Editorial / Das Trauerspiel von Esch: Der Fall Knaff und seine Konsequenzen
Nach einigen Tagen auf Tauchstation war Pim Knaff am Montag bei der feierlichen Einweihung des neuen Elysis-Pflegeheims wieder in offizieller Mission unterwegs. Dabei machte der Erste Schöffe der Stadt Esch den Eindruck, als hätte er den Rummel um seine Person schlecht verdaut. Ob der leidende Ausdruck echt war oder von einer gewissen schauspielerischen Begabung des Anwalts zeugt, sei dahingestellt. Fakt aber ist, dass der wegen schweren Steuerbetrugs verurteilte Knaff als Erster Schöffe weitermachen darf. Was gleich aus mehreren Gründen problematisch ist:
1) Aus der Urteilsbegründung geht klar und deutlich hervor, dass es sich bei der Straftat nicht um einen einfachen Buchhaltungsfehler handelt, wie Knaff glauben machen will. Er hatte zwischen 2020 und 2022 Zeit, den „Fehler“ rückgängig zu machen, entschied sich aber dazu, nicht mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Als Konsequenz musste sich die Staatsanwaltschaft die Dokumente via Hausdurchsuchung beschaffen.
2) Es wurde alles versucht, die Verurteilung zu vertuschen. Dass die Initiative zu einem diskreten Vergleich („Jugement sur accord“) von der Staatsanwaltschaft ausging, mutet befremdlich an, ist aber laut Justiz keine Seltenheit. Reporter.lu berichtet auch darüber, dass der Fall Pim Knaff nicht auf dem Programm der anstehenden Gerichtsverhandlungen und -urteile auftauchte, die die Medien des Landes im Vorfeld von der Pressestelle zugeschickt bekommen. Die Justiz spricht beim Fehler von einem puren Zufall. Auch der Anwaltsstand reagierte schnell und diskret. Knaff selbst informierte Bürgermeister Christian Weis erst, nachdem er kurz vor dem Veröffentlichen des Artikels von Reporter.lu um eine Stellungnahme gebeten wurde. Also erst, als er wusste, dass die Verurteilung den Weg in die Öffentlichkeit finden würde.
3) Knaff wurde vom Gericht, also vom Staat, als Insolvenzverwalter eingesetzt, um schlussendlich den Staat, also die Öffentlichkeit, um rund 130.000 Euro zu betrügen. Das ist Missbrauch des öffentlichen Vertrauens. Gleichzeitig soll Knaff als Schöffe und Vize-Bürgermeister verantwortungsvoll mit Millionen Euro Steuergeldern umgehen? Eine strikte Trennung von privater Angelegenheit und öffentlichem Mandat ist in Anbetracht dessen unmöglich.
Das eigentliche Trauerspiel aber ist, wie die Mehrheitsparteien ihre Nibelungentreue zu Pim Knaff rechtfertigen und sich mit fadenscheinigen Argumenten ihrer Verantwortung entzogen. Sie halfen damit mit, den Steuerbetrug zu bagatellisieren. Bürgermeister Christian Weis verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass das Gericht darauf verzichtet habe, gegen Knaff ein Verbot zur Ausübung eines politischen Mandats zu verhängen. Dabei ist sowas in Luxemburg nicht Usus. Auch die Grünen meinen, die Entscheidung, das Mandat fortzusetzen, läge exklusiv bei Knaff und seiner Partei. Die DP argumentiert derweil mit einer Trennung von Privatleben und politischem Mandat.
Fazit: Für CSV, DP und Grüne war der Machterhalt in Esch wichtiger als Werte wie Anstand, Integrität und Moral. Also sollten sie sich in Zukunft auch besser hüten, über Politikverdrossenheit beim Bürger zu klagen. Oder wie es der Escher ADR-Gemeinderat Bernard Schmit im Tageblatt ausdrückte: Sich dann wundern, „dass wir immer mehr Stimmen bekommen“.
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