Interview / CEO von Lux-Airport über Parkplatzmangel, Corona-Jahre und Immobilienprojekte
Alexander Flassak ist seit Anfang Dezember offiziell der neue CEO von Lux-Airport. Er übernimmt damit ein Unternehmen, das laut ihm ein „Verlierer der Corona-Pandemie“ ist. Im Tageblatt-Interview spricht der Geschäftsführer über ausgebuchte Parkplätze, den Wettbewerb um erfahrenes Personal und zukünftige Immobilienprojekte.
Tageblatt: Herr Flassak, Sie sind seit Kurzem neuer CEO von Lux-Airport. Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger?
Alexander Flassak: René Steinhaus hat im Frühjahr 2022 entschieden, sich neuen, spannenden Herausforderungen zu stellen. Bis dahin haben wir viele Jahre konstruktiv und vertrauensvoll zusammengearbeitet. Der Führungswechsel steht für Kontinuität, nicht für einen Richtungswechsel.
Trotzdem gibt es doch sicher Verbesserungspotenzial?
Wir streben nach kontinuierlicher Verbesserung, sowohl in den Prozessen, Abläufen als auch in der Infrastruktur. So erhöhen wir auf Basis der Erfahrungen aus dem Jahr 2022 die Anzahl der Parkplätze und realisieren eine sechste Sicherheitslinie im Terminal und stellen dementsprechend zusätzliches Personal ein.
Stichwort Parkplätze: François Bausch hat vor ein paar Monaten erwähnt, dass es dort teilweise zu Engpässen kommt. Wie gehen Sie gegen das Problem vor?
In der Tat, in absoluten Spitzenzeiten ist es möglich, dass alle Parkplätze ausgebucht sind. Daher empfehlen wir grundsätzlich, bei Anreise mit dem eigenen Pkw den Stellplatz mit ausreichend Vorlauf auf www.airportparking.lu zu reservieren. Wir hatten 2019 etwa 7.500 Parkplätze und durch Neuorientierung der Markierung sind wir mittlerweile auf 7.866. Außerdem wollen wir die angemieteten Parkplätze von Kunden aus den umliegenden Büros reduzieren. Die Verträge laufen aus und zum Teil werden sie auch gekündigt. Für 2023 bauen wir zudem zwei weitere ebenerdige Parkplätze – die sind zwar noch in den Studien, aber wir gehen von insgesamt etwa 150 Parkplätzen aus. Die 7.500 Parkplätze reichten 2019 für 4,4 Millionen Passagiere. Wir hatten dieses Jahr – und voraussichtlich auch nächstes – weniger Passagiere.
In absoluten Spitzenzeiten ist es möglich, dass alle Parkplätze ausgebucht sind
Aber warum reichen die Parkplätze während der Stoßzeiten nicht aus, obwohl weniger Menschen fliegen?
2019 hatten wir zwar mehr Passagiere, aber die Airlines fliegen mittlerweile in kürzeren Abständen, wodurch wir die Spitzenzeiten von 2019 deutlich überschreiten. Das spiegelt sich bei Check-in, Security und auch Parkplätzen wider. Wir geben den Airlines maximale Flexibilität, damit sie sich ihre Slots selbst heraussuchen und ihre Flüge optimieren können. Das führt dann allerdings dazu, dass durch Zufallstreffer die Peaks relativ hoch sind.
Können Sie die Slots nicht restriktiver gestalten?
Das ist die Grunddiskussion, die wir momentan mit den Airlines haben. Sie sehen die Schlangen im Terminal ja auch und verstehen das. Wenn das gar nicht funktioniert, dann müsste man auf ein restriktiveres Slotmanagement umschwenken. Weil wir ein gutes Verhältnis mit den Airlines haben, klappt das trotzdem relativ gut. Wir wollen die Zwangsmittel, auf die man später einmal zurückgreifen könnte, also noch nicht einsetzen.
Alexander Flassak
Alexander Flassak startete 2014 bei Lux-Airport als Chief Financial Officer und Head of Real Estate Development. Zuvor war der Deutsche neun Jahre lang bei Ernst & Young in Frankfurt und Luxemburg tätig. Er besitzt vier Universitätsabschlüsse und übernahm 2012 eine Vertretungsprofessur für Finanzen in Mainz. Er hat Lehrbücher im Bereich Forderungs- und Risikomanagement verfasst und wurde 2016 als „CFO des Jahres“ ausgezeichnet. Alexander Flassak ist Präsident des Verwaltungsrats von Airport-Energy, einer 50-prozentigen Tochtergesellschaft von Lux-Airport.
Der Flugverkehr hat zwei spezielle Jahre hinter sich. Wie hat sich die Corona-Krise auf Lux-Airport ausgewirkt?
