Editorial / „Catcalling“ ist eine Respektlosigkeit
Ob Rufe, Pfiffe oder unangebrachte Sprüche wie „Bei sou engem Decolleté muss een einfach upaken“, sie werden von den Frauen, denen das passiert, so schnell nicht mehr vergessen. Diese verbalen Ausfälle werden auch noch als „Catcalling“ bezeichnet. Das „Catcalling“ passiert oft in aller Öffentlichkeit, wird von anderen meistens nicht wahrgenommen: Alleine bei der Betroffenen – zum Großteil werden Frauen zur Zielscheibe solcher Verfehlungen – bleibt ein Gefühl des Ekels und der Verunsicherung zurück.
Im sozialen Netzwerk Instagram wird mit der „@catcallsof“-Bewegung dafür gesorgt, dass dieses Phänomen nicht mehr ungehört und ungesehen bleibt. Die Inhaberinnen der Accounts „kreiden“ diese Sprüche „an“: Sie schreiben den Wortlaut mit Kreide auf die Straße und veröffentlichen online Fotos davon. Die sozialen Medien mögen viel Negatives mit sich bringen, doch auf diesem Weg können schneller viel mehr Menschen auf ein Problem aufmerksam gemacht werden. Und durch das Ankreiden werden Personen erreicht, die nicht in den sozialen Medien unterwegs sind.
In vielen Städten weltweit funktionieren solche Accounts. Die Bewegung macht deutlich, dass Frauen die verbalen Respektlosigkeiten nicht mehr einfach so hinnehmen – auch wenn die Frauen in dem Moment, in dem es passiert, oft nicht wissen, wie sie darauf reagieren sollen. Ob sie es ignorieren oder den „Catcaller“ ganz klar in der Öffentlichkeit auf sein Fehlverhalten hinweisen: Jede Frau muss für sich überlegen, welche Reaktion für sie am besten funktioniert. Und wie sieht es mit der rechtlichen Seite aus? In einigen Ländern – dazu gehört Frankreich – wird die sexistische Beleidigung im öffentlichen Raum seit 2018 mit Bußgeldern bestraft. Hierzulande ist dies nicht der Fall.
Ein Argument, das oft angeführt wird, um das „Catcalling“ herunterzuspielen, ist, dass diese Sprüche als Kompliment gemeint seien. Doch welche Frau möchte Sätze wie „Du hast aber schöne Brüste“ oder „Uhlalala, das ist aber ein kurzer Rock“ hören? Auch wenn sich diejenigen, die diese Sätze von sich geben, wenig Gedanken darüber machen: Bei den Betroffenen wirken die Sprüche lange nach.
In Luxemburg hat die Studentin Anne Schmitz @catcallsofluxembourg ins Leben gerufen. In einer Woche erhalte sie bis zu 100 Nachrichten, erzählt sie in einem Tageblatt-Artikel. Viele davon werden ihr anonym zugeschickt. Ein Zeichen dafür, dass sich immer noch viele dessen schämen, was ihnen im öffentlichen Raum passiert ist.
Traurig genug, dass erst eine Bestrafung mit Bußgeld im Raum stehen muss, damit Frauen ohne Belästigung über die Straße gehen können. Die Gesellschaft muss sich bewusst machen, wo die Grenzen des anderen liegen: Sobald sich das Gegenüber verunsichert und unwohl fühlt, dann ist genau dort diese Grenze erreicht – und das gilt nicht nur für das Thema „Catcalling“.
„Die Gesellschaft muss sich bewusst machen , wo die Grenzen des anderen leihen“. Wie die Gesellschaft mit ihren älteren Mitmenschen umgeht, ist Zeugnis welche Werte diese Gesellschaft vertritt. Als ältere Mitbürger , immer mehr höre ich dies auch von vielen Bekannten , muss man sich in Geschäften, in der Öffentlichkeit gefallen lassen, man als älterer Bürger senil sei , der Allgemeinheit durch die auf der Tasche läge, Corona bedingt auf uns Rücksicht genommen werden muss, auf Bürgersteigen angepöbelt wird dem pressierten Radler, Tretrollerfahrer nicht schnell genug zur Seite springen kann, die Politik die Rentner als „Melkechkouh benotzt „ oder wie jetzt zur Pandemiezeit einfach interniert wurden,….. Nach „ Metoo, BLM,Catwalking „, müsste jetzt auch schnell ein Spruch „ fir ons Aal „ her. Aber das wird Illusion bleiben, sind wir längst von dieser Gesellschaft auf das Abstellgleis ins Nirwana abgeschoben.
Auch wir Männer müssen manchmal Tomcatcalling ertragen.
@Wieder Mann: Gut, dass Sie dieses Thema hier aufgreifen. Sehr „beliebt“ ist ja auch genervtes Hupen, wenn jemand mit Rollator nicht schnell genug (für das Empfinden des Fahrers) über die Strasse kommt