Gemeinderat Esch / Den Mann gespielt: Abschluss der Budgetdiskussionen kein Ruhmesblatt
Nachdem bei den Haushaltsdiskussionen im Escher Gemeinderat eine Woche zuvor der Ball gespielt wurde, rückten bei den Antworten des Schöffenrats am Freitag wieder der Mann respektive die Frau in den Mittelpunkt. Von Amnesie über Halbwahrheiten bis Kalkül war alles dabei. Fazit: Der Wahlkampf läuft rund sechs Monate vor dem kommunalen Urnengang auf Hochtouren. Und er verspricht, unschön zu werden.
Teil drei der Budgetdiskussionen im Escher Gemeinderat: Nach der Budget-Vorstellung durch Bürgermeister Georges Mischo (CSV) am 7. Dezember und den Haushaltsdiskussionen vor einer Woche war es am Freitag der Schöffenrat, der auf die Interventionen der Gemeinderäte antwortete. In welche Richtung das gehen sollte, wurde bereits in den ersten Sätzen von Bürgermeister Georges Mischo (CSV) deutlich. Es waren keine fünf Minuten vergangen, da prägten Wortgefechte das Geschehen. Mischo hatte eine Diskussion über Fehlzeiten in den Gemeinderatssitzungen losgetreten, die an Peinlichkeit kaum zu übertreffen war.
Auslöser des Zorns war wohl eine freie Tribüne der LSAP-Räte Jean Tonnar und Mike Hansen im Tageblatt. In dieser hatten die Oppositionspolitiker ihren Standpunkt zum Haushaltsentwurf dargelegt, da sie in der Woche zuvor wegen der kurzfristigen Verlegung der Budgetsitzungen um zwei Wochen nicht anwesend sein konnten. Das verleitete Bürgermeister Mischo dazu, die Abwesenheit der Escher Oppositionenspolitiker im Gemeinderat nicht nur zu thematisieren, sondern zu beziffern. Auch ein Interview mit der früheren Bürgermeisterin Vera Spautz sowie dem LSAP-Spitzenkandidaten Steve Faltz stieß Mischo offenbar sauer auf, weshalb er direkt auf verschiedene Aussagen reagierte.
Wer es bis jetzt noch nicht verstanden hatte, der bekam spätestens am Tag vor Heiligabend Gewissheit: Der Wahlkampf läuft und er riskiert unschön zu werden. Mischo jedenfalls bemühte bei seiner Abrechnung diverse Statistiken. Seit dem Machtwechsel 2017 hätte der Gemeinderat insgesamt 1.440 Tagesordnungspunkte verabschiedet, davon 1.267 einstimmig (88 Prozent). Das deute jedenfalls nicht auf eine „rückwärtsgerichtete Politik“, wie eine Woche zuvor von der Opposition behauptet, hin. Anschließend ging er u.a. auf den Sicherheitsplan („Sicherheit liegt uns am Herzen“), die Kostenexplosion der Lallinger Sporthalle mitsamt Parkhaus, die Finanzen („mit dieser Mehrheit wird es kein finanzielles Harakiri geben“) und das lokale Mobilitätskonzept (wird im Frühjahr vorgestellt, da man erst auf den nationale Mobilitätsplan PNM2035 warten musste) ein. Er wiederholte noch einmal, dass in Zukunft das Kurzzeitparken im Escher Zentrum gratis sein werde. Mischo widersprach dem LSAP-Franktionssprecher Stéphane Biwer, der vergangene Woche die Politik des Schöffenrats einen „cadeau empoisonné“ für die kommende Mehrheit genannt hatte. Vielmehr sei man weiter voller Ideen, was sich im Budget widerspiegeln würde.
Deutungshoheit über Esch2022
Anschließend war es am ersten Schöffen Martin Kox („déi gréng“), der vor allem in seiner Funktion als Bautenschöffe Stellung bezog. Die Wobrécken-Schule werde 2023 eröffnet, die Neiduerf-Schule sei „vorgesehen, ohne ein Datum zu nennen“. Gleiches gelte für die Schule im neuen Stadtviertel „Rout Lëns“. Für eine Schule auf dem Parkplatz am Josefs-Friedhof sei eine Studie vorgesehen. Und ja, das im letzten Budget als Highlight vorgestellte Piratenschiff im Park Laval komme sicher.
