Ferienreise der besonderen Art / Das Ehepaar Weinberg fuhr 6.000 Kilometer in einem Peugeot Baujahr 1930
In einem Peugeot 201 aus dem Jahr 1930 fuhren Steven Weinberg und seine Frau Marie-Xavier über 6.000 Kilometer durch Europa – bis zur Quelle des Rheins, dann die Rhône entlang bis zu ihrer Mündung ins Mittelmeer, und schließlich die Loire von der Quelle im Zentralmassiv bis an die französische Atlantikküste. Wir trafen den Abenteurer in seinem Haus in Senningen.
Von Senningen bis nach Saint-Nazaire an der französischen Atlantikküste sind es auf dem kürzesten Weg um die 800 Kilometer; laut der Website viamichelin sind sie in acht Stunden zu schaffen. Vorausgesetzt, man fährt in einem „normalen“ Auto und wählt auch wirklich den kürzesten Weg. Zu einfach für Steven Weinberg. Nicht nur, dass er einen Umweg wählte, er fuhr einen besonders weiten Bogen zu seinem Ziel: 6.324 Kilometer den Rhein, die Rhône und die Loire entlang, und das alles in einem alten Peugeot 201 aus dem Jahre 1930.
Anfang Mai berichteten wir über den Abenteurer, der zusammen mit seiner Frau Marie-Xavier zu einer mehrwöchigen Reise durch Europa aufbrach. Geplant waren anfangs 12.500 Kilometer entlang fünf Flüssen, bis zum Donau-Delta. Leider mussten wir nur wenig später berichten, dass die Reise in der Nähe der niederländischen Stadt Vuren ein jähes Ende gefunden hatte. Mechanische Probleme an seiner „La Charmante“, wie er seinen Wagen taufte, zwangen die beiden am 5. Mai schon nach 600 Kilometern zur Aufgabe. U.a. musste eine neue Hinterradaufhängung her, die er in Toulouse ausfindig machen konnte. Damals sagte uns Weinberg am Telefon, dass er natürlich enttäuscht sei, doch hoffe, dass der Wagen bald repariert sei und er wieder losfahren könne.
Der zweite Versuch
Am 30. Mai starteten die beiden den zweiten Versuch. Von den ursprünglich geplanten fünf Flüssen absolvierten sie drei. Seit zwei Wochen sind die beiden nun wieder zurück im heimischen Senningen. Obwohl er uns Dutzende von Fotos von der Route durch die schönsten Gegenden Europas zeigt, drehen sich seine Anekdoten der Reise hauptsächlich um die Menschen, denen er begegnet ist. Diese Begegnungen seien das Wichtigste bei seinen Reisen, wie er uns schon bei unserer ersten Begegnung sagte. 13 Pannen hatte er insgesamt, einige Male habe er ans Aufgeben gedacht, doch stets begegnete er hilfsbereiten Menschen.
Der erste Teil der Reise führte am Rhein entlang: vom niederländische Vuren aus durch Deutschland, die Schweiz, Liechtenstein und wieder zurück in die Schweiz, an die Quelle des Rheins, zum Tomasee in Graubünden. Bereits in den ersten Tagen waren sie mit Pannen geplagt, die sie fast zum Aufgeben zwangen.
Nachdem sie die Schauplätze des Zweiten Weltkriegs rund um Nijmegen und Arnheim verlassen hatten, fuhren sie nach Zutphen. Als sie nach einer Stadtbesichtigung wieder losfahren wollten, bemerkte Weinberg ein seltsames Geräusch. Der Anlasser machte Probleme. Er fuhr zur nächsten Garage, doch der Mechaniker konnte nicht helfen. Er rief einen Freund zu Hilfe, einen 85-jährigen Mechaniker, der den Anlasser schließlich reparieren konnte. In der Nähe von Heidelberg gab es die nächste größere Panne: Diesmal war es der Auspuff, der einer Reparatur bedurfte. Bei der dritten Reparaturwerkstatt, die er anrief, fand sich schließlich ein Mechaniker, der zu helfen wusste und das nötige Verbindungsstück vor Ort selber anfertigen konnte.
Alpenpass-Überfahrt
Doch die größte Herausforderung der ganzen Reise lag noch vor ihnen. Um von der Quelle des Rheins bis zu der der Rhône zu kommen, hatten sie eine Strecke über den Oberalppass gewählt. Kurz davor machte der Wagen wieder Schwierigkeiten. Sogar im ersten Gang war es nicht möglich, einen kleinen Berg hochzufahren, auf dem sich ein Hotel befand, in dem sie ein Zimmer reserviert hatten. Sie mussten die Route kurzerhand ändern und fuhren nach Chur, wo sie sich wieder einmal am Ende der Reise glaubten.
Wieder kam ihnen der Zufall zu Hilfe. Der Eigentümer des Hotels in Chur entpuppte sich als Oldtimer-Liebhaber. Dieser organisierte ihnen kurzerhand einen Termin bei „seinem“ Mechaniker, einem Spezialisten für alte Autos. Einer größeren Reparatur bedurfte es nicht, nur Fingerspitzengefühls, erzählt Weinberg. Hie und da korrigierte dieser den Abstand von Schrauben, überprüfte die Zündkerzen, den Vergaser … Anfangs sei er sehr skeptisch gewesen, so Weinberg. Das Resultat war nicht spektakulär, aber sehr subtil: „Das Geräusch des Motors war viel angenehmer.“ Auch wenn sie einige der Steigungen nur mit 15 km/h im ersten Gang schafften – der Motor hielt durch. Den anschließenden Furkapass zu überqueren, riskierte er allerdings nicht. Der dortige Tunnel von Realp nach Oberwald ist ganzjährig geöffnet, und so entschieden sie sich, den Wagen für die Durchfahrt auf den Zug zu stellen.
Am 15. Juni konnten sie die zweite Etappe ihres Abenteuers in Angriff nehmen: die Rhône entlang bis zum Mittelmeer. Alles verlief mehr oder weniger reibungslos. Bei Lyon ging es am futuristischen „Musée des Confluences“ vorbei. Ein Foto mit dem alten Auto vor dem Gebäude zu machen, sei ihm von einem Sicherheitsbeamten untersagt worden. „Man darf mir nicht ohne verständlichen Grund Nein sagen“, sagt Weinberg. Er setzte sich über das Verbot hinweg und fuhr um das Gebäude herum, fand eine weitere Zufahrt zum Gelände. Diese sei mit zwar Steinen versperrt gewesen, die allerdings für moderne Autos gedacht waren, für seinen 1,35 Meter breiten Peugeot aber noch breit genug. So konnte er doch noch seine Fotos machen.
Auch auf dieser Etappe ging es wieder vorbei an einem (schaurigen) Schauplatz des Zweiten Weltkriegs: Izieu. Am 6. April 1944 ließ dort der Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie, in einem Kinderheim 44 Kinder im Alter von 5 bis 17 Jahren sowie sieben jüdische Erwachsene verhaften und deportieren. Außer einer Erzieherin wurden alle ermordet.
Die Reise die Rhône entlang zum Mittelmeer und anschließende von der Quelle der Loire am Mont Gerbier de Jonc bis nach Saint-Nazaire am Atlantik verlief ohne größere Probleme. Mit den Schlössern der Loire warteten dort die letzten Höhepunkte der Reise. In Saint-Nazaire war zwar der „offizielle“ Teil der Reise zu Ende, doch es blieben noch die letzten 800 Kilometer zurück nach Senningen, die sein Peugeot ohne Probleme bewältigte.
Fünf Flüsse waren geplant, drei hat das Ehepaar geschafft. Die beiden anderen, Donau und Elbe, wollen sie aber auf jeden Fall auch noch abhaken – im nächsten Jahr.
Läuft alles nach Plan, wird Steven Weinberg noch dieses Jahr das Buch zu der Drei-Flüsse-Reise herausgeben. Geschrieben hat er es schon. Da er es selbst herausgibt, sucht er nun Sponsorengeld. Im September will er dazu ein Crowdfunding starten.
Fotos und Berichte zu dieser und anderen Reisen Steven Weinbergs finden Sie auf seinem Blog weinberg.lu
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