„Die Lage ist kritisch“ / Corona-Ausfälle beim Lehrpersonal: So stark sind Luxemburgs Schulen betroffen
Die Luxemburger Corona-Infektionszahlen scheinen sich nicht von ihrem Hoch herunterschwingen zu wollen. Erst kürzlich wurden mehrfach über 3.000 Fälle gemeldet. Jeder mit einem positiven Test muss sich isolieren – das betrifft momentan nicht nur die Schüler und Studierenden, sondern auch das Lehrpersonal. Das Tageblatt hat nachgefragt, welche Folgen das für die Einrichtungen hat.
Positiver Corona-Test, ab in die Isolation, Kontakte informieren – dieses Vorgehen machen in Luxemburg momentan sicherlich viele Menschen mit. Auch an den Schulen machen sich die hohen Infektionszahlen bemerkbar: durch fehlende Schüler und Lehrende. Inwiefern die Einrichtungen die Omikron-Welle zu spüren bekommen, erfahren wir zum Beispiel von Jules Barthel. Er ist Vizepräsident des „Syndikat Erzéihung a Wëssenschaft“ (SEW) bei der Gewerkschaft OGBL – zuständig für den Sekundärunterricht – und selbst Lehrer.
„Wenn die Omikron-Welle noch länger andauert, zum Beispiel über die Fastnachtsferien, kommen die Schulen ganz sicher an eine Grenze, an der es sehr schwierig wird, den Schulbetrieb weiter normal funktionieren zu lassen“, sagt Barthel gegenüber dem Tageblatt über die allgemeine Lage an den Lyzeen. Doch schon jetzt sei die Lage nicht angenehm: „Bereits jetzt arbeitet eine ganze Reihe an Leuten aus allen Bereichen in der Schule über dem, was arbeitsrechtlich erlaubt ist. Und das darf nicht monatelang andauern.“ Das Personal – sowohl die Lehrenden als auch die Mitarbeiter aus dem administrativen und technischen Bereich – sei derzeit extrem gefordert.
Die Lage ist kritischSEW-Vorsitzender beim OGBL
Wie die Ausfälle in Zahlen übersetzt aussehen, erklärt eine Sprecherin des Bildungsministeriums auf Tageblatt-Anfrage: „Im Grundschulbereich fallen aktuell rund 12 Prozent des Lehrpersonals aus, im Sekundarunterricht sind es rund 8 Prozent.“ Allgemein könne man sagen, dass Schulen in den Regionen stärker betroffen sind, in denen auch der Inzidenzwert in der Gesamtbevölkerung höher ist, so die Sprecherin am Donnerstag.
Der SEW-Vorsitzende Patrick Arendt sagt: „In den letzten Wochen hat sich die Lage sehr zugespitzt: Viele Lehrer:innen sind entweder positiv getestet worden oder in Quarantäne.“ Außerdem seien verhältnismäßig viele Mitarbeitende ausgefallen, die sich Zuhause um ihre Kinder in Quarantäne kümmern müssen. „Genaue Zahlen werden leider nur sporadisch veröffentlicht“, bemängelt Arendt. „Die Lage ist kritisch“, mahnt er.
Bereits seit Anfang der Pandemie sind die Lehrkräfte stark ausgelastetPräsident des Lehrerverbands Feduse
Raoul Scholtes, Präsident des Lehrerverbands Feduse, sagt zur Situation in der Sekundarstufe: „Momentan geht es noch.“ Dem Verband lägen allerdings keine genauen Zahlen darüber vor, in welchen Bildungseinrichtungen es zu vermehrten Ausfällen gekommen ist. Die Lage an den Sekundarschulen sei schwierig einzuschätzen, weil die Zahlen von Klasse zu Klasse unterschiedlich seien. Einige hätten hohe Abwesenheitszahlen bei den Schülern zu vermelden, andere seien wiederum gar nicht betroffen und hätten keinen einzigen Fall. „Bei den Lehrkräften gilt das Gleiche“, sagt Scholtes. Das Blatt könne sich allerdings innerhalb kurzer Zeit wenden. Das Personal gebe momentan jedenfalls alles. „Bereits seit Anfang der Pandemie sind die Lehrkräfte stark ausgelastet“, so der Verbandspräsident.