Zunächst einmal hatten wir über zweieinhalb Jahre massive Einnahmeverluste zu verzeichnen. Im Grunde war von einem Tag auf den anderen der Passagierstrom unterbrochen, teilweise war sogar die Öffnung der Shops im Terminal untersagt. Das hat zu massiven Einnahmeverlusten geführt, nicht nur über Wochen und Monate, sondern Jahre. Dadurch, dass wir als resilienter Arbeitgeber weder Mitarbeiter entlassen noch vom „Chômage partiel“ Gebrauch machen wollten, sind bestehende Reserven für bevorstehende Investitionsprojekte, die wir mühsam in den Vorjahren der Pandemie aufgebaut haben, rasend schnell abgeschmolzen. Hinzu kamen erschwerend Materialpreissteigerungen, Inflation und steigende Finanzierungskosten. Lux-Airport ist damit leider ganz sicher einer der Verlierer der Corona-Pandemie.
Lux-Airport ist leider ganz sicher einer der Verlierer der Corona-Pandemie
Welche Einnahmequellen hat Lux-Airport eigentlich?
Schwierige Pandemiejahre
Ende 2020 musste der Findel ein Minus von 68 Prozent bei den Passagieren verzeichnen. Im Vorjahr hatte sich der Luxemburger Flughafen noch über einen neuen Rekord gefreut: insgesamt 4,42 Millionen Passagiere. Nun waren es 2020 nur noch 1,4 Millionen, eine Zahl, wie sie zuletzt 17 Jahre zuvor verzeichnet wurde. Auch im Jahr 2021 blieben die Zahlen eher schlecht. Erst ab Juli stiegen sie wieder über die Marke von 200.000 Passagieren pro Monat. Am Jahresende waren 2,01 Millionen Passagiere gezählt worden. Vor allem bei Geschäftskunden hatten sich die Zahlen noch nicht wieder erholt.
2022 dann die Wende: Im April wurden erstmals seit Corona wieder mehr als 300.000 Passagiere am Findel gezählt. Im Juni waren es dann wieder über 400.000 (407.071). Nur in den vier Sommermonaten von 2019 hatte der Luxemburger Flughafen noch bessere Zahlen verbucht als im Juni 2022. Im Juli 2022 folgte dann ein neuer absoluter Rekord: 434.621 Passagiere. Noch nie wurden in einem Monat am Luxemburger Flughafen innerhalb eines Monats mehr Passagiere verzeichnet – 9.677 mehr als im Juli 2019. Trotz des Plus von etwa 10.000 Passagieren im Juli wurden in den ersten sieben Monaten von 2022 insgesamt immer noch rund 300.000 Passagiere weniger gezählt als 2019. (cm)
Die Start- und Landegebühren machen einen großen Teil aus. Auch die Passagiergebühren, die von den Airlines an die Passagiere weitergegeben werden, spielen eine wichtige Rolle. Eine der Haupteinnahmequellen sind die Parkgebühren und die Shops, die entweder umsatzbezogene Mieten oder Flächenmieten zahlen. Deswegen hat uns die Corona-Pandemie auch so hart getroffen.
Hinzu kommen dann auch noch die Immobilien-Projekte …
Genau. Wir haben das Cargolux-Headquarter vor einigen Jahren gebaut, das ist eine stabile Einnahmequelle – die Airline zahlt uns in dem Fall eine Flächenmiete. Wir haben aber auch noch andere Gebäude, die Mieterträge sicherstellen. Das Terminal benutzen wir zum Teil selbst, vermieten aber auch Büros an Luxair und auch beim Luxair-Catering-Gebäude sind wir Vermieter. Außerdem bauen wir aktuell die neue Feuerwache, die vom CGDIS angemietet werden wird. Es ist unsere gesetzliche Mission, die Grundstücke nach und nach zu entwickeln. Trotzdem sind die Einnahmen noch immer zum sehr, sehr großen Teil Flug-bezogen. Das soll ja auch so sein, aber man hat während der Pandemie gesehen, dass das sehr große Konsequenzen hatte. Trotz des finanziellen Schadens haben wir entschieden, konsequent an der Zukunftsausrichtung zu arbeiten, Projekte weiterzuführen und den Personalstand nicht zu reduzieren. Wahrscheinlich sind wir einer der ganz wenigen Flughäfen, die während der Pandemie den Personalbestand erhöht haben.
Wie einfach ist es denn, das richtige Personal zu finden?
Sehr schwierig. Es gibt einen Wettbewerb um Talente. Insbesondere wenn es um flughafenerfahrenes Personal geht, stehen wir im direkten Wettbewerb mit unseren europäischen Nachbarn, die mitunter massiv Personal abgebaut haben, das jetzt wieder schnell nachbesetzt werden muss. Für Arbeitssuchende ist Luxemburg als Standort grundsätzlich interessant und wir sind ein deutlich bedeutenderer Flughafen als viele andere in der Umgebung. Wir haben auch gezeigt, dass wir ein stabiler Arbeitgeber sind, weil wir einer der ganz wenigen Flughäfen sind, die kein Personal abgebaut haben. Was die Gehälter betrifft, sind wir im Flughafenbereich schon vor den Nachbarländern – aber natürlich gibt es auch Profile, die überall in Luxemburg gesucht werden.
Welche Rolle spielt Lux-Airport im internationalen Vergleich?
