/ CSV fordert bei Themenkongress eine Diskussion über das Wachstum in Luxemburg
Die CSV will die Wachstumsdebatte führen, der die Regierung sich seit den vergangenen Parlamentswahlen verschlossen hat. Auf ihrem ersten außerordentlichen Themenkongress in der aktuellen Legislatur verabschiedete die Partei am Samstag (9.11.) einstimmig eine entsprechende Resolution, die zum Teil konkrete Vorschläge zu den Themen Klimawandel, Wohnen und Verkehr beinhaltet. Ziel sei es, wieder mehr Gewicht auf die inhaltliche Arbeit zu legen. Trotzdem wurde auch am Samstag wieder viel zu den vermeintlichen Affären um die Ministerinnen Carole Dieschbourg und Corinne Cahen polemisiert.
Der CSV-Kongress in der Petinger Sporthalle war vor allem ein Kongress der Parteibasis, die die Resolution in offenen Bezirksversammlungen ausgearbeitet hatte, wie Generalsekretär Felix Eischen darlegte. Mehrere Abgeordnete waren der Veranstaltung ferngeblieben, weil sie an der ersten Messe des ersten Luxemburger Kardinals Jean-Claude Hollerich teilnehmen wollten. Der als Ehrengast angekündigte saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und der Hesperinger “Député-maire” Marc Lies hatten abgesagt, um den Jubiläumsfeiern zum Fall der Berliner Mauer beiwohnen zu können.
„Klimaschutz in Maßen“
Die meisten der rund 200 anwesenden Mitglieder der Partei waren trotz Klimawandel wohl mit dem Auto zum außerordentlichen Parteikongress gekommen, denn freie Parkplätze waren am Samstagmorgen rund um die Petinger Sporthalle kaum noch zu finden. Sehr “grün” war das nicht, doch für die CSV stellen Klimaschutz und Individualtransport eh keinen direkten Widerspruch dar. Anders als den am Samstag viel kritisierten Grünen gehe es der CSV nicht darum, große Autos, Flugzeuge oder Schiffskreuzfahrten zu verteufeln, erklärte Parteipräsident Frank Engel. Man wolle einen “Klimaschutz in Maßen”, meinte Felix Eischen. Statt den Raum für motorisierte Mobilität einzuengen, wolle die Partei zusätzlichen Raum für Mobilität erschließen, heißt es in der Resolution. Man wolle keine Weltuntergangsstimmung propagieren oder die Bürger kriminalisieren, sondern ihnen Anregungen zum Verzicht bieten.
Zwar will die CSV in ihrer Resolution die CO2-Emissionen umgehend radikal verringern und innerhalb einer Generation auf null reduzieren, doch das heiße nicht, dass künftig niemand mehr CO2 ausstoßen dürfe, sagte Engel. Bestimmte Wirtschaftszweige sollen weiterhin ihre Emissionen kompensieren können. Gleichzeitig soll aber die “Klimaneutralität unseres Gemeinwesens in der Verfassung als Staatsziel” verankert werden, besagt die Resolution.
Im Bereich der Energie will die CSV künftig nicht nur auf Elektroenergie setzen, sondern verstärkt mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen und das Potential von Biomasse fördern. Steuererhöhungen lehnt die Partei nicht grundsätzlich ab, will aber darauf achten, dass emissionsstarke Fahrzeuge stärker belastet werden. meinte Frank Engel. Rücksicht will die CSV auch auf Bauern und Winzer nehmen. Über Bio-Landwirtschaft wurde am Samstag nicht geredet. Um CO2 zu sparen, sollten die Menschen lokal und saisonal konsumieren statt Steaks aus Argentinien und Wein aus Chile zu kaufen, schlug Eischen vor.
„Beim Wohnungsbau haben alle Regierungen versagt“
Beim Wohnungsbau hätten in der Vergangenheit sämtliche Regierungen versagt, gestand Frank Engel ein. Trotzdem müsse man Vorsicht walten lassen. Ein massiver Preiseinbruch auf dem Wohnungsmarkt sei nicht wünschenswert, zu viele Menschen hätten einen Wohnungskredit, den sie dann nicht mehr finanzieren könnten. Einen solchen Einbruch könne die CSV nicht unterstützen. Stattdessen will die Partei den Bauperimeter erweitern, um zusätzliches Bauland zu erschließen, das der Staat kauft und im Rahmen von zeitlich begrenzten Verträgen verpachtet. Innerhalb des aktuellen Perimeters seien nicht ausreichend Grundstücke verfügbar. Durchaus innovativ ist auch die von Frank Engel geäußerte Idee, neue Städte zu bauen. Dabei müsse aber darauf geachtet werden, dass die Siedlungen dort entstehen, wo Arbeitsplätze und die notwendige Transportinfrastruktur bereits vorhanden sei.
