Corona / Das Virus ausbremsen: Warum eine kurze und heftige Pandemie nicht gut ist
Im Falle eines Krankheitsausbruchs ist es wichtig, dass sich wenige Menschen anstecken, um das Gesundheitssystem nicht zu überfordern – die Krankheit soll ausgebremst werden. Es „schnell zu beenden“, sei ein Rezept für Panik und Chaos, warnen Experten.
Oft wird Corona mit der Influenza verglichen. An vielen Stellen hinkt der Vergleich zwar, doch bei beiden Krankheiten handelt es sich um Viren und die Vorbeugemaßnahmen, die jeder Bürger treffen kann, sind die gleichen und dürften mittlerweile bekannt sein. Sich regelmäßig die Hände waschen und sich nicht ins Gesicht fassen gehören dazu. Auch sollte man keine Oberflächen anfassen, die kontaminiert sein könnten. Hinzu kommen Maßnahmen wie Schulschließungen und die Förderung von Telearbeit. Ziel ist es, zu erreichen, dass sich so wenig Menschen wie möglich infizieren. Das Virus soll ausgebremst werden.
Das Wirtschaftsmagazin The Economist und die Zeitung New York Times haben nun über einen 2017 erschienen Fachartikel der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC berichtet, der eindringlich erklärt, wie wichtig es ist, dass eine solche Pandemie ausgebremst wird. Eine Pandemie darf auf keinen Fall „kurz und heftig“ verlaufen, so die Schlussfolgerung der Wissenschaftler. Der Fachartikel bezieht sich zwar auf Influenza, die daraus gezogenen Lehren gelten allerdings auch für andere Krankheiten, schenkt man den von der New York Times befragten Experten Glauben.
„Einige Kommentatoren haben sich dafür ausgesprochen, den Ausbruch schnell zu beenden. Das ist ein Rezept für Panik, unnötiges Leiden und Tod. Die Verlangsamung und Ausbreitung der Flutwelle von Fällen wird Leben retten. Eine Abflachung der Kurve hält die Gesellschaft in Gang“, sagte der Mediziner Dr. Drew Harris von der Thomas Jefferson Universität in Philadelphia der New York Times.
Flache Kurve
Begleitet wurde der Fachartikel der CDC von einer Grafik, die zwei Kurven zeigt. Eine Kurve zeigt den ungebremsten Verlauf einer Pandemie. Es gibt schnell sehr viele Kranke, bevor die Kurve ebenso schnell wieder absinkt. Die andere – sehr viel flachere – Kurve zeigt wie die Pandemie verlaufen könnte, wenn Maßnahmen ergriffen werden, um die Ausbreitung zu drosseln. Die Pandemie zieht sich über einen längeren Zeitraum, allerdings steigt die Zahl der Erkrankten nicht so weit.
„Je mehr Menschen sich an einem bestimmten Tag mit dem Virus melden, desto höher ist die Kurve; eine hohe Kurve bedeutet, dass sich das Virus schnell ausbreitet. Eine niedrige Kurve zeigt, dass sich das Virus langsamer ausbreitet – es werden weniger Menschen an einem bestimmten Tag mit der Krankheit diagnostiziert“, so Harris.
Die Journalistin Rosamund Pearce des Economist hat der Grafik ein einfaches Element hinzugefügt: eine gerade Linie. Sie steht für die Kapazitäten des Gesundheitssystems. Pearce Grafik verdeutlicht eines: Wenn eine Krankheit sehr viele Menschen gleichzeitig trifft, dann wird das Gesundheitssystem überlastet und das kann dramatische Folgen haben. Ärztliches Fachpersonal und Pflegekräfte können sich im schlimmsten Fall dann nicht mehr um alle Patienten kümmern und es steht nicht genug Material zur Verfügung, um alle Patienten gleichzeitig zu behandeln.
