Ukraine-Krieg / „Den Bomben von Putin entkommen“: Luxemburger Außenministerium bereitet sich auf Flüchtende vor
Das Luxemburger Außenministerium arbeitet auf Hochtouren, um für eine geordnete Aufnahme der Flüchtenden aus der Ukraine zu sorgen. 1.119 Menschen haben sich bisher bei der Immigrationsbehörde gemeldet, 803 Betten stehen momentan zur Verfügung – 378 davon sind bereits besetzt.
Das Großherzogtum bereitet sich auf die Ankunft der Geflüchteten aus der Ukraine vor. Bis jetzt haben sich bereits 1.119 Menschen bei der Immigrationsbehörde „Direction de l’immigration“ angemeldet. Das sagte Außenminister Jean Asselborn (LSAP) am Mittwochmorgen während einer Pressekonferenz. Dazu würden auch Menschen gehören, die noch nicht angekommen sind, bei Privatleuten aufgenommen wurden oder sich doppelt registriert haben. Bis jetzt seien rund zwei Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet, „um den Bomben von Putin zu entkommen“, so Asselborn. Davon befinden sich laut Außenminister momentan 378 Menschen in einem staatlichen Notaufnahmezentrum – 225 Frauen und Mädchen sowie 153 Männer und Jungen. Unter diesen Menschen seien 25 Babys zwischen einem und drei Jahren und 95 Kinder zwischen drei und 18 Jahren.
Luxemburg stehen laut Asselborn bis jetzt 803 Betten in sieben Strukturen zur Verfügung. Das scheint aber noch nicht zu reichen. In der Nähe von Luxemburg-Stadt soll eine große Halle mit 500 bis 1.000 Betten ausgerüstet werden. Nähere Details sind noch nicht bekannt. Es sei nicht genau gewusst, wie viele Geflüchtete momentan in Privatwohnungen untergebracht seien. Sieben Mitarbeiter der Immigrationsbehörde würden sich um die Anmeldungen der Geflüchteten kümmern.
Das Notaufnahmezentrum auf dem Findel könne zum Teil bis Oktober 2022 benutzt werden. „Die Menschen, die bis jetzt im SHUK (Anm. d. Red.: Structure d’hébergement d’urgence) gelebt haben, haben wir zum Findel transferiert – das sind etwa 70 Menschen“, sagt Asselborn. Der Grund: Im SHUK würden 200 Betten zur Verfügung stehen; so könne man alle Plätze für ukrainische Geflüchtete nutzen. Im Notaufnahmezentrum auf Findel würden sich drei Gruppen befinden: die ersten Familien aus der Ukraine, Menschen ohne festen Wohnsitz, und die aus dem SHUK transferierten Personen. „Das ist auch kein Problem, das sind verschiedene Gebäude und die verschiedenen Gruppen sind getrennt untergebracht“, sagte Asselborn.
Die bisherigen Strukturen reichen nicht aus
Die Regierung wolle auch dauerhaftere Einrichtungen für die Geflüchteten finden und arbeite mit den Gemeinden zusammen, um eine Lösung zu finden – bis jetzt seien schon ein dutzend mögliche Strukturen gefunden worden. Dazu würden unter anderem sechs Hotels gehören. Auf längere Sicht soll eine parallele Empfangsstruktur für die aus der Ukraine Geflüchteten etabliert werden. Die „Direction de l’immigration“ arbeite daran, bis Ende März ein eigenes Büro zu diesem Zweck einzurichten. Bis jetzt seien sieben Angestellte des Ministeriums den ukrainischen Geflüchteten zugeteilt.
Damit die Ankunft der Flüchtenden auch ordentlich abläuft, hofft der Außenminister auf Verständnis (und auf die Mitarbeit) der Betroffenen. Es sei wichtig, dass alle Flüchtenden sich unter immigration.desk@mae.etat.lu anmelden. Auch Menschen, die helfen wollen, sollen sich bei der Regierung melden. Unangemeldete Privatinitiativen seien jedenfalls keine gute Lösung, stellte Asselborn klar: Bevor man etwas aus eigenem Antrieb starte, solle man sich ebenfalls entsprechend melden. Dann könne dies mit den zuständigen Behörden geklärt werden.
