Neue Statec-Prognosen / Das Wachstum bleibt mau – Eine echte Erholung wird hierzulande erst 2025 erwartet
Nach einem Jahr 2023, in dem die Luxemburger Wirtschaft geschrumpft ist, sehen die Anzeichen für das bereits angelaufene 2024 wieder besser aus. Rosig sind die Zahlen jedoch nicht, so das Luxemburger statistische Institut Statec bei der Vorstellung seiner neusten Prognosen. Erst 2025 rechnen die Statistiker mit einer spürbaren Erholung. Die Staatsfinanzen sollen derweil „nachhaltig“ in den roten Zahlen bleiben.
Das Wirtschaftswachstum in Luxemburg kommt nicht richtig vom Fleck. Nachdem im Vorjahr ein Rückgang von 1,1 Prozent verzeichnet wurde, rechnen die Luxemburger Statistiker für 2024 zwar wieder mit einer Erholung, jedoch nur von 1,5 Prozent. Deutlich niedriger als gewöhnlich: In den Jahren 1995 bis 2022 hatte die Wachstumsrate im Schnitt bei 3,2 Prozent pro Jahr gelegen. Das Wachstum würde dieses Jahr demnach zudem geringer ausfallen als im Rahmen der Prognose von Dezember 2023 (plus zwei Prozent) geschätzt.
Für die Statistiker ist der Grund für diese Entwicklung klar: „Wir müssen nur sehen, was um uns herum passiert“, so Statec-Direktor Serge Allegrezza am Mittwoch. In der Eurozone werde das Wachstum zwar wieder zulegen, doch nur schwach (auf 0,8 Prozent; Vorjahr: 0,4 Prozent). Dies sei eine Folge der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Er ist überzeugt, dass sie zu lange gezögert hat, ehe sie – in ihrem Kampf gegen die hohe Inflationsrate – nun im Juni mit einem Senken des Leitzinses begonnen hat.
Die hohen Zinssätze haben einerseits die Aktivität im Immobilienmarkt belastet wie auch die Gewinne der Unternehmen. „Eingequetscht zwischen den USA und China“ habe Europa gleichzeitig auch ein Wettbewerbsproblem, so Serge Allegrezza bei der Vorstellung der „Note de conjonture 2024 – 1“ weiter. Von der Krise im Energiebereich sei man stärker getroffen worden. Nach der Wahl des EU-Parlaments stellten sich nun zudem Fragen über die künftige Ausrichtung der Wirtschaftspolitik wie auch über den Binnenmarkt.
Eine kleine Erholung
Für 2024 rechnet Statec in Luxemburg nun, wie erwähnt, mit einer „kleinen Erholung“, „einem nicht besonders starken Aufschwung“, dem „Embryo einer Erholung“. Stimmungsumfragen unter Firmenchefs und Verbrauchern deuten auf eine Verbesserung hin, so Statec-Experte Bastien Larue. Die erste Schätzung der Entwicklung im ersten Quartal sei mit einem Plus von 0,5 Prozent zum Vorquartal das beste Ergebnis seit zwei Jahren gewesen. So soll das Großherzogtum den neuen Prognosen zufolge dieses Jahr zwar wieder wachsen, doch eben nur sehr langsam. Die Zahl der Jobs soll mit 1,3 Prozent (2023: 2,2 Prozent) noch langsamer zulegen als im Vorjahr und die Arbeitslosenquote soll weiter steigen (von 5,2 auf 5,8 Prozent).
„Mit einer sich beschleunigenden Erholung des Wachstums rechnen wir erst 2025“, sagt er weiter. Passieren soll dies gemeinsam mit einer weiter zurückgehenden Inflationsrate und fallenden Leitzinsen. Laut den vorgestellten Prognosen soll die Wachstumsrate dann auf drei Prozent steigen und die Zuwachsrate der neuen Arbeitsplätze auf 1,7 Prozent. Letzteres wäre weiterhin eine sehr niedrige Wachstumsrate, weswegen Statec 2025 noch einmal mit einem leichten Anstieg der Arbeitslosenquote (auf 5,9 Prozent) rechnet.
Kaufkraft stärkt Konsum
Seit letztem Sommer ist die Beschäftigung in Luxemburg fast im gleichen Tempo gewachsen wie in der Eurozone. Für die Eurozone ist dieses Tempo beachtlich, insbesondere in Anbetracht der mangelnden Dynamik der Wirtschaftstätigkeit, die auf eine gewisse Zurückhaltung bei der Beschäftigung hindeutet. In Luxemburg hingegen ist ein solches Wachstum symptomatisch für eine Krisensituation. In der Eurozone aber reicht das Beschäftigungswachstum aus, um die Arbeitslosenquote auf einem historischen Tiefststand (6,5 Prozent) zu stabilisieren.