Angebot und Nachfrage
Es besteht ein Problem von Angebot und Nachfrage: Die Nachfrage steigt rapide, aber das Angebot kann nicht schnell genug angepasst werden. Ein medizinisches Studium und eine Ausbildung in der Pflege dauern Jahre. Es ist nicht möglich, von heute auf morgen neues Personal einzustellen. Zusätzlich gibt es Experten, die der Meinung sind, dass Pflegekräfte, die sich um Corona-Patienten kümmern, sich danach nicht mehr um andere Patienten kümmern dürfen. Auch die technischen Instrumente, die zum Beispiel in Laboren zur Durchführung von Tests benötigt werden, können nicht unbegrenzt von heute auf morgen vervielfältigt werden, da sie vor ihrer Inbetriebnahme zahlreiche Tests durchlaufen müssen.
„In den Laboren lässt sich das Personal nicht einfach aufstocken. Da braucht man Fachwissen. Und es gibt auch nur eine begrenzte Anzahl von Maschinen, die dabei eingesetzt werden. Auch, weil die Reagenzien, die dafür benötigt werden, irgendwann knapp werden könnten.“ sagte Medizinjournalisten Christina Sartori am Dienstag im Deutschlandfunk unter Berufung auf den Virologen Christian Drosten von der Berliner Charité. Deutsche Labore seien zwar besser aufgestellt gewesen als die Labore in Italien, allerdings arbeiteten sie dort jetzt auch am Anschlag. „Wichtig ist es, sich jetzt auf die konkreten Verdachtsfälle zu konzentrieren und nicht einfach ins Blaue hinein jeden zu testen“, so Sartori weiter. „Hier geht es jetzt wirklich darum, Ressourcen sinnvoll einzusetzen.“
Auch wenn eine Corona-Infektion in den meisten Fällen (vor allem bei jüngeren Menschen) glimpflich verläuft, bedeutet eine stärkere Ausbreitung, dass mehr Menschen ins Krankenhaus müssen. Um die Krankenhäuser zu entlasten, ist es wichtig, dass die Krankheit ausgebremst wird.
Wie schützt man sich am besten vor einer Ansteckung?
Die Schutzmaßnahmen sind die gleichen wie bei anderen Infektionen der Atemwege: Hände regelmäßig und gründlich waschen, in den Ellbogen oder in ein Papiertaschentuch niesen und das Taschentuch sofort in einem abgedeckten Mülleimer entsorgen, Händeschütteln und Küssen vermeiden, engen Kontakt mit kranken Menschen vermeiden, zu Hause bleiben, wenn man krank ist, und vermeiden, das Gesicht mit den Händen zu berühren.
Seit dem 2. März ist eine Hotline für die Öffentlichkeit unter der Nummer 8002 8080 in Betrieb.
Menschen mit Symptomen einer Infektion oder solche, die aus einem Risikogebiet zurückkehren, sollen nicht zum Arzt oder in die Notaufnahme gehen, sondern die Nummer 8002 8080 (oder im Notfall 112) anrufen.
Das Coronavirus im Steckbrief
– Name: Coronavirus, Covid-19
– Übertragungsweg: Tröpfcheninfektion
– Am meisten betroffene Körperregion: Lungen
– Symptome: trockener Husten, Fieber, Atemnot
– Inkubationszeit: bis zu 14 Tagen
– Gefährlich besonders für ältere Menschen oder Personen, die schon (schwere) gesundheitliche Probleme haben
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Keine Pandemie ist gut. Aber vielleicht bringt sie die Menschen dazu, sich auf das Wesentliche zu besinnen, auf den Wert unserer aller Gesundheit, auf Rücksichtsnahme, Disziplin, Empathie, Solidarität, Verzicht und Nächstenliebe, Auch wenn letztere Tugenden aus der Monde gekommen sind und belächelt werden. Alles menschliche Werte, die unabhängig von Religion oder sonst einer Doktrine sind.