Dorfgeschichten / Colmar-Pont: eine Ortschaft zwischen Norden und Zentrum
Verkehrstechnisch sind zurzeit viele Augen auf Colmar-Pont gerichtet. Dort sorgen unter anderem der Abriss und Neubau der Brücke „OA232“ für Schlagzeilen. Nachdem am 29. Januar eine Behelfsbrücke seitlich der Baustelle angelegt wurde, über die der Verkehr der Nationalstraße 7 während der Bauzeit umgeleitet wird, wurde der Abriss der 62 Jahre alten Brücke über die Eisenbahnlinie nach Luxemburg letzte Woche in Angriff genommen. Die Arbeiten schreiten zügig voran. Allerdings lohnt sich auch ein Blick in die Geschichtsbücher der kleinen Ortschaft an der Grenze zwischen Norden und Zentrum.
„Dieser Gitterkran kann Lasten bis zu 650 Tonnen heben“, so ein Mitarbeiter der Firma Dufour, die Filialen in Tournai, Nantes, Paris, Dunkerque, Lille, Comines und Lens hat. Die Gruppe Dufour ist hauptsächlich in Belgien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und eben auch in Luxemburg tätig, und dies u.a. auf den Gebieten Spezialkräne, Bauingenieurs-, Transport- und Logistikwesen.
Mithilfe des erwähnten Gitterkrans konnte die alte Brücke der N7 zwischen den Gemeinden Schieren und Colmar-Berg in nur vier Tagen von ihrem Standort entfernt werden. Zurzeit fressen sich gleich mehrere Schaufelbagger in die beiden Brückenaufleger, die ebenfalls erneuert werden müssen, um der neuen Bogenspannbrücke später den nötigen Halt zu geben.
So weit zu dieser Baustelle. Interessant ist allerdings auch der Ort Colmar-Pont – der, entgegen seinem Namen, (fast) nichts mit dem Nachbarort Colmar oder der Gemeinde Colmar-Berg zu tun hat. Dieser Ort, der heute neben zwei Wohnhäusern noch eine Tankstelle, eine Imbissstube, ein Bahnhofsgebäude sowie Hallen und Verwaltungsräume von vier Betrieben zählt, gehört interessanterweise zur Gemeinde Schieren.
Dies- und jenseits der Alzette
„Die Alzette bildet hier die Grenze zwischen den beiden Gemeinden Schieren und Colmar-Berg und damit auch zwischen den Landesbezirken Norden und Zentrum“, so ein älterer Einwohner. Genauer gesagt: Schieren gehört zum Kanton Diekirch und damit zum Wahl- und Verwaltungsbezirk Norden. Diese Gemeinde setzt sich aus den Orten Birtringen, Colmar-Brücke und Schieren selbst zusammen. Diese Gemeinde wurde durch ein Gesetz vom 22. Januar 1850 gegründet, bis dahin war Schieren Teil der Gemeinde Ettelbrück. Blättert man in Geschichtsbüchern und älteren Dokumenten, so findet man folgende Namen, die diese Ortschaft getragen haben soll: Skiren, Chierrenne, Schyren, Suiren, Schirn oder auch noch Schüraa, was so viel wie Scheune hieß.
Die Nachbargemeinde Colmar-Berg gehört zum Kanton Mersch, zählt somit zum Bezirk Zentrum und besteht aus den Orten Berg, Welsdorf und Colmar. Die wohl bekanntesten Einwohner dieser Ortschaft sind die Mitglieder der großherzoglichen Familie, die auf Schloss Berg leben, ein Schloss, das dem Luxemburger Staat gehört und der Herrscherfamilie als Wohnsitz zur Verfügung gestellt wird.
Zurück nach Colmar-Pont: Obschon das bereits oben erwähnte Bahnhofsgebäude auf Schierener Terrain steht, dient es als Bahnhof von Colmar-Berg. Das ist aber nicht das Einzige, was an diesem Ort erwähnenswert ist. Die Kinder, die vor etwa 40 Jahren in einem der beiden heute noch bestehenden Wohnhäuser lebten, konnten damals nur dank einer speziellen Genehmigung die viel näher liegende und zu Fuß erreichbare Schule in der Nachbargemeinde Colmar-Berg besuchen.
Nicht nur Getränke
Noch weiter zurück liegt die Geschichte um die beiden Wirtshäuser in Colmar-Pont, die gleich an der kleinen Alzette-Brücke lagen, über die früher die Hauptstraße zwischen Colmar-Berg und Schieren verlief und die heute nur noch als Fußgängerbrücke benutzt wird. Im Volksmund wurden die beiden Lokale als „groussen a klenge Piccadilly“ bezeichnet. Hier wurden – sagen wir es mal so – nicht nur Getränke, sondern auch nackte Haut angeboten (um nicht in Details zu verfallen). Die beiden Piccadillys waren damals übrigens landbekannt.
Eines dieser beiden Gebäude steht heute noch und dient als Wohnhaus. Dieses Haus gehörte einst dem Unternehmer Nicolas Meris, der ab 1911 der „Dampf-Ziegel-Fabrik Meris & Cie“ in Diekirch vorstand. Er war zudem Mitglied des Gemeinderates Schieren und von 1905 bis 1915 Abgeordneter. Auf die ungewöhnliche Lage des Hauses ist auch folgende Anekdote zurückzuführen: Als eine Luxemburger Tageszeitung vor Jahren täglich nicht nur eine, sondern vier regionale Ausgaben veröffentlichte, erhielt der eine Bewohner eine Tageszeitung mit einem anderen Inhalt als sein 50 Meter entfernt lebender Nachbar auf der anderen Seite der Brücke.
Über die Grenzen hinweg bekannt
Der Name Colmar-Pont wurde aber auch weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt, dies dank eines Unternehmens, das leider vor fünf Jahren schließen musste. Die Rede geht hier vom Klavierbauer Arthur Elsen. Der Name „Pianos Elsen“ wurde international bekannt, da die in Colmar-Pont hergestellten Flügel und Klaviere von sehr hoher Qualität waren und so nicht nur luxemburgische Käufer anlockten.
Über die Landesgrenzen hinweg bekannt ist in Zwischenzeit wohl auch die Imbissstube „Mr Goufy“, denn hier machen längst nicht nur Einheimische Halt. Vor allem in den Mittagsstunden stehen auf dem angrenzenden großen Parkplatz zahlreiche Autos und Lastwagen mit verschiedenen ausländischen Kennzeichen.
Der eigentliche Name dieses Imbisses lautete bei der Eröffnung im Jahre 1996 übrigens „Mc Goufy“. Dies passte einer großen Hamburger-Kette, die im Jahre 2000 in Ingeldorf/Diekirch eine Filiale eröffnete, überhaupt nicht in den Kram. Dem Inhaber der Imbissstube in Colmar-Pont, Edmond Thill, drohte eine Klage in Millionenhöhe. So wurde das „c“ im Namen kurzerhand durch den Buchstaben „r“ ersetzt, was dem Erfolg dieses Schnellimbisses aber keinesfalls schadete. Ganz im Gegenteil.
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Do muss e Parking hin, déi aus dem Éislek doen do ëmmer hier déck Schong aus. 🙂