Der Flughafen Luxemburg ist, bezogen auf die Passagierzahlen, noch immer in der Kategorie eines Regionalflughafens. Aufgrund der Besonderheit als einziger Flughafen Luxemburgs, des hohen Anteils der Geschäftsreisenden und der Bedeutung für die Konnektivität der Großregion ist er aber von außerordentlich großer Bedeutung. Im Cargo-Bereich ist der Lux-Airport ohnehin einer der bedeutendsten in Europa.
Tatsächlich wird der Flughafen eher für Direktziele und als Zubringer für die europäischen Hubs genutzt, allerdings sehen wir mit der steigenden Anzahl an Reisezielen – aktuell mehr als 110 – auch eine zunehmende Zahl an Umsteigern. Das wird sicher noch weiter zunehmen.
Dadurch steigt die Zahl der Flüge und verschlimmert das Lärmproblem für Menschen, die in Flugschneisen wohnen. Was kann der Flughafen in dieser Hinsicht unternehmen?
Die Flugrouten sind streng reglementiert und vorgegeben, sie sind also nicht im Ermessen der Airlines. Wir haben noch immer weniger Flugbewegungen und auch deutlich weniger Passagiere als vor der Pandemie. Damit sollte auch die Belastung der Anwohner, auch wenn subjektiv anders empfunden, unter der Belastung der Vorpandemie sein.
Lux-Airport will bis 2030 CO2-neutral sein. Was ist beim Flughafen der größte Verschmutzer und wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?
Wenn wir von den Zielen von Lux-Airport sprechen, bezieht sich das als Infrastrukturbereitsteller auf alle Infrastrukturen und Gebäude. Die im Wesentlichen verbleibenden CO2-Verursacher sind insbesondere Ölheizungen in alten Hangar-Gebäuden und die Fahrzeugflotte. Alte Gebäude werden sukzessive ersetzt, ebenso die Fahrzeugflotte. Es gibt einen dezidierten Plan, dem wir konsequent folgen, um 2030 auch ohne Kompensationsmaßnahmen CO2-neutral zu sein.
In diesem Zusammenhang spielt natürlich auch das Enteisungsprodukt Glykol ein wichtige Rolle. Der Flughafen hat vergangenes Jahr sogenannte „Sweeper“-Fahrzeuge gekauft, um die umweltschädliche Enteisungsflüssigkeit aufzusaugen. Wie funktioniert das?
Diesen Winter – wie bereits vergangenen Winter – werden wir weiterhin Glykol aufsaugen, lagern und in Abstimmung mit den Kläranlagen schrittweise abgeben. Wir haben ein relativ großes Becken und wir gehen sicher, dass immer nur Mengen abgegeben werden, die von den Kläranlagen bewältigt werden können. Das läuft schließlich über die normalen Abwasserleitungen in die Kläranlage.
Welche andere Infrastrukturprojekte sind für die Zukunft geplant?
Am Flughafen wird stets gebaut. Wir haben gerade erst die zwei Jahre andauernden Arbeiten an der Runway beendet. Diese Runway-Renovierung passiert vielleicht alle 30 Jahre in dieser Intensität. Wir sind auch dabei, die neue Feuerwache und den Luxair-Maintenance-Hangar zu realisieren. Zudem renovieren wir kontinuierlich die bestehende Infrastruktur. Wir bereiten aktuell Renovierungsarbeiten der Taxiways und Aprons vor, darüber hinaus ist die Ausschreibung einer neuen Fuel Farm in Vorbereitung. Außerdem bauen wir eine komplette Airport City – das ist alles, was sich vor dem Terminal befindet. Dort befinden sich momentan nur ebenerdige Parkings und die werden nun nach und nach entwickelt.
Welche Rolle spielt das Skypark Business Center dabei?
Wir arbeiten seit mehreren Jahren an der Diversifizierung der Einnahmequellen und der kontinuierlichen Entwicklung der Immobilieninfrastruktur am Flughafen. So wird künftig auch das Skypark Business Center dazu beitragen, dass der Flughafen Krisen im Flugsektor aufgrund stabiler Einnahmequellen besser absorbieren kann.
Alexander Flassak über das Skypark Business Center
„Das Skypark Business Center – als eines der größten Holzgebäude Europas – nimmt zunehmend Form an. Inzwischen laufen parallel die Fassadenarbeiten und die technische Gebäudeausrüstung. Das Gebäude selbst beherbergt Büroflächen für flughafenbezogene Nutzer und Dritte und eine Mall mit Geschäften und Restaurants. Komplementär zum Angebot im Terminal entsteht dort außerdem ein Moxy-Hotel mit rund 130 Zimmern, Services wie Fitness und einer Crèche für Mieter und Flughafenangestellte. Außerdem zählt die Struktur rund 1.500 zusätzliche Parkplätze.“
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“ Eine der Haupteinnahmequellen sind die Parkgebühren“
Wenn der Tram bis zum Findel fährt, dann gibt sich das.
Besonders da man seit Jahren seine Koffer mit SemdMyBags im Vorhinein ins Hotel und zurück schicken kann.