Sorgen bereitet der CSV vor allem, dass Leute mit einem Medianeinkommen zwischen 4.000 und 5.000 Euro schon Probleme haben, eine Wohnung zu finden. Deshalb schlägt die Resolution vor, bei größeren Projekten von über 25 Wohnungen eine Mindestquote an Wohnungen einzuführen für Personen, die eine Erstwohnung kaufen möchten. Um gegen die Spekulation mit Immobilien vorzugehen, fordert die CSV ein Gesetz, das den Kauf von Wohnungen für ausländische Investoren und Spekulanten aus Drittstaaten einschränkt. Eine nationale Spekulationsabgabe soll zudem das Zurückhalten von Bauland und Wohnraum bestrafen.
„Endlich eine ernsthafte gesellschaftliche Diskussion über Wachstum führen“
Einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels und der Wohnungsnot könne laut CSV eine Beschränkung des Wachstums leisten. “Wachstum um seiner selbst willen macht unsere Gesellschaft mittelfristig kaputt”, steht in der Resolution. Die CSV wolle künftig das Allgemeinwohl und nicht die Gewinnmaximierung in den Vordergrund stellen, verkündete Eischen. Konkrete Vorschläge, wie das Wachstum begrenzt und die Lebensqualität der Menschen erhöht werden können, enthält der Resolutionstext jedoch nicht. Der CSV gebührt aber das Verdienst, dass sie dieses Thema zumindest anspricht und die Regierungsparteien dazu auffordert, sich “endlich auf eine ernsthafte gesellschaftliche Diskussion über Wachstum und Nachhaltigkeit” einzulassen. DP, LSAP und “déi gréng” hatten während des Wahlkampfes mit Begriffen wie nachhaltiges oder qualitatives Wachstum geworben, nach der Regierungsbildung war diese Diskussion aber schnell vom Tisch.
Affäre um Corinne Cahen muss vor den Ethikrat
Trotz Eischens Ankündigung, mit der vom Kongress einstimmig verabschiedeten Resolution namens “Verstänneg wuessen, éierbar wunnen — eis Zukunft fänkt haut un” wieder mehr Gewicht auf die inhaltliche Arbeit zu legen, konnten die Fraktionsvorsitzende Martine Hansen und Parteipräsident Frank Engel es sich nicht verkneifen, gegen die Regierung zu sticheln. Auch das sei eben Teil der Oppositionsarbeit. Engel hatte es am Samstag insbesondere auf die Grünen abgesehen. “déi gréng” könnten es nicht, deshalb müsse die CSV jetzt Verantwortung beim Klima übernehmen, meinte Engel. Obwohl die Grünen in der Regierung seien, sei der CO2-Verbrauch in Luxemburg zuletzt wieder gestiegen. Als “Bewahrer der Schöpfung” hätten die Christsozialen sich seit jeher für Umwelt- und Klimaschutz eingesetzt.
Martine Hansen erinnerte an die “zahlreiche Affären” der Regierung in den vergangenen Monaten: „Casier bis“ und Datenschutz, die Affäre um Roberto Traversini, in die ihrer Meinung nach auch Umweltministerin Carole Dieschbourg verwickelt ist, und die “gravierenden Missstände” beim Filmfonds hätten kein gutes Licht auf die Dreierkoalition geworfen. Nun sei auch noch die “blo Affair Cahen” hinzugekommen. Wenn die DP-Familienministerin viel Geld in das Geschäft ihrer Familie investiert habe, wie sie in einer Mail an den “Stater” Geschäftsverband behauptet hatte, stelle dies einen klaren Interessenkonflikt dar, so Hansen.
