Neues Programm / Cesas will stärker gegen sexuelle Gewalt vorgehen
Das Luxemburger „Centre national de référence pour la promotion de la santé affective et sexuelle“ erweitert sein Programm zur Sensibilisierung bezüglich sexueller und emotionaler Gesundheit. Das Zentrum hat in einer Pressemitteilung erklärt, wie das während der Corona-Krise funktionieren soll und was dabei an Veranstaltungen ansteht.
Die sexuelle und emotionale Gesundheit hat einen großen Einfluss darauf, wie es um das Allgemeinbefinden von uns Menschen bestellt ist. Das stellt das Luxemburger „Centre national de référence pour la promotion de la santé affective et sexuelle“ (Cesas) in einer kürzlich veröffentlichten Pressemeldung klar. „Die emotionale und sexuelle Gesundheit ist ein wichtiger und untrennbarer Bestandteil des körperlichen, geistigen und psychischen Wohlbefindens eines jeden Menschen und betrifft uns alle“, heißt es darin. Deshalb will das 2018 ins Leben gerufene Zentrum weiter Aufklärungsarbeit zu dem Thema betreiben – und sie, gerade in der Corona-Krise, erweitern. „Die aktuelle Gesundheitskrise und ihre vielfältigen Auswirkungen erfordern besondere Aufmerksamkeit für die sexuelle und emotionale Gesundheit und die Auswirkungen der Krise auf gefährdete Menschen“, schreibt das Cesas in der Mitteilung.
Laut dem Zentrum zeigen die aktuellen Zahlen, dass geschlechtsspezifische Gewalt sowie sexuelle Gewalt und sexueller Missbrauch nach wie vor eine traurige Realität mit schweren Folgen für die Betroffenen sind. Cesas wolle sich deshalb zukünftig dem Thema Gewalt stärker widmen und dazu beitragen, dass die Betreuung von Opfern verbessert wird. Dafür werde sich künftig eine Cesas-Mitarbeiterin schwerpunktmäßig, aber nicht ausschließlich mit dem Thema „Gewalt und Affektive und sexuelle Gesundheit“ befassen. Dies wolle Cesas im Verbund mit den im Gewaltbereich spezialisierten Strukturen erreichen. Das Projekt stehe allerdings erst am Anfang und wird sich über das Jahr 2021 erstrecken.
In Luxemburg befassen sich laut Cesas eine Vielzahl von Akteuren, Organisationen und Institutionen mit dem Thema sexuelle und emotionale Gesundheit. In der neuen Cesas-Netzwerkbroschüre sollen 107 Einrichtungen aufgelistet werden, die in 15 Kategorien unterteilt sind. Dabei sollen zwei neue Kategorien auftauchen – die Hypersexualisierung und die Gleichberechtigung der Geschlechter. Sensibilisierung und Ausbildung bleibe weiterhin die Priorität für Cesas.
Als Reaktion auf die große Nachfrage gab es laut dem Cesas-Schreiben gestern einen neuen Online-Fortbildungskurs – für Fachleute, die mit Kleinkindern arbeiten. Heute wird er ein weiteres Mal angeboten. „Sexualität ist bei Kleinkindern von Natur aus vorhanden, und angepasste und wohlüberlegte Reaktionen eines Fachmanns fördern die Entwicklung der Affektivität und Sexualität eines Kindes“, erklärt das Cesas in der Pressemitteilung. Ziel sei es, dass das Kind seinen Körper, seine Wünsche und seine Grenzen kennenlernt, insbesondere um sexuellem Missbrauch vorzubeugen.
Mit einer ersten Ausbildung mit Studenten des Bachelor of Medicine an der Universität Luxemburg will das Cesas laut der Pressemeldung zudem künftige Ärzte ausbilden. Im Januar 2021 werde in Zusammenarbeit mit der luxemburgischen Vereinigung für medizinische Weiterbildung (Alformec) außerdem eine Fortbildung für Allgemeinmediziner stattfinden. Vom 7. bis zum 11. Dezember soll die zweite Cesas-Woche zur Sensibilisierung für emotionale und sexuelle Gesundheit auf die Beine gestellt werden. Während dieser fünf Tage sollen Akteure aus der Praxis eine Reihe von Aktivitäten, Veranstaltungen und Workshops für Fachleute und die breite Öffentlichkeit vorstellen. Das Programm soll im November bekannt gegeben werden.
Häusliche und sexuelle Gewalt während der Krise
In der Pressemitteilung geht das Cesas auch auf die Auswirkungen der Corona-Krise auf die sexuelle Gesundheit der Menschen ein. Zum Beispiel habe die Krise die Menschen während der Ausgangsbeschränkungen im Großherzogtum davon abgehalten, neue emotionale oder sexuelle Beziehungen zu finden, aufzubauen oder aufrechtzuerhalten. Abendliche Bar-Besuche oder Verabredungen in Restaurants fielen weg, weil die Gastronomie geschlossen hatte. Teilweise habe es sogar Schwierigkeiten beim Erlangen der üblichen Verhütungsmittel oder der Medikamente für das Management der sexuellen Gesundheit gegeben – darunter zum Beispiel Hormontherapien oder Präexpositionsprophylaxen (PrEP). Bei PrEP handelt es sich um eine Schutzmethode – HIV-negative Menschen nehmen dabei ein Medikament ein, um sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen. Zudem seien die Früherkennungsdienste für sexuell übertragbare Infektionen wegen der Corona-Krise reduziert worden.
Abgesehen davon konnten laut dem Cesas-Schreiben viele Schüler nicht an schulischen Weiterbildungen über sexuelle und emotionale Gesundheit teilnehmen, da die Schulen in Luxemburg zeitweise geschlossen waren. Zudem stelle der in der Krise verstärkte Konsum von Medien für Minderjährige oder auch Erwachsene eine Gefahr dar. Warum? Dadurch könnten sie laut Cesas möglicherweise mit (pädo-)pornografischen Inhalten oder mit Tätern in Verbindung kommen, die online gezielt nach Opfern suchen. Deren Angriffe haben laut dem Cesas-Schreiben während der Pandemie stark zugenommen.
Doch nicht nur online ist es für Täter während einer solchen Krise leichter, Opfer zu finden – auch zu häuslicher Gewalt kommt es unter Ausgangsbeschränkungen oder in Quarantäne häufiger (das Tageblatt berichtete). Darunter findet sich laut der Cesas-Mitteilung auch sexuelle Gewalt oder sexueller Missbrauch.
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