Das Familienministerium wird laut Asselborn Kontrollen bei den privaten Haushalten machen, die Geflüchtete aufnehmen, um sicherzugehen, dass es den Gästen gut geht. Für Menschen, die Flüchtende aufnehmen, gebe es keine staatliche finanzielle Hilfe. Laut Asselborn habe es schon Personen gegeben, die gefragt hätten, wie viel Geld sie dafür bekommen würden.
Die Aufnahme der Flüchtenden zu regeln, ist laut Asselborn eine Kollaboration unterschiedlichster Ministerien und Hilfsorganisationen. „Ohne Rotes Kreuz und Caritas würde das alles nicht funktionieren“, sagt Asselborn. „Ich will eine Auslandsvertretung hervorheben: Ohne die Botschaft von Prag wäre es nicht möglich gewesen, so viele Menschen in Sicherheit zu bringen.“
Jeder Flüchtende erhält vorübergehenden Schutz
Jede Person, die sich bei der Regierung meldet, erhalte einen Termin für ein privates Gespräch. Dieser vorübergehende Schutz wird laut Asselborn vorerst bis zum 4. März 2023 gültig sein. Die Gespräche mit den Geflüchteten würden zwei bis drei Stunden dauern. „Wir rechnen damit, dass ungefähr 40 Erwachsene pro Tag bei der ‚Direction de l’immigration’ vorbeikommen können“, sagt Asselborn.
Dort würden die Daten für den vorübergehenden Schutz („protection temporaire“) gesammelt und eine dementsprechende Bescheinigung ausgestellt. Dieser Schutz gilt für alle Menschen, die zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs in der Ukraine gelebt haben – auch für Nicht-Ukrainer. Heißt: Diese Menschen haben ein Recht auf Hygiene, Essen, Kleider, medizinische Versorgung, Schule, Schulmaterial, Arbeit und professionelle bzw. sprachliche Ausbildungen.
Was den Geflüchteten in den staatlichen Strukturen allerdings nicht möglich ist: das Mitbringen von Haustieren. „Wir verstehen, dass die Haustiere für viele Menschen – und vor allem Kinder – sehr wichtig sind, aber wir können die Tiere aus sanitären Gründen in den Gebäuden nicht akzeptieren“, sagt Asselborn. „Wir geben uns Mühe, die beste Lösung zu finden.“
Ein Problem bei der Aufnahme der Flüchtenden sei allerdings die Sprache. „Die allermeisten Menschen, die hier ankommen, reden nur Ukrainisch“, sagt Asselborn. Sie seien „im Kontakt mit vielen Übersetzern“, um dafür zu sorgen, dass keine Kommunikationsprobleme entstehen.
„Putin verhält sich wie ein gewissenloser Kriegstreiber, dem Menschenleben in der Ukraine nichts wert sind – doch das ukrainische Volk wehrt sich heroisch“, meint Asselborn. Trotzdem: „Kiew könnte in ein paar Tagen so aussehen wie Aleppo in der Vergangenheit.“ Der Außenminister betont allerdings, dass weder Luxemburg noch die NATO Krieg mit Russland führen. In Luxemburg würden knapp 2.000 russische Staatsbürger leben – und 1.000 Ukrainer. „Das hier ist der Krieg von Putin und nicht vom russischen Volk und wir dürfen in unserer Gesellschaft keine Anfeindung russischer Bürger akzeptieren“, sagt Asselborn.
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Dass Privatleute eine angemessene Entschädigungspauschale für Strom- und Warmwasserkosten erwarten, ist verständlich – und die Kontrollen durch das Familienministerium ebenfalls!