Am Lycée du Nord in Wiltz, an dem SEW-Vizepräsident Jules Barthel unterrichtet, gibt es laut dem Lehrer momentan doppelt bis dreifach so viele Ausfälle wie in einem „normalen“ Januar. „Bei uns am Lycée haben wir 180 Lehrer, und im Januar fehlen im Durchschnitt vier bis fünf Personen“, das entspreche rund 2,5 Prozent, so der Lehrer. Diesen Januar sei diese Zahl auf etwa zehn bis 15 Personen gestiegen – sieben bis zehn davon seien Covid-bedingt. „Wir liegen damit bei einer Abwesenheitsquote von +/- 7 Prozent, also fast einer Verdreifachung der Abwesenheiten.“ Außerdem gebe es auch im administrativen und technischen Bereich der Einrichtungen Ausfälle, was nicht gerade zu einem reibungsloseren Schulbetrieb beitrage.
Wie Ausfälle aufgefangen werden – oder auch nicht
Im „Secondaire“ bekommen die Schulen laut Jules Barthel beispielsweise zusätzliches Personal für Aufsichten gestellt – das seien im Durchschnitt ein bis zwei Personen pro Lycée. Das Bildungsministerium spricht ebenfalls von bereitgestellten Arbeitskräften, allerdings ohne eine genauere Zahl zu nennen. SEW-Präsident Arendt kritisiert jedoch: „Das Ministerium hat zusätzlich Personal eingestellt, allerdings ganz ohne irgendeine Ausbildung. Trotz ihres Einsatzes sind diese Leute nur bedingt für den Unterricht einsetzbar. Man kann also nicht von einem geregelten Unterricht reden.“
Im Grundschulbereich werde das Ersatzlehrpersonal auf der Ebene der Regionaldirektionen eingesetzt – Ersatzlehrer könnten also in anderen Schulen einer gleichen Regionaldirektion eingesetzt werden, sagt die Ministeriumssprecherin. In den Sekundarschulen würden die Lehrer ausschließlich an den Schulen eingesetzt, an denen sie eingestellt wurden. Patrick Arendt merkt allerdings an, dass dies auch nicht immer reibungslos funktioniere. „Leider wird den Schulen immer öfter lediglich mitgeteilt, dass niemand zur Verfügung steht und in dem Fall muss in den Schulen schnell umorganisiert werden, um alle Klassen zu betreuen.“ Dass das möglicherweise nicht immer so leicht ist, lässt sich aus der Antwort des Ministeriums auf die Tageblatt-Anfrage erahnen: „Die Möglichkeiten, Ausfälle schulintern zu kompensieren, hängen immer von der lokalen Situation der Schulen und Klassen ab und können je nach Klasse, Alter der Schüler, Fach, und so weiter variieren.“
Barthel erklärt, dass auch in einzelnen Fällen auf Homeschooling umgestellt werde – am Lycée du Nord in Wiltz, an dem er unterrichtet, sei das allerdings außer in einem Fall in der ersten Januarwoche nicht geschehen. Auch würden mittlerweile häufiger Klassen ab der 4e freigestellt, falls Kurse ausfielen und nicht genügend Ersatzmöglichkeiten oder eine Aufsicht vorhanden seien. Dennoch: „Das Personal, genau wie die Direktionen, sind mehrheitlich noch immer dafür, dass die Schulen geöffnet bleiben sollen und dass das Homeschooling die letzte Lösung sein soll, falls es wirklich nicht mehr anders geht“, sagt der SEW-Vizepräsident.
Die konkreten Folgen des Personalmangels
„Man muss leider jetzt schon feststellen, dass durch die Ausfälle weitere größere Verspätungen im ‚Programm’ sich nicht vermeiden lassen“, sagt Arendt. Da Nachhilfekurse ausfielen, seien besonders schwächere Schüler von den Konsequenzen der Ausfälle betroffen. „Die Schere der schulischen Leistungen wird sich weiter öffnen“, prognostiziert Arendt. „Es kommt erschwerend hinzu, dass nichts mehr planbar ist. Jeden Morgen wird in den Schulen zuerst festgestellt, welche Lehrer:innen gerade ausfallen, und dann muss der Unterricht organisiert werden.“
Aus dem Bildungsministerium heißt es: „Der Unterricht kann weitestgehend aufrechterhalten werden.“ Vor allem an den Sekundarschulen komme es vor, dass eine Unterrichtsstunde ausfalle oder durch Klassenaufsicht ersetzt werde. „In ganz wenigen Ausnahmefällen greifen Klassen im Sekundarunterricht auf das Homeschooling zurück“, so die Sprecherin.
Schulpsychologische Beratungsstelle SePas „überlaufen“
Barthel sagt, momentan könne der normale Ablauf an den Schulen noch „mehr oder weniger“ gewährleistet werden. „Es ist nicht so, dass kategorisch alle Kurse, bei denen eine Lehrkraft fehlt, auch ausfallen.“ Viele Lehrer hätten sich bereiterklärt, Stunden von kranken Kollegen zu übernehmen, „um den Betrieb so gut es geht am Laufen zu halten“, so der Lehrer. Außerdem könne häufiger auch auf Freistunden ausgewichen werden oder man setze eine entsprechende Aufsichtsperson ein.
Besorgniserregend sei, dass die schulpsychologische Beratungsstelle „Service psycho-social et d’accompagnement scolaires“ (SePas) mit Schülern überlaufen sei, merkt der SEW-Vizepräsident an. Diese Schüler hätten „normale“ Probleme wie auch schon vor der Pandemie, allerdings auch viele mit Dingen zu kämpfen, die sich durch zwei Jahre Corona-Krise erst exponentiell verschlimmert hätten.
So sieht es an der Luxemburger Universität aus
Auch an der Universität macht sich die Omikron-Welle offenbar beim Personal bemerkbar. „Die Zahl der von Universitätsmitarbeitern gemeldeten positiven Fälle hat zugenommen, bleibt aber moderat“, meldet eine Sprecherin der Uni am Donnerstag. 32 seien es in den letzten sieben Tagen gewesen, 81 in den letzten zwei Wochen. Darüber hinaus spüre auch die Universität die Auswirkungen der vermehrten Infektionen bei Kindern – sie spiegele sich in der Anzahl der Beurlaubungen aus familiären Gründen wider. Eine kritische Schwelle sei derzeit noch nicht erreicht, sagt die Sprecherin. Ob oder bei wie vielen Ausfällen das noch eintreten könnte, sei schwer zu sagen und hänge von mehreren Kriterien ab.
Die Folgen der aktuellen Ausfälle halten sich laut der Sprecherin in Grenzen: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gewährleistet die Universität die Kontinuität der Dienste in der Verwaltung, der Forschung und der Lehre, insbesondere auch dank der Telearbeit.“ Momentan sei zudem Prüfungsphase – was bedeute, dass die Studierenden ohnehin nicht so häufig auf dem Campus seien. „Es mussten keine Prüfungen abgesagt werden, und für den Fall, dass die Aufsichtspersonen nicht anwesend sind, wird für Ersatz gesorgt“, teilt die Uni mit. Für Studierende, die aus gesundheitlichen Gründen nicht an einer oder mehreren Prüfungen teilnehmen können, würden Alternativen angeboten.
In der Forschung seien vor allem junge Forscher, also Doktoranden und Postdocs, von der Corona-Situation betroffen, berichtet die Sprecherin. Die Labore seien zum Beispiel nur mit einer geringen Anzahl von Mitarbeitenden besetzbar. Doktoranden könnten jedoch beispielsweise einen Antrag auf Verlängerung ihrer Promotion stellen, teilt die Universität mit.
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A wat mécht onsen Unterrichtsminister a séng Leit an dëser heich kritescher Situatioun? Jo, si këmmere séch ëmt Semester/Trimester an ëmt d’Platz vum Lëtzebuergesch an der Schoul. Ech wees net wéi ech dat benenne soll. Dat ass et dach nach ni gin.
Meisch nimmt billigend in Kauf, dass Schüler, Lehrer und Personal der Schulen an COVID erkranken. Der Mann gehört ausgetauscht.
An der Schoul stecht een sech dach net un….
Konzeptlos,dreimol neischt,daat ass blo Politik. Basta.