Solidarwirtschaft / Das Projekt „Equibutz“: Wenn Eltern anderen Eltern helfen
Es ist eine rundherum sozial durchdachte Idee und eine Gemeinschaftsinitiative. Als der Sekretär der Sozial- und Umweltvereinigung „Equiclic“, die schon nachhaltig-soziale Projekte wie „Equivelo“ initiiert hat, mit Kollegen aus dem Vorstand die Köpfe zusammensteckt, wird „Equibutz“ geboren. Gebrauchte Kinderwagen gehen – wieder in Schwung gebracht – an die, die es brauchen.
Der normale Weg eines Kinderwagens ist, dass er gekauft oder von Verwandten geschenkt wird, wenn Nachwuchs kommt. Die Eltern benutzen ihn so lange, wie ihre Kinder ihn brauchen. Sind sie zu groß, stehen sie oft ausrangiert mit Gebrauchsspuren und vergessen in der Garage oder auf dem Speicher. Andere könnten sie derweil gut gebrauchen.
Das soll sich mit „Equibutz“ ändern, wofür es Logistik, Manpower und Professionals braucht, die wissen, wo der größte Bedarf ist. Am Erfolg von „Equivelo“ hat sich schon gezeigt, dass Ideen wie diese und der kreislaufwirtschaftliche Gedanke funktionieren. 1.200 gebrauchte Fahrräder, die zuvor aufbereitet wurden, haben seit Bestehen des Projektes neue Besitzer gefunden. Das ist viel in drei Jahren.
Deshalb hat das neue Projekt gute Chancen, genau so ein Renner zu werden. Das Ganze steht im Rahmen der zahlreichen Initiativen, die die Gemeinde Junglinster seit nunmehr 12 Jahren entwickelt und initiiert. Das Projekt auf den Weg gebracht und die Beteiligten zusammengetrommelt hat Paul Estgen (52). Er arbeitet schon länger mit Flüchtlingen und ist im Hauptberuf „Conseiller de l’intégration“ beim Familienministerium.
In Pedro Coutinho (48) findet er einen Gleichgesinnten. Der gelernte Bauingenieur mit Spezialisierung in Klimatechnik wendet sich schon früh nach seiner Ausbildung ebenfalls dem „sozialen Bereich“ zu, wie er sagt. Er managt die Beschäftigungsinitiative CIGR Syrdall seit 20 Jahren. Derzeit hat er 91 Arbeitslose, die fit für den Arbeitsmarkt werden sollen.
Zahl der Bedürftigen steigt
Sie überprüfen die gespendeten Kinderwagen, -schlafsäcke oder „Maxi-Cosis“ auf Tauglichkeit, fehlerhafte Stellen in der Mechanik und bei den Textileinlagen und reinigen sie. „Wir eröffnen damit neue Beschäftigungs- und Berufsfelder für unsere Leute“, sagt Coutinho. Neben vielen anderen Diensten gibt es ein Nähatelier beim CIGR Syrdall, wo alles, was aus Textil und fehlerhaft ist, erneuert wird.
Für die Vermittlung der Wagen ist Monique Fey-Sunnen (58) wichtig. Sie ist die Direktorin der „Initiativ Liewensufank“, einer Vereinigung, die vor allem junge Familien mit Neugeborenen begleitet, und dies schon lange nicht nur psychosozial. „Wir haben schon immer auch materiell mit Sachspenden geholfen, aber uns fehlten Lagerkapazitäten und Personal, um das organisatorisch zu bewerkstelligen“, sagt sie.
„Liewensufank“ ist eine Anlaufstelle für „Offices sociaux“, Gemeinden, Geburtsstationen oder Foyers für Flüchtlinge, die Familien vermitteln, wo es an vielem fehlt. „Das ist ein Querschnitt der Gesellschaft, die durch die sozialen Netze fallen“, sagt Fey-Sunnen. Gleichzeitig stellt sich dann oft heraus, dass es neben der psychosozialen Begleitung für Eltern und Kind auch materiell an vielem fehlt.
„Diese Familien haben kleine Einkommen und eine Reihe an sozialen Zulagen sind weggefallen“, sagt die „Liewensufank“-Direktorin. Oder die angehenden Eltern kommen wie die Flüchtlinge mit nichts im Land an. Seit Fey-Sunnen in dem Verein in wechselnden Positionen arbeitet, und das sind immerhin 14 Jahre, hat sie festgestellt, dass deren Zahl steigt.
Zehn der insgesamt rund 50 Kinderwagen, die in der Beschäftigungsinitiative CIGR Syrdall stehen, sind fertig restauriert. Sie sollen bald in ein Lager nach Ernster überführt werden, von wo sie dann nach Bedarf verteilt werden. Direkten Kontakt haben die Verantwortlichen von „Equibutz“ mit den Empfängern nicht. Eine neue Webseite, die wie ein „Webshop“ funktionieren soll, ist in Arbeit.
„Wir haben damit gewartet, bis ein Angebot da war“, sagt Projektmitbegründer Estgen. Nur diejenigen, die vor Ort mit den Familien arbeiten und sie begleiten, bekommen ein Login. Sie wissen am besten, wo gerade Bedarf ist und stellen sicher, dass die Spende an der richtigen Adresse landet.
Wichtige Adressen
Liewensufank.lu; Eqibutz.lu; www.cigr.lu; Equiclic.lu
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