpolitik alle Ressorts betrifft und weiß um die Bedeutung des Finanzsektors für die Umweltpolitik.
Als die EU-Kommission Ende 2021 ihren Vorschlag für eine „Taxonomie“ veröffentlichte und sich herausstellte, dass Atomkraft und Gas zu den nachhaltigen Investitionen gezählt werden sollten, liefen Dieschbourg und einige Amtskollegen (darunter die Österreicherin Leonore Gewessler) Sturm dagegen.
Weg vom Atom
Auf europäischer Ebene vertrat Dieschbourg Luxemburg als Teil einer informellen Allianz von Ländern, die sich gegen den Ausbau der Atomkraft aussprechen. Die Bedrohung durch den Klimawandel hat die Atomkraft wieder ins Gespräch gebracht und Dieschbourg hat immer ihre Position vertreten, dass sie eben keine gute Lösung ist, um den Klimawandel aufzuhalten. Diese Meinung hatte sie zuletzt etwa zusammen mit Amtskollegen auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow vertreten. Zusammen mit Regierungskollegen legte Dieschbourg überdies ein Gesetz vor, das die Betreiber ausländischer Atomkraftwerke für mögliche Schäden in Luxemburg durch eine nukleare Katastrophe haftbar machen soll.
2015 koordinierte Dieschbourg die Position der Europäischen Union auf der Weltklimakonferenz COP21 in Paris. In diese Zeit fällt auch einer der wohl ungewöhnlichsten Momente in Dieschbourgs Karriere: Als Vorsitzende des Rates der EU-Umweltminister besuchte die Luxemburgerin zusammen mit ihren Amtskollegen Papst Franziskus.
Im Laufe der Jahre sah Dieschbourg sich aber oft auch Kritiken ausgesetzt, die nicht ihre umweltpolitischen Positionen betrafen, sondern die Führung ihrer Verwaltung. Oft genug wurde darin auch die Familie der Ministerin verwickelt. Etwas, das die Ministerin bei ihrem Rücktritt bedauert hat.
Später wurde die Ministerin mit der Kritik konfrontiert, das Familienunternehmen ihrer Eltern halte sich nicht an die Bestimmungen zur Verpackungsrücknahme von 2017 – d.h. es sei der Pflicht nicht nachgekommen, einen Vertrag mit dem Abfallentsorger Valorlux zu machen oder selbst ein Rücknahmekonzept auszuarbeiten. Die ihrem Ministerium unterstellte Umweltverwaltung ist dafür verantwortlich, den säumigen Firmen auf die Finger zu klopfen. Dieschbourg verteidigte sich, sie habe 2013 einen „klaren Cut“ mit dem Unternehmen gemacht, um Betrieb und Mandat zu trennen, so wie es sich gehöre, und habe darüber nicht Bescheid gewusst.
2021 musste Dieschbourg sich in der SuperDrecksKëscht-Affäre verteidigen. Ihrem Umweltamt wurde zu Last gelegt, seit Schaffung der SuperDrecksKëscht 1990 immer die gleiche Firma mit der Durchführung der Abfallwirtschaft zu betrauen und so ein „mit Steuergeldern finanziertes Monopol“ geschaffen zu haben. Dieschbourg ließ Anwälte ein Audit durchführen. Diese konnten aber keine Gesetzeswidrigkeiten feststellen, sahen jedoch Raum für Verbesserungen bei der Vergabe.
Dieschbourgs Rücktritt ist letztlich die Folge der sogenannten Gartenhaus-Affäre, die bereits die politische Karriere ihres Parteikollegen, des ehemaligen Bürgermeisters von Differdingen, Roberto Traversini, beendet hatte. Traversini wurde vorgeworfen, er habe an seinem Gartenhaus in einem Naturschutzgebiet Umbauten ohne die notwendige Genehmigung vornehmen lassen. Dieschbourg wird beschuldigt, ihrem Parteikollegen die notwendige Genehmigung nachträglich erteilt zu haben. Es ist umstritten, ob diese Baugenehmigung rechtmäßig war. Dieschbourg trat zurück, nachdem die Staatsanwaltschaft die Akte an den Parlamentspräsidenten weitergeleitet hatte, damit die Abgeordneten über die Aufhebung der Immunität der Ministerin entscheiden.
Dieschbourg habe ihre Arbeit immer gewissenhaft gemacht, glaubt Parteikollegin Josée Lorsché. Umso schmerzhafter sei Kritik. Dieschbourg sei über die Jahre einer großen Belastung ausgesetzt gewesen, sagt Lorsché und bezieht sich dabei insbesondere auf Angriffe in den sozialen Medien. Die Partei erhalte viele beleidigende Kommentare, und oft werde Dieschbourg namentlich genannt. Häufig gingen die Kommentare unter die Gürtellinie und bewegten sich am Rande dessen, was angezeigt werden kann. Klar sei das belastend.
Am Freitag gab Carole Dieschbourg also ihren Rücktritt bekannt – unter dem respektvollen Applaus ihrer Mitarbeiter. Auch drei Jahre nach Beginn der Affäre habe sie sich nichts vorzuwerfen, beteuert Dieschbourg. Ihr Amt übernimmt vorübergehend ihr Parteikollege Claude Turmes.
Was waren ihre nationalen Erfolge ? Welche wichtigen Veränderungen hat sie ohne eine EU-Richtlinien vorgenommen?
ausser Velospisten aweihen,kann ech mech net un „Innovatives“ erenneren.Also „Kämpferin“ ass elo wirklech dat falscht Wuert.Dei Fra huet irgendwei eng Statistenroll an der Politik gefouert.