„Schützen, wat eis wichteg ass!“ / „déi gréng“ halten ersten Nationalkongress seit zwei Jahren in Präsenz ab
„déi gréng“ haben sich am Samstag unter dem Motto „Schützen, wat eis wichteg ass!“ zum ersten Nationalkongress in Präsenz seit zwei Jahren zusammengefunden. Häufig zur Sprache kamen die Abhängigkeit der EU-Länder vom russischen Gas und Öl, aber auch von fossilen Energieträgern im Allgemeinen. Andere Themen wie Hass im Netz oder mentale Gesundheit fanden auch ihren Platz.
„Es ist sehr schön, dass ich euch wieder ins Gesicht gucken und euch lachen sehen kann“, sagt der grüne Vize-Premierminister Luxemburgs, François Bausch, als er für seine Rede auf dem „déi gréng“-Parteitag die Bühne betritt. Er blickt im Junglinsterer „Centre polyvalent“ in einen vollen Saal – das gab es bei den beiden vergangenen Nationalkongressen nicht, da diese sich aufgrund des Coronavirus online abspielten. Bausch ergänzt jedoch gleich im Anschluss, dass die in Luxemburg wiedergewonnene „Freiheit“ durch fallende Corona-Regeln zu einem Zeitpunkt komme, an dem die Freiheit der Menschen an einem anderen Ort derzeit nicht nur eingeschränkt, sondern mit Panzern überrollt werde.
Die Weltgemeinschaft bezahle dabei derzeit einen hohen Preis – laut Bausch aus zwei Gründen. Der erste sei die Abhängigkeit von fossilen Energien, der zweite: „Weil wir so abhängig von fossilen Energieträgern sind, sind wir ziemlich locker mit unserem Verhältnis zu Diktaturen in der Welt umgegangen“, sagt der Minister. Auch wenn der Ukraine-Konflikt vorbei sei, müsse man sich überlegen, wie man künftig mit dem Thema umgehe. Dass sich die EU und auch Luxemburg unabhängig von russischem Gas und Öl mache, sei aus seiner Sicht ebenfalls wichtig. „Die Investitionen, die wir da machen, die sind nicht nur für unser Klima oder unsere Ressourcen gut, es ist ein kolossaler Beitrag für den Frieden auf dieser Welt“, sagt Bausch. Positiv überrascht sei er daher auch, dass das Thema bei der Tripartite mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung erhalten habe.
“Mir musse schützen, wat eis wierklech wichteg ass.” @BernardDjuna @MerisSehovic pic.twitter.com/mX5AeTfyTX
— déi gréng (@deigreng) March 26, 2022
Die grüne EU-Abgeordnete Tilly Metz spricht während ihres Vortrags ebenfalls die Abhängigkeit der EU von russischem Gas an. Noch vor einigen Wochen habe sich die Kommission im Rahmen der Taxonomie entschlossen, Gas- und Atomenergie noch über Jahrzehnte hinaus zu fördern. „Auf einmal gibt es aber jetzt auf europäischem Niveau eine breite Zustimmung dafür, sich vom russischen Gas unabhängig zu machen“, sagt Metz. „Aber sich ganz vom Gas und von fossilen Energien im Allgemeinen abzuwenden, dafür sind leider zu viele noch immer nicht bereit. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.“ Auch die Chamber-Abgeordnete Josée Lorsché sprach sich bei ihrer später folgenden Rede für eine Beschleunigung der Energiewende aus – man müsse der Abhängigkeit von fossilen Energien ein Ende setzen.
Wir brauchen endlich eine sozial gerechte SteuerreformCo-Sprecher „déi jonk gréng“
Fabricio Costa, Co-Sprecher von „déi jonk gréng“, wünscht sich in seiner Rede eine tiefergreifende gesellschaftliche Debatte über die Verteilung von Reichtum in der Gesellschaft. Die Schere zwischen Arm und Reich öffne sich immer weiter – „wir brauchen endlich eine sozial gerechte Steuerreform“, sagt Costa deshalb. Danach spricht er den Umgang Luxemburgs mit psychischen Erkrankungen an. Man müsse das Tabu brechen, das dieses Thema umgibt, „und sie als das anerkennen, was sie sind – nämlich richtige Krankheiten, die frühzeitig erkannt und behandelt werden müssen“. Es sei nicht zu akzeptieren, dass Luxemburg als eines der reichsten Länder der Welt es noch immer nicht fertigbringe, Psychotherapien krankenkassentechnisch zu übernehmen. „déi jonk gréng“ wollen außerdem eine bessere Vorsorge für die mentale Gesundheit junger Menschen. Deshalb schlage man einen obligatorischen schulischen Besuch eines Psychotherapeuten für Schülerinnen und Schüler vor – alle zwei Jahre.
Die Parteidoppelspitze, bestehend aus Djuna Bernard und Meris Sehovic, versicherte derweil, man wolle die Ukrainer in ihrer derzeit schwierigen Situation unterstützen. „Wir werden auch weiter deren Recht mit verteidigen, selbst über ihre Zukunft entscheiden zu dürfen“, sagt Bernard. Erfreut sei sie auch über die große Hilfsbereitschaft der vielen Freiwilligen in Luxemburg, die den Geflüchteten derzeit helfen. Es gehe um Solidarität – ein Wort, das auf dem Parteitag am Samstag häufig fällt.
Wir müssen als Gesellschaft Wert darauf legen, dass wir uns auch im Internet mit Respekt begegnenCo-Präsident „déi gréng“
Henri Kox, Luxemburgs Minister für Wohnungsbau, appelliert dazu in seiner kurzen Rede an die Gemeinden, die Regierung bei der Aufnahme und der Unterbringung der Geflüchteten aus der Ukraine zu unterstützen. In den Aufnahmeeinrichtungen seien noch Flüchtlinge untergebracht, die schon längst in einer Gemeinde oder einer anderen Wohnung hätten untergebracht werden müssen – deshalb seien die Einrichtungen teils überfüllt.
Meris Sehovic führt in seiner gemeinsamen Ansprache mit Bernard zudem aus, dass der Ukraine-Krieg einige bestehende Probleme jetzt noch einmal deutlicher gemacht habe. „Desinformationen verbreiten, online Zweifel und Hass provozieren, das sind Instrumente, um unsere Demokratien zu destabilisieren, Vertrauen in die Institutionen, den Staat, die Justiz und die Polizei zu untergraben und uns gegeneinander aufzuhetzen.“ Daher müsse man in Luxemburg und auch in der EU die erforderlichen Mittel für das Vorgehen gegen Desinformation bereitstellen. „Wir müssen als Gesellschaft Wert darauf legen, dass wir uns auch im Internet mit Respekt begegnen und Hass, Gewaltaufrufe bis hin zu Morddrohungen auch online nicht tolerieren.“
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