Das Ethikkomitee müsse damit befasst werden, es reiche nicht, dass Premierminister Xavier Bettel (DP) sich vor seine Parteipräsidenten stelle. Diese Forderung hatten am Freitag alle vier Oppositionsparteien in einem gemeinsamen Brief an Parlamentspräsident Fernand Etgen (DP) bekräftigt. Erst am Freitag habe sie erfahren, dass in Corinne Cahens Facebook-Profil Links auf die Seite ihres ehemaligen Schuhgeschäfts enthalten seien. Auch das sei laut Hansen ein Fall für den Ethikrat. Ferner hatten bestimmte Medien kürzlich eine Meldung von RTL aus dem Januar 2019 wieder aufgegriffen, derzufolge Corinne Cahen damals eine Wohnung auf der Plattform Airbnb angeboten hatte. Laut Frank Engel handle es sich dabei um eine kommerzielle Aktivität, die gesetzlich verboten sei.
Mit über 30 Prozent zurück an die Macht
Die Vorwürfe der Regierung, die CSV sei dabei, mit diesen Affären den politischen Diskurs in Luxemburg zu vergiften, wollte Engel nicht gelten lassen. Die CSV mache nur ihre Oppositionsarbeit. Sie sei keine Krawallpartei, aber auch kein “Deppenverein” und lasse sich von einer denkbar knappen Mehrheit nicht den Mund verbieten, meinte Engel.
Was die CSV damit erreichen will, stellte der Abgeordnete und frühere Parteipräsident Marc Spautz klar: “Ziel der CSV ist es, mit über 30 Prozent der Wählerstimmen wieder geschlossen an die Macht zu kommen, wo sie hingehört.” Der aktuelle Parteipräsident, der die Meinung vertrat, den berüchtigten “CSV-Staat” habe es nie gegeben, forderte seinerseits, den “Gambia-Staat” wieder abzuschaffen: “Er hat nichts gebracht, bringt nichts und wird nichts bringen”, skandierte Engel am Ende des Kongresses und erntete für seine Aussage frenetischen Beifall von der CSV-Basis.
Dabei vergaß die CSV nicht, wem sie ihren Aufstieg, aber auch ihren Fall zu verdanken hatte. Ihrem scheidenden EU-Kommissar Jean-Claude Juncker, der wegen seiner bevorstehenden Operation beim Kongress nicht dabei sein konnte, wünschten Spautz und Engel viel Glück und gute Besserung: “Wir brauchen ihn noch”, versicherte Marc Spautz.
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Vollkommen richtig. Eine solche Diskussion ist überfällig. Da stimme ich der CSV einmal zu.
Die Diskussioun ist berechtigt und wichtig. Dass der Anstoss ausgerechnet von der csv kommt ist der Sache jedoch nicht dienlich weil unter ihrere Aegide das Postulat von der absoluten Notwendigkeit von mindestens 4% Wachstum p.a. zum Mantra wurde. Es ist und war das typische csv-Clientel das generationebuebergreifend die Art von klei buergerlichem Wohlstand definiert hat dessen Konsequenzen heute beklagt werden. Die csv hat Umstaende erschaffen deren Bekaempfung sie sich heute als edler Ritter auf die Fahnen schreibt.
Am gaange Stëmmen um brongelzeche Bord ze fänken? Si wëssen dach genau, dat de Kollaps vun der Wirtschaft an d’Rezessioun mat 0 Wuesstum ufänken. An duerno de Pensiounssystem zesummebrëcht. Dofiir haten dach seinerzäit de göttleche vun der Kap a säi Finanzkniecht de Milliounestaat an d’Gespréich bruecht.
Das hat nichts mit braun oder Ausländerfeindlichkeit oder Rechtsextremismus zu tun, sondern mit gesundem Menschenverstand. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel, auch nicht in Luxemburg. Dass das ganze System, früher oder später, kollabiert sagen eminente Wirtschaftswissenschaftler nicht erst heute voraus. Das Rentenproblem ist eh eine Milchmädchenrechnung, die nicht aufgehen wird und nicht aufgehen kann. Der Millionenstaat Luxemburg: eine Horrorvision!
Einverstanden, das Rentensystem ist ein Ponzischema, gewusst. Fazit: Renten abschaffen oder oder wenigstens halbieren. Produktion zurückfahren. Problem gelöst! Oder was schlagen Sie vor?
Übrigens bringt die Rechte immer wieder den ‚gesunden Menschenverstand‘ in die Diskussion ein. Nur gesagt.
Bin kein Rechter, war es nie und werde es auch nie sein. Nur geschrieben!
DO HUES DE GANZ RECHT, ET ASS WÉI ENG LAWINE, SE GÖT ÖMMER MÉI DECK A MÉI SÉIER, AN DANN ……… GEHT ET BOUW
Schwarz-Braun ist die Haselnuss.