Verkehr / „Das kriegen wir bis 2035 nicht hin“ – TICE braucht eine Konvention für die elektrische Ära
Eine neue Konvention muss her – deshalb hat sich das Büro vom TICE am Montag mit der Transportministerin Yuriko Backes getroffen. Wenn das Syndikat die Energiewende mittragen soll, dann braucht es Geld – und nicht wenig. Auf der anderen Seite steht eine Regierung, die Luxemburgs Schuldenlast möglichst klein halten will. Und dann wären da noch die Arbeitsplätze …
Redet man dieser Tage mit Marco Lux, dann wirkt der Erste Schöffe (LSAP) der Gemeinde Kayl nicht gerade zuversichtlich. „Die Zeiten sind nicht gut“, sagt er. Hintergrund ist das Treffen, das er in seiner Funktion als Präsident des TICE mit Transportministerin Yuriko Backes (DP) hatte. Dieses hatte Anfang der Woche für Wirbel gesorgt – die Gewerkschaft der Gemeindefunktionäre FGFC hatte sich über ihre Ausladung beschwert und befürchtet ein Ende des TICE. Denn: Die Konvention mit dem Staat, welche die zehn Betreibergemeinden unterhalten, läuft dieses Jahr aus. Und die weitere Finanzierung steht im Zeichen des Sparkurses der neuen Regierung.
Mit 179.000 Einwohnern und rund 95.000 Arbeitsplätzen auf luxemburgischer Seite bildet der urbane Süden das zweitgrößte Ballungsgebiet des Großherzogtums. Dieses Ballungsgebiet zwischen Petingen und Bettemburg zeichnet sich durch mehrere relativ großen Ortschaften aus, mit großen, ländlichen Lücken dazwischen. Verkehrstechnisch zusammengehalten wird der Süden – mit Ausnahme von Bettemburg – durch den „Transport intercommunal de personnes dans le canton d’Esch-sur-Alzette“ – kurz, TICE. Fast 150 Busse sorgen hier für den täglichen Transport von Schülern, Studenten und arbeitendem Volk, häufig im Viertelstundentakt. Seit 110 Jahren existiert der TICE, und auf das Syndikat warten große Herausforderungen.
180 Millionen Euro für die elektrischen Busse
„Ich will nicht in das Horn der Gewerkschaft blasen“, sagt Marco Lux. Alarmismus sei seiner Meinung nach fehl am Platz, das Treffen mit dem Ministerium sei konstruktiv verlaufen. „Ich habe jetzt keine Gegenwehr gespürt. Wir haben das Gelände sondiert und einander zugehört.“ Die Aufgabe der Gemeinden sei es nun, die notwendigen Zahlen zu produzieren: Arbeitsstunden, Fahrstunden, Finanzierungsbedarf. „Wir brauchen alleine 180 Millionen, um die Flotte zu elektrifizieren. Hinzu kommen noch die Kosten für die Ladeinfrastruktur. Das kriegen wir bis 2035 nicht hin.“
Vor allem dann nicht, wenn Finanzminister Gilles Roth den Sparstrumpf feste zuschnürt. Denn es existieren zwei Finanzierungsmodelle für den öffentlichen Bustransport in Luxemburg: RGTR und CFL. Grob vereinfacht lässt sich sagen: Bei den RGTR-Linien bewerben sich konkurrierende Privatunternehmen auf Buslinien und bieten einen Betrag pro gefahrenem Kilometer. Um konkurrenzfähige Preise anzubieten, sparen die privaten Anbieter natürlich bei den Personalkosten. Das andere Modell, die CFL, ist vollständig staatlich finanziert. Und der TICE? Liegt als interkommunales Syndikat irgendwo dazwischen: Die Fahrer sind Kommunalbeamte und erhalten ein entsprechendes Gehalt. Sollte die Regierung das RGTR-System für den TICE adaptieren, dann stehen düstere Jahre für die Angestellten ins Haus. Marco Lux gibt allerdings Entwarnung: „Wir haben kein Interesse daran, beim Personal zu sparen. Im Gegenteil, wir brauchen mehr Leute.“
Was Lux sich wünscht, ist ein mehrjähriges Budget, das den Gemeinden eine sichere Planung ermöglicht. Und zwar im Idealfall in der gleichen Verteilung wie in der vergangenen Konvention: Etwa 60 Prozent der Kosten übernimmt der Zentralstaat, 40 Prozent tragen die Gemeinden. In Zahlen sind das aktuell rund 52 Millionen aus dem Haushalt des Transportministeriums, während die klammen Kassen von Esch, Kayl, Schifflingen und Co. rund 38 Millionen Euro bereitstellen. Marco Lux gibt sich zuversichtlich: „Wir werden versuchen, die neue Konvention vor den Sommerferien unter Dach und Fach zu haben.“ Auf dass der TICE noch viele Jahre lang im Süden rollen.
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