Die Gemüter hatten sich etwas beruhigt, doch dann schaltete Pim Knaff (DP) gleich mehrere Gänge hoch. Auch er hatte ganz offensichtlich die Interviews und die freie Tribüne der Oppositionspolitiker schlecht verdaut, weshalb er das Tageblatt in seiner Intervention gleich zweimal abwertend als „Escher Gazette“ bezeichnete, was natürlich noch immer besser als „Gazettchen“ ist. Wie auch immer, die Kritik der letzten Woche am Kulturbudget konnte Knaff nicht nachvollziehen, schließlich sei er im Jahr zuvor noch von der Opposition gelobt worden. Jetzt aber würde die gleiche Sache kritisiert. Er warf den Oppositionspolitikern gleich mehrmals Amnesie, Wahlkampfkalkül oder beides vor und sprach von Halbwahrheiten. Dass das Kulturjahr keine Eventpolitik gewesen wäre, würde schon die stattliche Anzahl von 2.059 freiwilligen Helfern bei Esch2022 beweisen, so Knaff. Am Tag nach einer quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefundenen E22-Abschlussfeier (die Veranstalter sprechen von 2.000 Besuchern) ging es also weiter im Kampf um die Deutungshoheit über Erfolg respektive Misserfolg von Esch2022.
„Ein demokratisches Organ, keine ‚chasse gardée’“
Auf die Personalsituation der Gemeinde ging Schöffe André Zwally (CSV) ein, zudem beleuchtete er die Arbeit im Seniorenbereich. Die Digitalisierung in den Schulen schreite voran. Des Weiteren verriet Zwally, dass eine Kooperation mit RTL zur Übertragung von Escher Sportveranstaltungen eingegangen wurde. Für seine Verhältnisse deutlich wurde anschließend Schulschöffe Christian Weis (CSV). Er zeigte sich enttäuscht von den Budgetdiskussionen, er habe nicht viel Konkretes von der Opposition gehört. 53 Millionen Euro hätte diese Mehrheit in die Schulinfrastruktur investiert, hinzu kämen 2023 noch einmal 41 Millionen. Dass eine Schule bei der informatischen Ausstattung gegenüber einer anderen benachteiligt würde, wies Weis zurück. Er verteidigte die Statistiken zu den „Maison relais“-Plätzen und bedauerte, dass die Renovierung der Ferienkoloniehäuser in Insenborn aus finanziellen Gründen auf Eis gelegt werden musste. Was die Streetworker angehe, so seien die sehr wohl in Esch unterwegs. Man habe aus deontologischen Gründen entschieden, dass diese in Zivil unterwegs seien sollten, weshalb ihre Präsenz „um Terrain“ nicht immer sichtbar wäre.
Der berichtigte Haushalt 2022 wurde anschließend, wie nicht anders zu erwarten war, mit den Stimmen der Mehrheit angenommen. Rat Jean Tonnar (LSAP) enthielt sich, sodass er zur Erklärung noch einmal das Wort bekam und zumindest einen Teil seiner Überlegungen über den Haushaltsentwurf nachliefern konnte. Beim Haushaltsentwurf für 2023 stimmte Tonnar, genau wie alle anderen Mitglieder der Opposition, mit Nein. Sein Parteikollege Mike Hansen brachte es abschließend auf den Punkt: Es sei nun mal die Rolle von Oppositionspolitiker, Kritik zu äußern. „Der Gemeinderat ist ein demokratisches Organ, keine ‚chasse gardée’. Und die Opposition macht hier ihren Job“, so Hansen. Es sei in den Debatten von der Opposition keine persönliche Attacke geritten worden. „Man muss Kritik nicht gut finden, doch sie gehört dazu. Da muss man als Reaktion nicht sofort draufhauen.“ Hansen meinte damit die persönlichen Attacken auf Oppositionspolitiker während der Antworten der Schöffenratsmitglieder. Und auch Mischos Statistiken über die Abwesenheiten. „In Zeiten von Corona und ernsten Erkrankungen ist es traurig, so etwas zu thematisieren, ohne es in den Kontext zu setzen.“ Hansen nannte das „schlechten Stil“ und sprach der Mehrheit die Kritikfähigkeit ab.
Espérance sagt Danke
Für Aufregung hatte Anfang der Woche die Temperatur in der Trainingshalle des Turnvereins Espérance gesorgt. Die war am Sonntag auf 11,9 Grad Celsius gesunken, sodass sich der Verein gezwungen sah, die Trainingseinheiten am Montag abzusagen. Am Dienstag war das Problem nach fast einer Woche endlich weitestgehend gelöst, die Gemeindeverantwortlichen hatten reagiert und die Heizung in der Sporthalle am Montag wieder hochgefahren. Gestern bedankte sich der Verein in einem Post in den sozialen Medien dafür.
- Neue Spielplätze sind nicht öffentlich zugänglich – Fragen zu Auslandsreisen und frEsch - 10. Januar 2025.
- Einstweilen nicht weit her mit der neuen Transparenz in Esch - 10. Januar 2025.
- Parkplatzsperrung erregt Gemüter im Bruch-Viertel, Gemeinde beschwichtigt - 9. Januar 2025.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos