Nach vergangenen Wahlresultaten / CSV verliert Vorschlagsrecht für Staatsratsposten möglicherweise an „déi gréng“
Georges Wivenes verlässt Ende Juni den Luxemburger Staatsrat. Bis jetzt gehörte sein Posten der CSV, die den Sitz nun allerdings an „déi gréng“ verlieren könnte. Der Grund: die Resultate der beiden vergangenen Wahlen.
Neben Agnès Durdu (DP), die im April nach der maximalen Dauer von 15 Jahren aus dem Staatsrat zurücktritt, geben noch zwei weitere Mitglieder ihr Amt ab. Doch welche Partei kann die neuen Kandidaten stellen? Im Fall von Georges Wivenes, der laut Wort am 30. Juni ausscheidet und der CSV zugerechnet wird, ist das noch nicht so sicher. Wie die Zeitung am Montag meldete, sei Claude Wiseler (CSV) als nächstes Mitglied des Staatsrates spekuliert worden. Der Abgeordnete sagt im Gespräch mit dem Tageblatt allerdings, dass dies nicht stimme.
Die CSV hat ihr Vorschlagsrecht für den Posten nämlich verloren, bestätigt CSV-Fraktionschefin Martine Hansen dem Tageblatt gegenüber. „Wir haben bei den nationalen und europäischen Wahlen Sitze verloren und deswegen mussten wir den Posten jetzt definitiv abgeben“, so Hansen.
Tageblatt-Informationen nach sei es gut möglich, dass der Sitz an „déi gréng“ gehe, die den freien Posten allerdings noch nicht für sich beansprucht haben. „Wir haben uns noch gar nicht damit beschäftigt – aber es ist klar, dass wir unterrepräsentiert sind“, so Josée Lorsché, grüne Fraktionsvorsitzende, dem Tageblatt gegenüber. Die Grünen haben zurzeit neun Sitze von 60 im Parlament – doch nur zwei Posten von 22 im Staatsrat.
Welche Partei darf das neue Mitglied stellen?
Momentan besteht der Staatsrat aus dem Erbgroßherzog Guillaume, zwei Personen ohne Parteihintergrund, zwei von „déi gréng“, vier von der DP, vier von der LSAP, acht von der CSV und eine Person von der ADR. Der Staatsrat soll das Kräfteverhältnis in der Abgeordnetenkammer auf zwei Amtsperioden widerspiegeln. Grob gerechnet heißt das: Die Zahl der Posten im Staatsrat entspricht ungefähr einem Drittel der Posten der Chamber. Teilt man die durchschnittliche Anzahl der Abgeordneten einer Partei auf zwei Amtsperioden durch drei, kommt man so auf die Anzahl der passenden Staatsratsmitglieder.
Mit dieser Rechnung stehen den Grünen 2,5 Plätze im Staatsrat zu. Dabei handelt es sich allerdings um eine vereinfachte Rechnung. „Das hängt auch davon ab, ob man die Proportionalität auf 21 Mitglieder rechnet oder ohne die beiden parteilosen Mitglieder, also auf 19“, heißt es aus Kreisen, die mit der Thematik vertraut sind. Falls mehrere Parteien Anspruch auf den freien Posten haben, werde dies normalerweise unter den Fraktionen besprochen.
Das Staatsministerium konnte dem Tageblatt bis Redaktionsschluss nicht mitteilen, wer den Kandidaten laut Rechnung stellen darf.
Wer darf Mitglied im Staatsrat werden?
Mindestens elf Staatsratsmitglieder müssen einen Hochschulabschluss in Jura erworben haben. Um zum Mitglied des Staatsrats ernannt zu werden, muss man Luxemburger sein, über seine bürgerlichen und politischen Rechte verfügen, im Großherzogtum wohnhaft sein und das 30. Lebensjahr vollendet haben. Der Thronfolger kann jedoch zum Mitglied ernannt werden, sobald er diesen Titel trägt. Die Staatsräte werden seit 2017 für eine Amtszeit von zwölf Jahren ernannt – vorher waren es 15. Bei der Ernennung des Kandidaten wird der Verteilung der politischen Parteien in der Abgeordnetenkammer sowie einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern Rechnung getragen.
Was ist der Staatsrat?
Der Luxemburger Staatsrat wurde 1857 gegründet und setzt sich aus 21 Mitgliedern sowie dem Erbgroßherzog zusammen. Der Staatsrat gilt als konsultatives Organ im Gesetzgebungsprozess. Die Mitglieder verfassen zu sämtlichen Gesetzesvorschlägen – aber auch zu großherzoglichen Verordnungen – Gutachten. Der Staatsrat soll dabei lediglich die Schlüssigkeit der Gesetze sowie die Vereinbarkeit mit den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und den europäischen Regeln kontrollieren – nicht den politischen Charakter eines Textes. Das Parlament kann sich jedoch theoretisch über die Einwände des Staatsrats hinwegsetzen, was in der Praxis nur selten vorkommt.
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