Forschung / Das Luxembourg Institute of Health forscht auf höchstem Niveau
„Wir wollen die Grenzen der Wissenschaft in Luxemburg erweitern“, heißt es in einem Marketing-Video des Luxembourg Institute of Health (LIH). Mit seinen rund 400 Mitarbeitern forscht das Institut an neuen Methoden, um Krankheiten zu erkennen und zu besiegen.
International kann sich das LIH sehen lassen. In einem Ranking von Times Higher Education belegte es 2018 den 7. Platz unter europäischen Instituten und den 15. Platz weltweit. Dass das LIH die Speerspitze der medizinischen Forschung in Luxemburg ist, lässt der Staat sich gerne etwas kosten. Für die Jahre 2018 bis 2021 erhielt das LIH rund 150 Millionen Euro. Die Investition stieg gegenüber den fünf Jahren davor um 26 Prozent.
Das LIH ist neben dem Luxembourg Institute of Science and Technologie (LIST) und dem Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (Liser) eine der drei öffentlichen Forschungseinrichtungen im Großherzogtum. Der Schwerpunkt des LIH ist die Biomedizin. Hervorgegangen ist die Forschungsinstitut – so wie es heute ist – 2015 aus dem Zusammenschluss des CRP-Santé und der luxemburgischen Biobank (dazu später im Text mehr).
„Die Leute, die das LIH geschaffen haben, hatten Hirn, Weitsicht und Mut“, sagt Ulf Nehrbass. Er ist nicht nur Direktor des LIH, sondern auch Übergangsdirektor der luxemburgischen Biobank. Er hat sich die Zeit genommen, mit dem Tageblatt über beide Institute zu sprechen.
Kampf gegen Covid
Seine Stellung in der luxemburgischen Gesellschaft konnte das LIH 2020 unter Beweis stellen. Gleich zu Beginn der Covid-Pandemie stellten die Forschenden des LIH zwei große Studien auf die Beine, die dazu beigetragen haben, das Virus besser zu verstehen. Am bekanntesten ist die CON-VINCE-Studie. Dabei handelt es sich um ein nationales Forschungsprojekt „mit dem Ziel, die Prävalenz und Dynamik der Verbreitung von Covid-19 in der luxemburgischen Bevölkerung zu bewerten“.
Daneben ist das LIH Teil der Covid-Taskforce, die die Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie in Luxemburg koordiniert und die Regierung berät. Direktor Ulf Nehrbass steht der Taskforce vor und wurde so wie seine Institute im letzten Jahr der Öffentlichkeit bekannt.
Auch wenn heute in den Laboren des LIH Genschere und KI zum Einsatz kommen. Etwas hat die Forschung in der Biomedizin dann doch mit der Medizin vor hundert Jahren gemein, erklärt Nehrbass: Die Forscher probieren aus. Und zwar so lange, bis sie auf etwas stoßen, was funktioniert. Danach wird gefragt, warum es klappt. Wo vor hundert Jahren aber mit begrenzten Mitteln an Patienten, Tieren oder im Selbstversuch Therapien ausprobiert worden sind, wird heute maschinell im Akkord an gezüchteten Zellen experimentiert. Dafür werden zum Beispiel kranke Neuronen aus Hautzellen von Patienten herangezüchtet. Wird ein Mittel gefunden, das eine solche Zelle repariert, dann schauen sich die Forschenden die Resultate an und versuchen herauszufinden, wieso genau diese Methode wirkt – was die inneren Mechanismen, die kausalen Zusammenhänge davon sind.
Beobachtung spielt auch eine wichtige Rolle bei den klinischen Studien des LIH. Solche Studien untersuchen viele gesunde und kranke Personen. Sie sammeln viele unterschiedliche Daten über eine Gruppe von Patienten, suchen nach Gemeinsamkeiten und versuchen so Krankheiten zu verstehen, um sie besser erkennen und behandeln zu können.
Dabei verschreibt sich das LIH einer „bed to bench to bed“-Philosophie. Das heißt, die Bedürfnisse der Patienten und Mediziner am Krankenbett werden an der Werkbank im Labor bearbeitet und die Ergebnisse den Patienten und Medizinern zur Verfügung gestellt. Dass die Forschungsergebnisse auch in die Praxis überführt werden können, steht beim LIH im Vordergrund.
Bei der Integrierten Biobank Luxemburg (IBBL) handelt es sich um eine Einrichtung, die mit (Gewebe-)Proben von Patienten arbeitet. Hunderttausende Proben sind in der Biobank gespeichert. Anders als der Namensteil Bank es vermuten lässt, handelt es sich dabei nicht nur um ein bloßes Lager für genetisches Material. Die IBBL entnimmt Proben von Patienten, verarbeitet sie, lagert sie und kann sie auch analysieren. Ein solch integraler Ansatz sei durchaus ungewöhnlich für eine solche Einrichtung, so Nehrbass. „Dabei kann man viel falsch machen“, meint Nehrbass. Bei den Proben, mit denen die Biobank arbeitet, handelt es sich aber nicht nur um Gewebe. Die Einrichtung ist auch dazu in der Lage, zum Beispiel Bewegungsmuster und Stimmproben zu lagern und damit zu arbeiten.
Bei seiner Forschung setzt das LIH leider auch Tierversuche ein. Bei Umfragen sprechen sich immer wieder viele Menschen gegen solche Versuche aus. In Zukunft müsse man Tierversuche so weit wie möglich reduzieren, sagt Ulf Nehrbass. Fortschrittliche Methoden könnten dazu beitragen. Diese Entwicklung ginge aber nicht von heute auf morgen vonstatten. Die Vorstellung, Tierversuche komplett abzuschaffen, sei derzeit naiv, doch man müsse darauf hinarbeiten, so Nehrbass.
Fast wäre der Direktor rundum zufrieden mit seinem Institut. Wäre da nicht der Umstand, dass das LIH und die Biobank auf mehrere Gebäude verteilt sind, die noch dazu angemietet sind. Rund drei Millionen Miete kostet das jährlich. „Das ist Geld, das wir natürlich lieber in die Forschung stecken würden“, sagt Nehrbass. Ein eigenes und vor allem einzelnes Gebäude würde die Zusammenarbeit wesentlich vereinfachen. Er wagt von einem eigenen Gebäude auf Belval nahe der Uni zu träumen. Davon wurde bereits 2014 kurz nach der Gründung des LIH gesprochen.
Eine seltsame Mischung aus Vision, Risiko und Konservatismus habe das LIH entstehen lassen – ein „vernünftiges Risiko“, das schon so oft in Luxemburg zum Erfolg geführt habe, betont Nehrbass.
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