Editorial / Das Frieden-Paradoxon – was der neue Premier mit den Piraten gemeinsam hat
Kaum ist der neue Premierminister im Amt, bereitet er den Journalisten Kopfschmerzen. Mit wachsender Verwirrung haben jene deutschsprachigen Berichterstatter, die die Regierungsbildung in den vergangenen Wochen abdecken durften, nämlich das sogenannte „Frieden-Paradoxon“ zu spüren bekommen. Dazu sollte vielleicht vorangestellt werden, dass es sich bei diesem Problem nicht um die Person oder die Politik oder den Politiker Luc Frieden dreht – sondern um seinen Namen. Für den kann der Mann zugegebenermaßen nichts.
Das „Frieden-Paradoxon“ ist eher stilistischer Natur. Ja, der Familienname unseres neuen Staatslenkers stellt zumindest in der Disziplin des nachrichtlichen Schreibens eine gewisse Herausforderung dar. Das hat während des Wahlkampfs noch für albernes Gegluckse bei der Luxemburger Journaille und zu mehr oder weniger gewollt lustigen Wortspiel-Albernheiten auf diversen Tageszeitungs-Seiten geführt. Immerhin: Beim Tageblatt hatte man sich vorgenommen, möglichst nicht auf die ausgelutschteste Floskel von allen hereinzufallen und irgendwo zu titeln „Ein bisschen Frieden“. Ob dieses hehre Ziel (bis jetzt) erreicht wurde? Das wissen jetzt und bis in alle Ewigkeit nur die Archive.
Jetzt ist der Frieden in der harten politischen Realität angekommen. Und dort ist es dann möglicherweise nicht mehr ganz so lustig. Oder doch? In seiner Regierungserklärung sagte der neue Premier beispielsweise gleich im zweiten Satz, dass er das Land in „Frieden“ und Wohlstand führen wolle. Etwas später sagte er dann, dass „Frieden“ und Freiheit keine Selbstverständlichkeit seien. Um dann schließlich zu resümieren: Nur wenn wir in der Welt „Frieden“ und Stabilität hätten, gehe es uns auch gut. Wichtiges Element ist für den neuen Premier übrigens auch der soziale „Frieden“. Wir hoffen es.
Was sich an dieser Stelle ein wenig wortklauberisch anhören mag, erweist sich beim journalistischen Titeln als handwerkliche Herausforderung. Gerne zieht die schreibende Zunft hierfür markante Aussagen des politischen Führungspersonals heran – samt Urheber, versteht sich. Zumindest im geopolitischen Kontext war das beim Ex-Premier bedeutend einfacher: „Bettel: Wir sorgen uns um den Frieden.“ So klingt eine seriöse Überschrift. „Frieden: Wir sorgen uns um den Frieden.“ Das klingt wie ein Internet-Meme.
Durchkämmt man etwas die Archive nach dem neuralgischen Suchwort, wird einem als Journalist im Hinblick auf Informationsvermittlung in den kommenden fünf Jahren angst und bange. „Frieden hat einen Preis.“ „Wir wollen Frieden.“ „Mehr Granaten für den Frieden.“ Nicht zu sprechen von Friedensmärschen, Friedensverträgen, Friedensverhandlungen und Friedenskonferenzen.
Extrem zufrieden damit, dass Frieden in die Regierung eingekehrt ist, ist dagegen die Luxemburger Piratenpartei. Die wird nämlich endlich ihr Floskel-Exklusiv-Abo los, mit dem wir fachfremden Schreiberlinge in den vergangenen Jahren die Nautiker, Marine-Historiker und Binnenschifffahrtskapitäne dieses Landes gequält haben. Aber nachdem die Polit-Freibeuter nach den vergangenen Wahlen wieder nicht die Regierung entern konnten, kreuzen sie sowieso in ganz anderen metaphorischen Gewässern.
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Si vis Frieden- para bellum!