Parlament im Krisenmodus / Chamber stimmt schnelle Finanzhilfen für Betriebe und Selbstständige
Die Abgeordneten im Sitzungssaal saßen weit auseinander, weitere Parlamentarier wurden auf Kommissionssäle und die Tribüne verteilt, die Abstimmungen mussten nominell durchgeführt werden und Kammerpräsident Fernand Etgen musste so zur Erhebung der Abstimmungsergebnisse hunderte Meter zurücklegen; aber das Parlament funktioniert, ebenso wie der Staatsrat und die Berufskammern, was wohl das wichtigste Signal der Chamber am Dienstag war.
Ein weiteres Signal war wohl die Einstimmigkeit und der Aufruf aller Parteien zum Zusammenhalt in der Krise. Wichtigster Punkt auf der Tagesordnung war ein Gesetzesprojekt, das erst am 13. März vom Mittelstandsminister Lex Delles deponiert worden war und nun zwei Wochen später inklusive Arbeitssitzungen in den zuständigen Kommissionen, Gutachten von Berufskammern und Staatsrat und notwendige Anpassungen vom Parlament angenommen wurde. Die Regierung kann im Rahmen des aktuell gültigen Krisenzustandes gesetzliche Maßnahmen, die während der Corona-Krise gelten, auch ohne Parlament treffen. Das am Dienstag verabschiedete Gesetz kann allerdings in verschiedensten Ausnahmesituationen angewandt werden, sodass der klassische parlamentarische Weg vorgezogen wurde; hierdurch können die Unterstützungsmaßnahmen auch etwa nach Terrorattacken oder Naturkatastrophen zu einem späteren Zeitpunkt greifen, wie Berichterstatterin Carole Hartmann (DP) erläuterte.
Unbürokratisch an Liquiditäten kommen
Das Gesetz 7532 soll sowohl kleinen Unternehmen, Selbstständigen, Künstlern und Kulturschaffenden, aber auch mittelgroßen Betrieben und größeren Industrien schnell und unbürokratisch Liquiditäten zur Verfügung stellen, um ihr Überleben in der Krise bei geringeren oder ganz fehlenden Einnahmen zu sichern. Es ist dies ein Element des knapp 9 Milliarden schweren staatlichen Hilfspaketes für die Wirtschaft, zu dem die Finanzierung der Teilzeitarbeit und der Familienurlaub zur Versorgung der Kinder gehören.
Die Maßnahmen sollen neben den Betrieben besonders dem Kleinhandel, den Bauern, Winzern, der Horeca-Branche und vielen weiteren Berufsständen bei der Überbrückung der aktuellen Krise helfen. Bis zu 500.000 Euro (die Höhe der Gelder hängt vom Personalbestand und den Mietzahlungen ab) können in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist, dass das Geschehen, das zur notwendigen Zahlung der Unterstützung führt (im aktuellen Fall die Corona-Krise), nicht vorhersehbar war, dass die Gelder für zeitlich beschränkte Finanzschwierigkeiten eingesetzt werden, dass die Unternehmen vor dem unvorhersehbaren Geschehen wirtschaftlich lebensfähig waren und nicht in einer Konkurs-Prozedur stecken.
Hauptsächlich also zur Überbrückung der Zahlung von Funktionskosten werden demnach im Prinzip rückzahlbare Summen an die Antragsteller überwiesen. Nach frühestens zwölf Monaten und nur wenn die Geschäfte wieder laufen, kann ein Rückzahlungsplan ausgearbeitet werden, der keine allzu große Belastung für die Nutznießer der Gelder implizieren dürfe. Auch wenn allgemein die Hoffnung ausgedrückt wurde, dass dies für die meisten Betriebe der Fall sein wird, so ist wohl ebenfalls zu erwarten, dass nicht alle schnell oder überhaupt zurückzahlen können. 300 Millionen wird der Staat in das Instrument investieren; im Idealfall belastet diese Summe den Staatshaushalt nur unwesentlich, anders als die weiteren Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft.
Diskussionen gab es während der Debatten über das Prinzip der Rückerstattung der Gelder (neben dem kreditähnlichen Instrument können auch finanzielle Beihilfen, die nicht rückerstattet werden müssen, beantragt werden), die Höhe der maximal bewilligten Summe und einen Rückzahlungsplan, der von den Antragsstellern ausgefüllt werden muss. Dass dieser sich auf die Beantwortung von drei Fragen beschränkt, stellte die meisten Kritiker zufrieden. Für Start-up-Unternehmen kündigte Wirtschaftsminister Franz Fayot im Anschluss an die Debatte spezielle Maßnahmen an. Bis zu 70 Prozent der Funktionskosten solch neuer Unternehmen kann der Staat künftig übernehmen.
Alle mögen Kultur
Dass die Künstler und die Kulturschaffenden ebenfalls die Vorteile des Unterstützungsgesetzes nutzen können, wurde bei fast allen Interventionen positiv hervorgehoben. Freischaffenden Künstlern fehlen aktuell praktisch alle Einnahmen. Viele, hierauf machte Kulturministerin Sam Tanson aufmerksam, bieten zurzeit digitale Projekte im Internet an; eine Sammlung von diesen Auftritten kann auf der Internetseite des Ministeriums eingesehen werden.
Bis auf eher punktuelle Kritikpunkte hatten die Redner aller Parteien keine grundlegenden Probleme mit dem Text und hoben die Notwendigkeit einer weiterhin funktionierenden Wirtschaft hervor. Ob diese allerdings so global wie bisher funktionieren solle, darüber äußerten besonders Linke (Marc Baum) und Grüne (Stéphanie Empain) so ihre Zweifel.
Einige, unter ihnen Marc Spautz (CSV), forderten die Banken auf, jetzt keine hohen Kreditzinsen zu verlangen und auch den privaten Schuldnern gegebenenfalls Aufschübe bei den Rückzahlungen zu gewähren.
Eine Motion von der CSV, die unter anderem die Möglichkeit einer Erhöhung der Summe von maximal 500.000 Euro fordert, und eine Motion der Linken, die vom Arbeitsminister eine Bilanz der Lockerung der Arbeitszeitregelungen nach der Krise verlangt, wurden beide angenommen. Einstimmigkeit gab es zu dem diskutierten Gesetz, das als wohl eines der schnellsten des Luxemburger Parlamentarismus in die Geschichte eingehen wird.
Das Parlament wird sich am Donnerstag zu einer weiteren Sitzung in mehreren Sälen treffen, ehe es demnächst voraussichtlich provisorisch in das Cercle-Gebäude umziehen wird, wo während der sanitären Krise mit mehr Abstand, aber in einem gemeinsamen Raum getagt werden kann.
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