Große Unterschiede gibt es derzeit bei der Entwicklung der unterschiedlichen Sektoren. Zum Ende des ersten Quartals dieses Jahres lag der Bereich „Baugewerbe“ 7,5 Prozent unter dem des Vorjahres, im Bereich „Handel, Verkehr und Gastgewerbe“ wurde ein Rückgang von 4,2 Prozent und im Finanzsektor ein Minus von 3,9 Prozent gemessen. Im Gegenzug sind die Bereiche ICT und öffentlicher Dienst deutlich gewachsen.
Gut gehalten habe sich zuletzt auch der Konsum der Haushalte, so Larue. Dank mehrerer Indextranchen seien die reellen Gehälter in Luxemburg deutlich schneller gestiegen als in den Nachbarländern. Doch was die Kaufkraft der Menschen hierzulande erhalten hat, hat die Wettbewerbskraft der Unternehmen gegenüber dem Ausland geschwächt. Mit der niedrigeren Inflationsrate müsste sich das nun wieder beruhigen: Nach einem Plus von sieben Prozent letztes Jahr sollen die Gehälter nun 2024 und 2025 wieder gemäßigter, um zwei bis drei Prozent, zulegen.
Weniger Investitionen
Stark belastet wurden die Unternehmen auch durch die höheren Zinssätze: Laut Statec mussten sie in den letzten beiden Jahren dadurch satte zwei Milliarden Euro mehr bezahlen – mehr als ein Drittel ihrer operativen Gewinne. Als Folge der höheren Kosten (Energie, Löhne) und der Verschärfung der Finanzierungsbedingungen sind die getätigten Investitionen allein 2023 um sechs Prozent zurückgegangen. Dabei gehöre die Investitionsquote hierzulande bereits seit 2015 zu den niedrigsten im Euroraum, so Statec.
Nun warten die Statistiker auf Zinssenkungen durch die Zentralbank. Bereits bei der Vorstellung der letzten Prognosen im Dezember hatte man die Wichtigkeit der Leitzinsen für die Wachstumsrate unterstrichen. Bis zu zwei Prozentpunkte könnte es in den beiden nächsten Jahren wieder nach unten gehen, hofft Statec-Experte Tom Haas. Die Inflation ist zuletzt bereits deutlich zurückgegangen. In der Eurozone wie auch in Luxemburg. Lag sie hierzulande im Juni 2022 noch bei 7,43 Prozent, so waren es im Gesamtjahr 2023 nur noch 3,7 Prozent. Im laufenden Jahr rechnet Statec nun mit einem weiteren Rückgang auf 2,3 Prozent. Im Jahr 2025 soll die Inflation dann jedoch, bedingt durch das Auslaufen einiger staatlicher Hilfsmaßnahmen gegen die hohen Energiepreise, wieder auf 2,6 Prozent ansteigen.
Ob dies tatsächlich eintreten wird, ist nicht so sicher. Doch sollten die Zinsen länger hoch bleiben als erwartet, dann würden die Zahlen schlechter ausfallen. Das diesbezügliche negative Szenario solle, laut dem am Mittwoch vorgestellten Bericht, daher nicht ignoriert werden. In diesem Fall würde das Land dieses und nächstes Jahr lediglich um 0,3 und 0,4 Prozent wachsen. Das Wachstum der Arbeitsplätze würde auf 0,4 Prozent zurückfallen und die Arbeitslosenquote auf 6,5 Prozent ansteigen.
Umzug nach Belval
Bereits laut dem zuvor beschriebenen „zentralen Szenario“ soll der Luxemburger Staat in all den kommenden Jahren Defizite erwirtschaften. 2024 sollen, mit weniger Indextranchen, weniger Einstellungen und weniger Investitionen, die Staatsausgaben zwar fallen – trotzdem sollen sie höher bleiben als die Einnahmen, die unter anderem ebenfalls zurückgehen sollen, so Haas. Der Staat wird damit auf absehbare Zeit „nachhaltig“ in den roten Zahlen bleiben.
Eine positive Folge hat die schwache Konjunktur dann doch: Die CO2-Emissionen gehen hierzulande weiter spürbar und vor allem stärker als in den Nachbarländern zurück, so Haas. 2024 und 2025 wird mit Rückgängen von um die 3,5 Prozent gerechnet. Ausreichen, um das Ziel für 2030 zu erreichen, werde das jedoch nicht, unterstreicht er. „Da brauchen wir eher Raten um die sieben Prozent.“ Zudem müsse man die Produktion von erneuerbarer Energie „weiter kräftig“ ausbauen.
Das nächste Mal, wenn Statec neue Wirtschaftsprognosen vorstellen wird, in der zweiten Jahreshälfte, wird das Institut in seinen neuen Sitz in Belval umgezogen sein. Zum letzten Mal umgezogen war Statec vor rund 20 Jahren, damals vom Boulevard Royal auf Kirchberg.
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