Komplementarwahlen / Colmar-Berg: 25-Jährige kandidiert – Mandy Arendt will in den Gemeinderat
„Es ist schwierig, Frauen für die Politik zu gewinnen.“ Dieser Satz fällt in vielen Kommunen vor Wahlen. Für den Gemeinderat von Colmar-Berg gilt das nicht. Vier von neun Räten sind weiblich. Nach den Komplementarwahlen am 28. November könnte sich das ändern. Mandy Arendt ist mit 25 Jahren die jüngste der fünf Kandidaten für die drei freien Plätze.
Mandy Arendt (25) hat sich schick gemacht. Schwungvoll öffnet sich die Tür in einem Neubau in der rue Marie Heffenisch. Mit entwaffnender Ehrlichkeit gibt sie zu, sie sei aufgeregt, und bittet herein. Ihre mädchenhaft-jugendliche Erscheinung verleitet dazu, sie zu unterschätzen.
Wer in die Falle tappt, erfährt schnell anderes. Sie weiß genau, wovon sie redet und warum sie in die Politik will. Offensichtlich tun das viele. Den Satz: „Schön für Sie, aber ändern werden Sie hier nichts“, kennt sie als Reaktion auf ihre Kandidatur. Er steht in ihren Augen für das, woran es in Colmar-Berg krankt.
Eine jahrzehntelang beibehaltene Politik, die die Dorfoptik pflegt und Entwicklungen verschläft. Sie will im Gemeinderat gestalten und nicht reagieren. Umso mehr, als sie mittendrin sitzt, in den „Baustellen“ der bisherigen politischen Entscheidungsträger. Colmar-Berg wächst unübersehbar. Die Gemeinde ist damit keine Ausnahme im Land.
„Klein“ wird sie nicht mehr lange bleiben. In Welsdorf, wo Mandy Arendt wohnt, stehen viele neue Einfamilienhäuser oder sind noch im Bau. Weitere 100 Häuser und drei Residenzen sind nach ihren Angaben geplant. Die früher ruhige und immer noch ländlich geprägte Ortschaft verändert sich schon jetzt rasant. Sie liegt direkt hinter dem großherzoglichen Schloss.
Die Gemeinde verändert sich – Politik reagiert nicht
Anzeichen dafür gibt es genug. LKWs, die zusammen mit der Buslinie nicht gleichzeitig auf die schmalen Straßen passen, schlecht oder gar nicht abgesicherte Baugruben und früher ruhige Zufahrtsstraßen, die zu Durchgangsstraßen werden, verändern die von Familien mit Kindern geschätzte Wohnqualität. Die Sicherheit leidet.
„Was ist denn, wenn die anderen Häuser fertig sind?“, fragt Arendt. „Dann wohnen hier auf einen Schlag rund 500 Leute mehr und jeder hat ein Auto.“ Verkehrssicherheit ist bei Aussichten wie diesen einer ihrer Programmpunkte. Nicht nur da wurde wenig an die Zukunft gedacht. Arendt ist Mutter eines Sohnes und bekommt ihr zweites Kind im März 2022.
„Die Gemeinde hat außer einer privaten, die sehr teuer ist, keine eigene ,Crèche‘“, sagt sie. Es fehlt an Versorgungseinrichtungen in der wachsenden Gemeinde. Rundum hat ihre Suche nach einer Unterbringung wenig Erfolg. Die Nachbargemeinden berücksichtigen zuerst ihre eigenen Einwohner. Nicht nur in deren „Crèches“ gibt es aktuell Wartelisten. Gleiches gilt für die „Maison relais“ von Colmar-Berg.
Bislang fügt sich jeder ins Unvermeidliche. Das will sie ändern und zeigt Alternativen auf. Leerstand wird links liegen gelassen. „Warum kommt da keine ,Crèche‘ rein?“, fragt sie. Und findet, nicht nur in diesem Punkt wird zu wenig an die Bürger gedacht. Wenn sie in Fahrt ist und über die Gemeinde spricht, in der sie seit 12 Jahren wohnt, fallen ihr noch 100 andere Sachen ein, die nicht stimmen.
Arendt identifiziert sich mit der Piratenpartei
Sie hat beschlossen, nicht länger zu meckern, sondern etwas zu tun. Deswegen kandidiert sie. Hinzu kommt, dass in der Summe vieles nicht gerade dazu beiträgt, dass sich Neubürger willkommen fühlen, geschweige denn ein soziales Miteinander entwickeln. Dennoch bleibt sie realistisch. „Obwohl ich nicht weiß, was auf mich zukommt, freue ich mich auf die neue Aufgabe“, sagt sie.
Kommunalpolitik ist Neuland für sie. Da fühlt es sich gut an, Beratung und Unterstützung von einer Partei im Rücken zu haben, mit der sie sich identifizieren kann. „Die Piraten sprechen Themen an, die mich interessieren, haben junge Abgeordnete und geben jüngeren Menschen eine Stimme“, sagt sie. Sie ist unter den fünf Kandidaten nicht die einzige mit einer Parteikarte.
Einer der vier Mitbewerber hat die Mitgliedskarte der CSV. Die Partei ist das eine und spielt in der Majorzgemeinde sowieso keine Rolle. Viel wichtiger ist ihre Person, die sie mit in die Waagschale wirft. Dazu zählt ihr Alter und ihr unbedingter Wille, sich einzubringen. Sätze wie „Ich will ein Zeichen setzen“, wundern bei ihr wenig. Für sie ist die Balance zwischen Familie, Beruf und politischem Engagement keine Frage des Wollens, sondern eine Frage des Managements.
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