Grenzkontrollen / Checkpoint Dicke Buche – So kontrolliert die deutsche Polizei den Verkehr aus Luxemburg
Seit Montagmorgen, 8 Uhr, kontrolliert die deutsche Polizei die Grenze zu Luxemburg. An 24 Stunden pro Tag und an sieben Tagen pro Woche, für sechs Monate. Wir haben den Checkpoint besucht.
Stefan Döhn muss sehr laut reden an diesem Montagmittag. Der Sprecher der Trierer Bundespolizei-Inspektion steht am Rand der Autobahn 64 und versucht 10, 15 Pressevertretern zu erklären, was hier gerade passiert. „Wir sind bestrebt, den Berufsverkehr und die Pendler so wenig wie möglich zu beeinträchtigen“, sagt er. Hinter Döhn fährt mit lautem Motorenrauschen ein 40-Tonner an. Der Laster hatte vor der gelben Bodenschwelle beim Polizei-Checkpoint bis zum Stand heruntergebremst.
Seit diesem Montag, 8 Uhr, kontrolliert die Bundespolizei wieder den Verkehr zwischen Luxemburg und Deutschland. Die Polizisten führen alle Autos, Trucks und Busse dabei beim Parkplatz „Dicke Buche“ auf eine Spur zusammen. Dort, wo die A64 nie fertig gebaut wurde und es den Ehranger Berg hinunter zur Nordseite des Trierer Tals geht, steht er, der wiedererstandene deutsche Grenzposten.
„Keine langen Staus“
„Keine langen Staus, sondern smarte Kontrollen, so wie die aktuelle Lage es erfordert“, hatte die deutsche Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Sonntag versprochen. Vier Stunden nach Beginn der Maßnahme staut sich der Verkehr zumindest auf der Autobahn von Luxemburg auf einem Kilometer – zur Mittagsstunde. „Wir haben zurzeit keinen Berufsverkehr“, ruft Döhn, während der nächste Laster am Parkplatz Dicke Buche startet. „Wir versuchen, den Pendlerverkehr so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.“ Der Truck rattert vorbei, Döhns Kollegen winken jetzt ein paar Autos durch. Alle Fahrzeuge müssen über eine gelbe Schiene fahren, die ihre Kanten munter jeder Radaufhängung entgegenstreckt. Vor den Beamten gilt Tempo 20. „Wenn wir sehen, dass der Stau zu weit wird, machen wir die Kontrolle auf und lassen ein bisschen ablaufen“, sagt Döhn. Dafür könne auch der Hubbel weggeschoben werden.
Ob Nancy Faeser das wohl mit den „smarten Kontrollen“ gemeint hat? Um 16.45 Uhr zeigt Google Maps eine Verzögerung von 33 Minuten für die A64 an. „Glauben Sie, uns ist auch daran gelegen, so wenig wie möglich Stau zu produzieren“, sagt Polizeisprecher Döhn am Mittag. „Die Bundespolizei ist immer der Leidtragende. Aber wir sind nun mal das ausführende Organ.“ Die Behörde habe einen polizeilichen Auftrag. „Den müssen wir erfüllen. Wenn es dann mal zu einem Stau kommt, dann ist es so.“
Nancy Faeser – eine Sozialdemokratin – hat die Kontrollen an sämtlichen deutschen Grenzen angeordnet. „Flexibel und je nach den aktuellen Sicherheitserfordernissen“, wie es von ihrem Ministerium heißt. „Wir wollen die irreguläre Migration weiter zurückdrängen, Schleuser stoppen, Kriminellen das Handwerk legen und Islamisten frühzeitig erkennen und aufhalten“, sagte Faeser.
Kontrollen auch an Saar-Autobahn
Döhns Inspektion hat auch einen Checkpoint an der A60 aufgebaut, die von Belgien aus in Richtung Wittlich führt. Seine Kollegen aus dem Saarland kontrollieren die Grenze zu Frankreich. Und auch die zu Luxemburg, mit einer stationären Kontrollstelle bei Perl. Dabei hatte Faesers Parteifreund, der saarländische Innenminister Reinhold Jost, noch am Freitag erklärt, dass das „nicht geplant“ sei.
