Stellungnahme / Handwerkerkammer reagiert auf Studie von Wettbewerbsbehörde: „Handwerksbetriebe sind ebenfalls abhängig“
Die „Chambre des métiers“ hat in einer Stellungnahme auf den Bericht der „Autorité de la concurrence“ zum Luxemburger Wohnungsmarkt reagiert. Die Kontrollbehörde habe in ihrem Bericht das „Promoteurs“- und das Bauwesen miteinander vermischt.
Das hiesige Bauwesen und insbesondere die Bauträger („promoteurs“) sind nach der Veröffentlichung des Berichts der „Autorité de la concurrence“ unter Beschuss geraten. Darin hatte die Behörde unter anderem eine Verachtfachung des Bruttobetriebsüberschusses festgestellt, während die Löhne stagnierten. Die „Chambre des métiers“ (CDM) hat nun in einer eigenen Stellungnahme auf den Bericht reagiert und wirft der Konkurrenzbehörde eine Vermischung von Tatsachen vor. „Die Handwerkskammer kritisiert zunächst die Form der Umfrage, die an einigen Stellen leider Fakten und Arbeitshypothesen nebeneinanderstellt, welche durch die zur Verfügung stehenden Daten nicht bestätigt werden“, moniert die CDM in ihrer Stellungnahme am Dienstag. Auch könnten nicht einfach Bauunternehmen im Immobiliensektor mit Baubetrieben verglichen werden, die nicht im Wohnungsbau tätig seien.
„Die Wettbewerbsbehörde sorgt leider für Verwirrung, wenn sie die Gewinnspannen der Bauträger mit den Löhnen im gesamten Bausektor in Verbindung bringt, obwohl die Geschäftsmodelle der einen und der anderen Seite stark voneinander abweichen“, lautet ein Kritikpunkt der Handwerkskammer. „Bauträger kaufen Bauland und entwickeln dieses, während die dafür nötigen Arbeiten an die Handwerksbetriebe ausgelagert werden“, erklärt Norry Dondelinger von der CDM gegenüber dem Tageblatt. „Die reinen Handwerksbetriebe sind demnach ebenfalls vom Bauträger abhängig.“
Undurchsichtige Aktivitäten
In Luxemburg vereinen jedoch viele große Akteure auf dem Wohnungsmarkt die Aktivitäten von Bauträger, Bauunternehmen und Immobilienverkauf in einem Unternehmen. 13 der 16 Bauträger, die auf den Fragebogen der Wettbewerbsbehörde geantwortet haben, vereinen unter ihrem Dach auch ein Immobilienunternehmen. Das gehört die Cardoso-Gruppe, deren Baufirma vor kurzem Konkurs angemeldet hat. Das zur Gruppe gehörende Immobilienunternehmen soll dagegen weiter bestehen bleiben.
Norry Dondelinger räumt ein, dass einige Firmen die Tätigkeiten unter einem Dach vereinen. Ein Großteil der 4.300 Handwerksbetriebe im Bauweisen seien jedoch reine Handwerksbetriebe. „Es ist eine Minderheit, die mehrere Aktivitäten unter einem Dach vereinen.“ Auch seien die Gewinnmargen zwischen „promoteurs“ und Handwerksbetrieben sehr unterschiedlich. „Es gibt ja schon einen Unterschied zwischen 21 und sechs Prozent Gewinnmarge.“ Das würde in der öffentlichen Debatte jedoch zu oft vermischt werden.
Dennoch bleibt die Handwerkskammer bei ihrer Analyse, dass „die Bauunternehmen als separater Sektor der Immobilienförderung nicht das gleiche Rentabilitätsniveau wie die Bauträger haben“. Die im Wohnungsbau tätigen Bauunternehmen hätten demnach „keinen Anreiz, ihre Produktionskapazität zu verringern, sondern, im Gegenteil, ihr Produktionsvolumen zu erhöhen und so viele Wohnungen wie möglich zu bauen“. Die Wettbewerbsbehörde hätte demnach zu dem Schluss kommen müssen, dass die Handwerksunternehmen nicht von der Entwicklung im Immobiliensektor profitiert haben. „Die Immobilienpreise sind aufgrund des starken Anstiegs der Grundstückspreise stark gestiegen, während die Baukosten in etwa mit der Inflationsrate Schritt gehalten haben“, erklärt die CDM. Ihr zufolge hätten viel eher die schlechte Landesplanung und die „chronische Unterschätzung der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung“ Auswirkungen auf den heutigen Immobiliensektor. Bis auf die Kritikpunkte sei die Studie der Wettbewerbsbehörde jedoch „in Ordnung“, meint Dondelinger.
Absprache zwischen Arbeitgebern
„Es ist nicht auszuschließen, dass der Mangel an Arbeitskräften auf eine Absprache zwischen den Arbeitgebern zurückzuführen ist, um die Löhne niedrig zu halten und die Einstellung weniger attraktiv zu machen“, schrieb die Wettbewerbsbehörde in ihrer 100-seitigen Studie zur Preisentwicklung auf dem Wohnungsmarkt. In der Folge würden die Baukapazität und damit die Zahl der neu gebauten Wohnungen verringert werden, was dann zu höheren Verkaufspreisen führen könnte, lautete die These der Wettbewerbshüter. „Das ist doch schwer vorstellbar bei 4.000 Unternehmen in Luxemburg“, sagt Dondelinger. „Dann müssten aufgrund der Kollektivverträge ja auch die Gewerkschaften mit einbezogen werden.“
Zur Begründung der Aussage führt die Behörde an, dass das Baugewerbe hierzulande einer der Bereiche mit den niedrigsten Durchschnittskosten pro geleisteter Arbeitsstunde ist. Tatsächlich erreichten die durchschnittlichen Kosten pro Stunde im vergangenen Jahr 32,4 Euro. Nur in den Bereichen „sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen“ und „Beherbergung und Gastronomie“ seien sie noch niedriger. Dies vor dem Hintergrund, dass die durchschnittlichen Kosten pro Arbeitsstunde im Bauwesen in den drei Nachbarländern höher sind (zum Beispiel 36 Euro pro Arbeitsstunde in Belgien).
In ihrem Bericht stellte die Wettbewerbsbehörde auch die in der Bauträgerbranche exorbitant steigenden Überschüsse in der Zeit zwischen 2010 und 2020 infrage. Diese sollen laut Wettbewerbsbehörde in zehn Jahren um das Achtfache gestiegen sein – ohne dass mehr Wohnungen gebaut wurden. Auch wenn das zum Teil auf rasant steigende Preise für Bauland zurückzuführen ist, so fragt sie sich doch, ob sich in den vergangenen Jahren der Gewinn, der von den Bauträgern angeeignet wurde, auf die Wohnungskosten niederschlägt, ohne dass die Arbeitskräfte etwas davon erhalten.
- Von Dynamik und Statik: Xavier Bettels Europa- und Außenpolitik braucht neue Akzente - 19. November 2024.
- CSV und DP blicken auf ereignisreiches Jahr zurück - 18. November 2024.
- „déi Lénk“ sieht von „Interessenkonflikten durchsetzte“ Institution - 13. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos