Porträts / „Cosplay ist für jedes Alter“: Eine Tierpflegerin und ein NATO-Mitarbeiter erzählen von ihrem Hobby
Am Wochenende (15. und 16. April) findet das Fantasy- und Science-Fiction-Festival Luxcon statt. Mit von der Partie sind zahlreiche Autoren, Zeichner, Leseratten … und natürlich auch Cosplayer. Beim Cosplay geht es darum, in die Rolle eines fiktionellen oder existierenden Charakters zu schlüpfen. Wer diesem Hobby nachgeht, kleidet sich nicht nur wie die gewählte Figur, sondern posiert auch so. Manche üben Auftritte ein und spielen beispielsweise Szenen aus Filmen oder Serien nach. Wer allerdings glaubt, dies sei nur ein Zeitvertreib für sehr junge Menschen, irrt. Das Tageblatt hat zwei Cosplayer getroffen, die klar sagen: „Cosplay kennt keine Altersgrenze!“
Mona (33): „Traut euch und habt Spaß!“
Im Alltag arbeitet Mona Vollzeit als Tierpflegerin. In ihrer Freizeit jedoch wird sie zur Mondprinzessin oder zur Wikinger-Kriegerin. Dann schlüpft sie in die teils sehr aufwendigen Kostüme, zieht die passende Perücke an und trägt kunstvolles Make-up auf.
Die 33-Jährige ist schon immer sehr kreativ gewesen. „Ich zeichne unheimlich gerne, schreibe und bastele viel“, erzählt die Saarländerin gegenüber dem Tageblatt. Ihre Leidenschaft gilt Serien, Filmen, Spielen. „Das reicht von ‚Game of Thrones’ über ‚John Wick’ bis hin zu ‚Pokémon’ – einfach alles, was das Nerd-Herz begehrt“, sagt sie lachend.
Auf das Thema Cosplay ist sie durch die Mittelalter-Szene gestoßen. Sowohl in Luxemburg als auch in Deutschland finden Mittelalter-Märkte statt, bei denen manche Besucher sich entsprechend kleiden und bestimmte Rollen wie Händler oder Schmied einnehmen. Auch Mona kommt ursprünglich aus diesem Bereich. Sie nahm beispielsweise öfters am Fantasie- und Rollenspiel-Konvent FaRK teil.
2017 hat sie das Cosplay-Fieber zum ersten Mal gepackt. Seitdem hat sie bereits viele Charaktere dargestellt und an zahlreichen Conventions teilgenommen. Morticia Addams aus der „Addams Family“, John Snow aus „Game of Thrones“, Eddie Munson aus „Stranger Things“ und Trinity aus „Matrix“ sind nur einige der Figuren, in deren Rolle sie bereits geschlüpft ist. „Ende März habe ich zum ersten Mal an einem Cosplay-Wettbewerb teilgenommen“, erzählt sie. Dort trat sie als Prinzessin Serenity aus „Sailor Moon“ auf. „Ich mache so viel selber, wie ich kann, arbeite aber auch gerne mit Secondhand-Kleidungsstücken, die ich dann umnähe oder verziere“, sagt die begeisterte Cosplayerin, die sich das Nähen selber beigebracht hat. „Das bereitet mir am meisten Spaß: Details hinzufügen, hier und da eine Perle draufnähen, aber auch Waffen aus Worbla (thermoplastischer Kunststoff, der sich mittels Hitze verformen lässt, Anm. d. Red.) herstellen.“
In voller Cosplay-Montur trifft man Mona auf Conventions, aber auch auf Fotoshootings an, die sie häufig mit Gleichgesinnten veranstaltet. In ihrem Freundeskreis finden sich Menschen aus allen Altersklassen und Berufszweigen wieder. „Bei Gruppen-Shootings werden wir oft von anderen gefragt, wo wir denn hingehen würden und warum wir so gekleidet sind. Ich erkläre es dann gerne. Allgemein reagieren die Leute sehr positiv auf Cosplay, finde ich“, sagt Mona. „Mittlerweile schauen die Menschen in meinem Umkreis gespannt darauf, was ich als Nächstes mache, und verfolgen meine Arbeit mit. Darüber freue ich mich sehr.“
Für sie ist Cosplay ein Hobby, mit dem man „mal abschalten und den Alltag hinter sich lassen kann“. Interessierten Menschen rät sie, sich einfach mal zu trauen und Spaß zu haben. „Ich sehe es oft auf Conventions. Am ersten Tag erscheinen Personen in zivil, am zweiten Tag fügen sie ein paar Accessoires hinzu. Es muss gar nicht viel sein. Cosplay ist für jeden geeignet.“
Mittlerweile hat sich Cosplay professionalisiert. Dies geht auch mit einer Tendenz einher, dass Cosplayer strengerer Kritik ausgesetzt sind und von ihnen erwartet wird, dass sie ein perfektes Ebenbild des dargestellten Charakters sind. „Dann heißt es zum Beispiel: ‚Dieses Detail ist aber nicht korrekt.’ Ich finde, von solchen Kommentaren sollte man sich nicht abbringen lassen“, sagt Mona. „Ob man 20 Stunden oder eine Stunde in sein Cosplay gesteckt hat, ist egal: Geht einfach raus und habt Spaß!“
Monas Cosplay-Arbeiten sind auch auf Instagram zu finden.
Raytan (über 40): „Kunst ist mein Leben“
Er ist Vater von zwei Kindern und arbeitet als Militär-Übersetzer bei Shape (Supreme Headquarters Allied Powers Europe), dem Hauptquartier eines der beiden strategischen Militärkommandos der NATO. Raytan wohnt in der Nähe von Mons in Belgien und ist leidenschaftlicher Cosplayer. Er spricht sechs Sprachen und ist in vielen verschiedenen Ländern aufgewachsen. Aufgrund der Arbeit seiner Mutter, die aus Spanien kommt, und seines Vaters, eines Offiziers aus England und Schottland, musste er oft den Wohnort wechseln. Er hat unter anderem in der Schweiz, in Spanien und Deutschland gelebt.
Raytan ist Künstler mit Leib und Seele. Als Kind und Jugendlicher spielte er im Theater, später absolvierte er ein Studium im Dolmetschen. Die Liebe zum Film und zur Musik begleitet ihn schon ein Leben lang – und über diese Bereiche ist er auch auf das Thema Cosplay gestoßen. Raytan macht Musik, hauptsächlich im Rock- und Metal-Bereich, und stand bereits sowohl als Schauspieler vor als auch als Produzent hinter der Kamera. „Ich habe unter anderem Ptolemaios I., einen der Generäle Alexanders des Großen, gespielt“, erzählt er gegenüber dem Tageblatt. „Aber auch die Welt der Science-Fiction hat es mir angetan, vor allem Star Wars.“
Von da war es eigentlich nur noch ein Katzensprung zum Cosplay. Als das Tageblatt Raytan trifft, trägt er ein Kostüm, das Elemente aus „Herr der Ringe“ und dem Spiel „Monster Hunter“ miteinander verbindet. Teile davon hat er selber gefärbt, einige Details wurden per Hand hinzugenäht. Am Cosplay-Universum schätzt er vor allem die Freude daran, die Kostüme zu tragen und seine Leidenschaft mit Gleichgesinnten zu teilen.
Doch der Weg dahin war nicht immer leicht. „Am Anfang wurde ich oft gefragt, was das eigentlich soll“, blickt Raytan zurück. „Das war vor allem damals, als Cosplay noch nicht so beliebt war. Dann hieß es von einigen: Warum verschwendest du deine Zeit damit? Das ist doch absurd!“
Wie in allen Bereichen seines Lebens ließ sich Raytan jedoch nicht von Kritikern abbringen. Er zog sein Ding durch. Mittlerweile hat er mehrere Bekannte aus dem Cosplay-Bereich, mit denen er sich auf Conventions trifft. Besonders mag er die kleineren Events.
Neben den zahlreichen kreativen Betätigungen ist Raytan auch in den Bereichen Menschenrechte und Tierschutz aktiv. Ungerechtigkeiten kann der sensible Familienvater nicht ausstehen. „Oft sagt man mir, ich könne nicht die ganze Welt retten“, sagt er. „Dessen bin ich mir bewusst. Doch ich kann Leben retten und das ist schon ein guter Schritt.“
Mehr
Wer sich von weiteren kreativen Seelen inspirieren lassen möchte, kann auf der Facebook-Seite
fb.com/cosplayover40 vorbeischauen.
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