Justiz / Clinch zwischen Anwalt und Untersuchungsrichter
Es ist ein merkwürdiger Prozess. Es geht einerseits um einen Anwalt, der vieles in Bewegung setzt, um seinem Mandanten Schaden zu ersparen. Andererseits geht es um einen Untersuchungsrichter, der sich dadurch beleidigt und eingeschüchtert fühlt. Beide scheinen ihre Arbeit gemacht zu haben. Der Anwalt steht deswegen vor Gericht. Verteidigen tut er dabei nicht weniger als seinen ganzen Berufsstand.
Me André Lutgen steht vor Gericht – als Angeklagter. Eigentlich geht es dabei um die ganze Anwaltschaft und um die Frage, was sie tun darf, um die Interessen ihrer Mandanten bestmöglich zu vertreten.
Vor drei Jahren, Ende Mai 2019, hat Me André Lutgen, eigenen Aussagen zufolge, alles getan, um Schaden von seinem Klienten ArcelorMittal abzuwenden. Im Differdinger Werk des Stahlproduzenten hatte es einen Arbeitsunfall gegeben. Ein Mann kam ums Leben. Im Rahmen der Untersuchung musste ein Stromaggregat gesperrt werden. Produktionsausfall, Kurzarbeit und Verluste in Millionenhöhe drohten. Me Lutgen wollte, dass das Gerät so schnell wie möglich wieder eingeschaltet wird.
Der damals zuständige Untersuchungsrichter Felipe Rodrigues fühlte sich durch dieses Handeln eingeschüchtert und beleidigt. Er beschwerte sich, und die Staatsanwaltschaft reichte Klage ein. In erster Instanz ist Me André Lutgen deswegen vergangenes Jahr wegen Beleidigung zu 2.000 Euro und einem symbolischen Euro an den Richter verurteilt worden. Der Vorwurf der Einschüchterung wurde nicht zurückbehalten.
„Nicht schuldig“
Am Montag hat der Berufungsprozess begonnen. Das Urteil aus erster Instanz sei nicht richtig, antwortet der Angeklagte auf die Frage der Richterin, warum er Berufung eingereicht habe. „Ich bin auf der ganzen Linie unschuldig!“
Hintergrund sind E-Mails, die der Anwalt als Rechtsbeistand von ArcelorMittal verschickt hat. Zunächst, um in Erfahrung zu bringen, wann wieder Strom fließe. „Auf diese Mails habe ich keine Antwort bekommen.“ Keine einzige, betont der Anwalt. Er habe auch versucht, den Untersuchungsrichter telefonisch zu erreichen, aber auch das habe nicht gefruchtet. Die Zeit drängte, erklärt Me Lutgen. Deshalb habe er gedrängt, sagt er. Allerdings nicht, um die nötige Untersuchung zu behindern, sondern, um zu wissen, was Stand der Dinge sei. Angesichts des möglichen Produktionsausfalles und der damit verbundenen Kosten sei das in seinen Augen nur normal gewesen.
Als Mails und Telefonate zu keinem Resultat führten, hat Me Lutgen Mails an die Generalstaatsanwältin Martine Solovieff sowie an die Minister Etienne Schneider (Wirtschaft) und Felix Braz (Justiz) verschickt. Er habe einfach nur auf die Dringlichkeit aufmerksam machen wollen, zudem aber auch auf die Möglichkeit der Schadensersatzforderungen, die dem Staat hätten drohen können, wenn Entscheidungen verschleppt worden wären.
Pikant dabei ist, dass die Generalstaatsanwältin diese Mail weitergeleitet hat, auch an Untersuchungsrichter Rodrigues, der sich daraufhin beschwerte. „Die ganze Sache ist eine Belastung für unseren Berufsstand“, so Me Prum, der gemeinsam mit Me Lenen die Verteidigung ihres Anwaltskollegen übernommen hat.
Stummer Zeuge
Da Untersuchungsrichter Rodrigues sich zum Nebenkläger erklärte, muss er nicht mehr als Zeuge vernommen werden. Das bedauert die Verteidigung. Dagegen hat sie auch Berufung eingelegt. Es sei eine unklare Situation für die Verteidigung, so Me Prum: „Versetzen Sie sich doch mal in die Lage der Verteidigung“, sagt er zur Richterin. Untersuchungsrichter Rodrigues sei in dieser wichtigen Affäre ein wichtiger Zeuge. Eigentlich ist er der einzige Zeuge, der die Gegenseite erklären kann. „Das kann doch nicht sein, wir werden in unseren Rechten eingeschränkt, damit können wir nicht leben“, so Me Prum.
„Ich bin der Täter, der in einer bestimmten Funktion so gehandelt hat, wie er hat handeln müssen, ich konnte nicht anders“, so Me Lutgen, der bedauert, dass der Untersuchungsrichter alles persönlich nehme.
Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.
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