Coronavirus / Das CHEM und die Container für den Corona-Scanner
Zwei Container wurden gestern Morgen im Innenhof des Escher „Centre hospitalier Emile Mayrisch“ aufgebaut. Der Corona-Scanner, der in den kommenden Tagen dort einziehen wird, soll das Krankenhaus entlasten. Am 13. April nimmt er voraussichtlich seinen Dienst auf.
Pünktlich um 9.00 Uhr wartet ein Lastwagen vor dem Eingang des Krankenhauses in der Emile-Mayrisch-Straße. Auf seiner Ladefläche befindet sich ein 130 Tonnen schwerer Kran. Der Kran, der knapp zwei Stunden später zwei Container über einen Teil des Krankenhausgebäudes hieven wird. In ihrem Inneren kommt der Scanner unter, der dem Krankenhaus bei der Diagnose des Coronavirus helfen wird.
Dr. Serge Meyer ist seit dem 10. März der Leiter der Krisenzelle im „Centre hospitalier Emile Mayrisch“. Während der Kran aufgebaut wird, geht Dr. Meyer seiner Arbeit im „Corona-Flügel“ des Krankenhauses nach. Es sei zurzeit sehr stressig, sagt er später. Meyer kümmert sich um die Organisation rund um das Thema Coronavirus. Als Internist mit Spezialisierung in Onkologie und Präsident des „Conseil médical“ war er von Anfang an bei den Diskussionen rund um das Virus mit dabei. „Wir haben uns bereits im Januar Gedanken gemacht, als klar wurde, dass das Virus Wuhan überschritten hat und auch vor Luxemburg keinen Halt machen wird“, sagt er.
Inzwischen ist das Krankenhaus klar in zwei Bereiche aufgeteilt: einen grünen, in dem sich ausschliesslich Nicht-Corona-Patienten aufhalten, und einen roten für Corona-Patienten. Beide werden schon am Eingang streng voneinander getrennt.
Nach dem Stand von gestern Mittwoch liegen in Luxemburg über 200 Corona-Patienten im Krankenhaus. 55 von ihnen befinden sich im CHEM. Für sie wurde das alte „bâtiment mineur“ freigemacht. Insgesamt stünden hier maximal 110 Betten zur Verfügung, sagt Serge Meyer gegenüber dem Tageblatt.
Dieser Ort sei aus technischen Gründen ausgewählt worden. Denn das alte Gebäude kann komplett vom restlichen Krankenhaus getrennt werden – auch was die Belüftung betrifft. Hier befindet sich unter anderem die Palliativstation, die als erste Station für Corona-Patienten freigemacht wurde. Die vier Stockwerke darüber sind kurz danach gefolgt.
Erfahrung mit Infektionskrankheiten
Zudem befindet sich in dem Gebäude die Onkologie, deren Erfahrung mit Infektionserkrankungen wertvoll für den Umgang mit Corona-Patienten ist. Die Ärzte und Pfleger der Krebsstation sind dauernd mit Infektionserkrankungen in Kontakt. Weil das Immunsystem der Patienten, die hier liegen, oft heruntergefahren ist, sind die Mitarbeiter an die Isolation gewöhnt – und daran, die anfälligen Personen genauso wie das Personal zu schützen.
Auf die Eventualität, dass die Betten im „bâtiment mineur“ nicht mehr ausreichen, ist das CHEM laut Serge Meyer vorbereitet. Die Cafeteria könne umfunktioniert werden, sagt er. Daneben sei das Krankenhaus in Düdelingen bereits leergeräumt worden. Hier können entweder Corona-Patienten oder Nicht-Corona-Patienten untergebracht werden. „Das entscheiden wir dann je nach Bedarf“, so Dr. Meyer.
Das Genesungszentrum in Kolpach droht schnell ausgelastet zu sein. Unter anderem aus technischen Gründen: Ohne fließenden Sauerstoff in den Zimmern werden die Grenzen schnell erreicht.Leiter der Krisenzelle im CHEM
Was diesbezüglich nicht zu unterschätzen sei: die Unterbringung älterer Menschen, die infiziert waren und auf dem Weg der Besserung sind. „Sie sind oft einen Monat lang schwach, brauchen viel Zeit zur Genesung und können nicht wieder nach Hause, wo sie eventuell alleine oder mit einem gebrechlichen Partner zusammenleben“, sagt der 58-jährige Arzt. Zudem seien sie immer noch potenziell ansteckend. Das Genesungszentrum in Kolpach habe sich zwar angeboten, diese Patienten anzunehmen, aber dieses werde sehr schnell ausgelastet sein, sagt Meyer. Auch aus technischen Gründen: Denn ohne fließenden Sauerstoff in den Zimmern würden die Grenzen schnell erreicht. Die drei Zentren, die es im Land gibt – Düdelingen, die „Clinique Sainte-Marie“ in Esch und das CHL Eich – wären seiner Meinung nach alternative Möglichkeiten, um diese Personen unterzubringen.
Was das Personal angeht, sei das CHEM gut aufgestellt. Viele Mitarbeiter seien zurzeit zu Hause „in Reserve“, wo sie darauf warten, eingesetzt zu werden. Darunter befinde sich zum Beispiel das Personal aus Düdelingen, wo das Krankenhaus derzeit geschlossen ist. Serge Meyer ist von der Zusammenarbeit im CHEM begeistert: „Ich arbeite seit fast 30 Jahren hier und ich habe noch nie eine derartige Solidarität erlebt.“
Eine seiner Aufgaben ist die Verwaltung des sogenannten Covid-Teams. Dieses wurde aus 25 Internisten mit verschiedenen Spezialisierungen zusammengesetzt. Darin sind Gastroenterologen, Kardiologen, Geriater, Internisten, Nephrologen und Onkologen vertreten. Die Teammitglieder wechseln sich rund um die Uhr ab. Über den Tag haben jeweils fünf Dienst, nachts hält einer die Stellung. „Das schafft er gerade noch so. Bald müssen wir einen zweiten für nachts vorsehen“, sagt Meyer.
Die Krane sind aufgebaut, als die beiden Container am Mittwoch um kurz nach 11.00 Uhr beim CHEM eintreffen. Serge Meyer sieht zu, als sie vor dem Hintergrund eines babyblauen Himmels über die „Passerelle“ des Krankenhauses befördert werden. Der Gang zwischen den zwei Krankenhausgebäuden, in dem sich unter anderem das Büro des Krankenhausdirektors Hansjörg Reimer befindet, musste für die Dauer der Aktion evakuiert werden. Die 7,5 mal 3 Meter großen Container werden direkt an den Teil des Krankenhauses angebunden, in dem die Corona-Patienten untergebracht sind. Am 13. April soll der Scanner zum ersten Mal in den Einsatz – davor muss noch einiges erledigt werden.
Heute wird das Innere der Container mit Blei verkleidet. Dadurch wird verhindert, dass Strahlung vom Scanner nach außen gelangt. Ist das abgeschlossen, wird der Scanner geliefert und an die Elektronik angeschlossen. „Die größte Aufgabe wird es dann sein, den Scanner an unser Datensystem anzupassen“, sagt Meyer.
Entlastung des Krankenhausbetriebs
Der Internist bezeichnet das Gerät als einen „Feldscanner“. Im Gegensatz zu den beiden hochmodernen Scannern, die sich in Esch und in Niederkorn befinden, braucht dieser weniger Leistung. Sein Ziel lautet ausschließlich, schnelle Corona-Diagnosen zu bringen – und das kann das Modell des Typs „Révolution Evo“ der Firma GEHealthcare Technologies gut.
„Die Diagnose Covid entsteht hauptsächlich durch einen kontrastlosen Scanner der Lunge“, sagt Meyer. Sind milchglasartige Veränderungen des Lungengewebes zu erkennen, steht die Diagnose des Coronavirus fest. Dabei sei der Scanner diskriminativer und viel schneller als der Test. Das Ergebnis liege sofort vor. Je nachdem, wie der Zustand des Patienten ist, könne das Leben retten.
Außerdem sei der Scanner sicherer. „Der Test ist manchmal negativ und wird erst Tage später positiv. Es ist eine absolute Fehleinschätzung, zu denken, dass man nicht ansteckend ist, wenn der Test negativ war“, warnt der Arzt. Im CHEM seien drei Personen gewesen, die eindeutig krank waren und das Virus höchstwahrscheinlich haben, deren Test sei jedoch negativ gewesen sei. Woran das liegt, stehe im Raum.
Neben der diagnostischen Schnelligkeit und Sicherheit des neuen Scanners erlaubt dieser es dem CHEM aber auch, den anderen Scanner für Nicht-Corona-Patienten freizumachen. Dieser würde derzeit zu 50 Prozent von Corona-Patienten beansprucht. Dadurch müsse er jedes Mal aufwändig gereinigt werden, nachdem ein Corona-Patient im Scanner war. Die Reinigung nehme jedes Mal 20 Minuten in Anspruch.
Provisorischer Scanner
Der „Révolution Evo“-Scanner wird dem Krankenhaus während der Krisenzeit von der Regierung zur Verfügung gestellt. Wenn die Krise vorbei ist, wird er wieder abgebaut. Meyer vermutet, dass die Regierung ihn dann als „Second-Hand-Scanner“ weiterverkaufen wird.
Es ist 12.30 Uhr, als die beiden Container an ihrem definitiven Platz im Innenhof des CHEM stehen. Serge Meyer muss zurück zu seinen Patienten ins „bâtiment mineur“. Auf den Wunsch hin, er möge viel Kraft für die kommenden Tage haben, antwortet er: „Für die kommenden Wochen und Monate. Aber vielen Dank.“ Dann verschwindet er durch den Hintereingang des Krankenhauses.
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