Wahlanalyse Zentrum / „déi gréng“ die großen Verlierer, DP und LSAP gewinnen jeweils einen Sitz
Zwei Gewinner und ein Verlierer. So lässt sich die Sitzverteilung im Bezirk Zentrum zusammenfassen. Während „déi gréng“ zwei Sitze einbüßten, konnten die bisherigen Koalitionspartner DP und LSAP davon profitieren.
Vor fünf Jahren konnten „déi gréng“ ihre Mandate im Zentrum noch von zwei auf vier verdoppeln. Nun ging es wieder zurück auf den Stand von 2013. Mit 11,53 Prozent mussten die Grünen im Vergleich zu 2018 einen Verlust von knapp 4,7 Prozentpunkten hinnehmen. Lediglich die nationale Spitzenkandidatin Sam Tanson und Mobilitätsminister François Bausch schafften den Einzug ins Parlament. Damit bestätigte sich der nationale Abwärtstrend der Grünen auch im zweitgrößten Wahlbezirk. Mit 17.983 Stimmen konnte Tanson ihr persönliches Resultat zwar ganz leicht, um 630 Stimmen im Vergleich zu 2018, verbessern, doch beim Verlust der Fraktionsstärke dürfte das nicht wirklich ein Trost sein. Bausch musste hingegen mit seinen 12.605 Stimmen einen Verlust von über 7.000 Stimmen hinnehmen. Hinter Tanson und Bausch platzierten sich Co-Parteipräsidentin Djuna Bernard, der städtische Gemeinderat François Benoy sowie die Schöffin aus Walferdingen, Jessie Thill. Alle drei waren zuletzt in der Chamber vertreten, werden in Zukunft aber nicht mehr am Krautmarkt vertreten sein.
Während die Grünen also wieder auf ihr Ergebnis von 2013 zurückgefallen sind, konnte die LSAP ihren dritten Sitz von 2013 zurückgewinnen, und das, obwohl der prozentuale Zuwachs mit knapp 0,1 Prozentpunkten äußerst knapp ausgefallen ist. So wurden die Sozialisten auch lange auf die Folter gespannt, bis sie Gewissheit hatten, dass sie den dritten Sitz zurückerhalten würden. Davon konnte man vor dem Wahlsonntag nicht unbedingt ausgehen. Mit Etienne Schneider und Marc Angel waren die beiden direkt Gewählten von 2018 nicht mehr mit ins Rennen gegangen. Franz Fayot und Francine Closener haben die beiden Sitze verteidigt.
Die Überraschung Delcourt
Nach 2013 schaffte Wirtschaftsminister Fayot damit zum zweiten Mal den direkten Einzug ins Parlament und verbesserte sein persönliches Ergebnis um rund 3.000 Stimmen auf 13.343. Für Closener (11.392 Stimmen) war es die erste Direktwahl in die Chamber. Für die größte Überraschung im Zentrum sorgte aber wohl die Moutforterin Claire Delcourt. Die Biologin bei der Kriminalpolizei war Spitzenkandidatin ihrer Partei bei den Gemeindeahlen in Contern, konnte ihr Mandat allerdings aufgrund einer Unvereinbarkeit mit ihrem Beruf nicht antreten. Delcourt positionierte sich am Sonntag mit 7.394 Stimmen vor der bisherigen Abgeordneten Cécile Hemmen (7.308 Stimmen) und vor „Santé“-Direktor Jean-Claude Schmit (7.006).
Nicht nur die LSAP versuchte nach der Pandemie, mit Gesundheitsberuflern zu punkten. Was bei den Sozialisten nicht ganz klappte, ging bei der DP auf. Mit Dr. Gérard Schockmel schaffte einer der beliebtesten Experten während der Corona-Pandemie den Sprung in die Chamber. Mit 15.164 Stimmen landete er auf Platz fünf bei den Liberalen. Das beste persönliche Ergebnis im Zentrum verzeichnete wenig überraschend Premierminister Xavier Bettel mit 34.018 Stimmen. Das sind nicht nur gut 3.000 Stimmen mehr als 2018, sondern damit überflügelte auf nationaler Ebene sogar den LSAP-Außenminister Jean Asselborn.
Bettel konnte sich nicht bloß über sein gutes persönliches Ergebnis freuen, sondern auch über einen zusätzlichen sechsten Sitz für seine Partei. Den hatte sie 2018 verloren. Mit einem Zuwachs um etwas mehr als einen Prozentpunkt waren die Liberalen die großen Gewinner im Zentrum. Hinter Bettel positionierte sich Finanzministerin Yuriko Backes auf Platz zwei. Die Newcomerin schaffte es, DP-Größen wie Lydie Polfer oder Corinne Cahen hinter sich zu lassen. Nicht mehr in die Chamber schaffte es dafür Guy Arendt.
„déi Lénk“ musste zittern
Bis auf die veränderte Sitzverteilung bei den drei bisherigen Regierungsparteien blieb im Zentrum alles beim Alten. Die CSV hat zwar 0,8 Prozentpunkte hinzugewonnen und zeitweise sah es aus, als könnten „déi mam Luc“ sich sogar einen achten Sitz sichern, am Ende blieb es dann doch bei den sieben Sitzen von 2018. Mit 30.999 Stimmen hat Rückkehrer Luc Frieden sein Ergebnis von 2013 sogar noch um gut 1.000 Stimmen verbessern können. Auch Co-Spitzenkandidatin Elisabeth Margue erzielte mit 23.164 Stimmen ein gutes Ergebnis. Damit platzierte sich Margue, die vor einem Jahr für Viviane Reding ins Parlament nachrückte, hinter Frieden auf Platz zwei. Nicht mehr im Parlament vertreten ist hingegen Laurent Mosar. Der ehemalige Chamber-Präsident wird im Fall einer Regierungsbeteiligung der CSV allerdings nachrücken. Genau wie der städtische Schöffe Maurice Bauer.
Die drei weiteren Sitze im Zentrum gehen an die Piraten, ADR und „déi Lénk“. Über weite Strecken des Abends sah es danach aus, als müsste David Wagner um seinen Sitz bangen, doch am Ende konnten die Linken ihren zweiten Sitz im Parlament doch noch verteidigen. Im Gegensatz zum nationalen Trend musste die ADR im Zentrum minimale Verluste hinnehmen. Nach dem Parteiaustritt von Roy Reding konnte Tom Weidig den Sitz im Zentrum für die Rechten sichern. Die Piraten haben ihre prognostizierte Fraktionsstärke zwar verpasst, dafür konnte sich Sven Clement mit 15.074 Stimmen über ein gutes persönliches Ergebnis freuen.
Mit 2,73 Prozent konnte die vor gut anderthalb Jahren gegründete Partei Fokus noch einen Achtungserfolg verzeichnen. Sie verpasste den angestrebten Einzug ins Parlament mit ihrem Spitzenkandidaten Frank Engel dennoch. Dieser hat noch am Wahlabend seinen Rückzug aus der nationalen Politik verkündet. Mit 1,32 Prozent spielte die neue Bewegung „Liberté-Fräiheet“ um Spitzenkandidat Roy Reding keine Rolle, ebenso wenig wie die Kommunisten.
Zentrum in Zahlen
Anzahl der Kandidaten
Männer: 118
Frauen: 92
Gewählte Abgeordnete
Männer: 12
Frauen: 9
Eingeschriebene Wähler
Im Zentrum waren 81.624 Wähler eingeschrieben.
Stimmzettel
In der Urne: 68.774
Gültig: 64.267
Ungültig: 2.929
Leere Stimmzettel: 1.579
Briefwahl: 19.122
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Merci Fränz…merci!