Jost ist nicht der einzige Faeser-Parteifreund, der mit den Grenzkontrollen Probleme hat. Sozialisten aus Luxemburg, Deutschland und Frankreich sind am Montagnachmittag auf Konfrontationskurs gegen die Berliner Innenministerin gegangen. „Wir Sozialdemokraten und Sozialisten aus der Großregion bedauern diese besorgniserregende Entwicklung zutiefst“, schreibt ein Bündnis von LSAP-Politikern, SPDlern und französischen Sozialisten in einer Stellungnahme. „Feste Grenzkontrollen in unserer Region sind unverhältnismäßig, da es keine belastbaren Erkenntnisse über illegale Einwanderer-Routen in die Großregion gibt.“ Die Kontrollen sollten nicht an den Grenzübergängen, sondern im Landesinneren durchgeführt werden. Außerdem soll ihre Dauer auf ein Minimum beschränkt werden – und regelmäßig evaluiert werden, bevor über eine Fortsetzung der Maßnahme entschieden wird.
Die Bundespolizei-Inspektion Trier hat sich jedenfalls auf ein längeres Engagement eingerichtet. „Wir stehen hier 24/7, befristet auf erst einmal sechs Monate“, sagt Sprecher Döhn im Verkehrskrach an der Dicken Buche. „Der Zweck der Kontrollen ist, die unerlaubte Migration, Schleusungen, grenzüberschreitende Kriminalität, Terrorismus und Wiedereinreisesperren zu erkennen und reisende Straftäter von der Einreise abzuhalten.“
Schleuser auf der A64
Die Zahlen bei den Kontrollen während der Fußball-EM hätten einem recht gegeben. „Wir hatten eine hohe Zahl an Feststellungen sowohl im Migrationsbereich, bei Gewalttätern Sport, bei Schengentreffern, aber auch ganz besonders bei Haftbefehlen – und es waren sogar Schleusungen dabei.“ Die A64, eine Schleuser-Route? „Gehen sie davon aus, wir hatten auch hier welche“, sagt Döhn. Und schiebt dann nach: „Es wird andere Routen geben, die sind höher frequentiert.“
„Was passiert eigentlich, wenn ein Schleuser einfach an der Ausfahrt Trier-Zentrum abfährt?“, fragt ein Journalist. Döhn erklärt: „Wir haben hier diese stationäre Kontrolle, aber wir fahnden natürlich auch mobil in Uniform und in Zivil im Grenzbereich.“ Der sei 30 Kilometer breit und dort werde „wie eh und je gefahndet, überwacht und Streife gefahren.“
Warenverkehr ist Zoll-Sache
Der nächste Lkw startet nach der Bodenschwelle durch. Die Laster sind nicht unbedingt das Fahndungsziel der Bundespolizisten an der Kontrollstelle. Der Warenverkehr fällt unter die Ägide des Zolls. Nur wenn der Verdacht besteht, dass ein Lkw als Schleuser-Vehikel missbraucht wird, wird er gecheckt. Platz dafür haben die Polizisten am Parkplatz, sagt Döhn.
Dann herrscht für einen kurzen Moment so etwas wie Ruhe am Checkpoint. Der Truck rollt bereits den Weg ins Tal hinab, jetzt tastet sich ein älterer Autofahrer im Schneckentempo über die Bremsschwelle. Was passiert eigentlich mit den Menschen, die an der Grenze zwischen Luxemburg und Deutschland zurückgewiesen werden? – „Wir sprechen mit den Luxemburger Kollegen, und sagen, wen wir haben und dass wir ihn zurückweisen – dann geht derjenige zurück nach Luxemburg.“ Die Luxemburger Behörden würden die Personen dann zum Beispiel am Grenzübergang Wasserbillig in Empfang nehmen. „Wir haben ein gutes Verhältnis zur Luxemburger Polizei“, sagt Döhn.
Menschen, die nach Asyl begehren, würden übrigens nicht am Checkpoint abgewiesen.„Zurzeit wird keinem Asylsuchenden das Asylgesuch abgelehnt“, sagt Döhn. Jemand, der ein Schutzbegehren verdeutliche, werde zur Inspektion nach Trier gebracht, von dort gehe es dann zur Erstaufnahme-Einrichtung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.
Um 13 Uhr hat sich der Verkehr an der Dicken Buche etwas beruhigt. „Worauf stellen Sie sich ein? Wie viele illegale Migranten pro Tag?“, fragt eine Journalistin. Polizeisprecher Döhn antwortet: „Spekulieren möchte ich nicht, ich kann es Ihnen nicht sagen. Am Ende wird im wahrsten Sinne des Wortes abgerechnet. Und dann sieht man, ob es in Ordnung war oder ob es nicht in Ordnung war.“
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