CFL / Denkmalschutz: Mindestens die Hälfte der Bahnhofshallen soll erhalten bleiben
Um auf die rezenten Kritiken bezüglich der Eisenbahngesellschaft CFL in Sachen Denkmalschutz zu reagieren, traten Mobilitätsminister François Bausch und Kulturministerin Sam Tanson am Donnerstag gemeinsam vor die Presse. Mindestens die Hälfte der „bâtiments voyageurs“ würden denkmalgeschützt, doch nicht überall sei ein solcher Schutz möglich.
Als authentisches Gebäude, das Elemente seiner Epoche bewahrt hat, nennt die Denkmalschutzbehörde das Bahnhofsgebäude in Walferdingen. Besonders bemerkenswert sei der Turm mit seiner integrierten Uhr. Bei dem 1862 errichteten Bahnhof handelt es sich um ein repräsentatives Gebäude mit vier aneinandergereihten Baukörpern mit abwechselnden Giebeln und Traufwänden, von denen einer die Form eines überhöhten quadratischen Turms hat. Das Gebäude weist mehrere Merkmale auf, die es in den Augen des Kulturministeriums als schützenswert auszeichnen. Neben der erwähnten historischen Authentizität ist es zudem ein Bauwerk, dessen ursprünglich Funktion auch heute noch erkennbar ist. Zudem wird das Gebäude als Zeitzeuge der industriellen und lokalen Geschichte angesehen.
Der Bahnhof von Walferdingen ist eines von zwölf Gebäuden, die unter Denkmalschutz gestellt werden sollen und von denen sich schon einige in der administrativen Prozedur befinden, um den nationalen Denkmalschutzstatus zu erhalten. Andere vom Kulturministerium als schützenswert eingestufte Gebäude sind z.B. die Bahnhöfe von Roodt-Syr, Bettemburg, Lorentzweiler, Diekirch, Clerf, Mamer, Leudelingen, Petingen, Rodange, Tetingen, Wecker und Dudelange-Ville. Die Bahnhofsgebäude von Luxemburg, Noertzingen, Mersch und Cruchten genießen bereits Denkmalschutz.
Bei weiteren 20 schützenswerten Stationsgebäuden („bâtiments voyageurs“), wie z.B. Colmar-Berg, Dommeldingen, Kautenbach oder Wasserbillig, werde zurzeit untersucht, ob sie überhaupt schützenswert sind und somit erhalten bleiben sollen oder nicht. Die Bahngesellschaft sei dabei, zu prüfen, ob eine eventuelle Erhaltung der Gebäude nicht der zukünftigen Entwicklung des Eisenbahnnetzes im Wege stehe.
Gemeinsam traten Mobilitätsminister François Bausch und Kulturministerin SamTanson am Donnerstag vor die Presse, um auf die Kritiken der vergangenen Wochen an der Gebäudepolitik der CFL zu antworten. Man versuche nicht „mordicus“, alles abreißen zu wollen, sagte François Bausch gleich zu Beginn. Im Gegenteil – dort, wo möglich, würde man versuchen, die Gebäude zu bewahren.
Von den insgesamt 38 Bahnhöfen mit einem Empfangsgebäude für Passagiere sollen mindestens die Hälfte geschützt werden, präzisierte Sam Tanson. „Es werden 50 Prozent plus X sein“, bestätigte der Direktor der Denkmalschutzbehörde, Patrick Sanavia, seine Ministerin.
Es gebe aber durchaus Gebäude, die nicht erhalten werden könnten, wie z.B. das Bahnhofsgebäude von Capellen, das aus Sicherheitsgründen nicht stehen bleiben könne und zusammen mit dem Bahnübergang verschwinden müsse. Auch das Geburtshaus des Gewerkschaftlers Aloyse Kayser in Rollingen könne nicht erhalten bleiben, da es zu nah an den Gleisen stehe. Bliebe es stehe, müsste das Dach erneuert werden, das geschehe aber dann zu nahe an den Oberleitungen, erklärte François Bausch
Beim Bahnhofsgebäude von Ettelbrück hingegen sind es klare wirtschaftliche Gründe, die der Erhaltung gegenüberstehen. Es muss nämlich dem Projekt eines Verkehrsknotens, des sog. „Pôle multimodal“ für den Norden, weichen, der eine enorme Bedeutung für die Region habe, sagte Bausch. Der Minister wies darauf hin, dass der Abriss übrigens schon unter dem früheren Transportminister Claude Wiseler (CSV) beschlossen worden sei – um allerdings anzufügen: „Ich hätte heute genauso entschieden“. Die großen Umbauarbeiten in Ettelbrück machten es unmöglich, dass das Gebäude stehen bleibe.
„Zerstörungswut“
Dass verschiedene Gebäude doch abgerissen werden, ist allerdings nicht nach dem Geschmack von jedermann. In den vergangenen Tagen und Wochen war es vor allem die Denkmalschutzvereinigung „Luxembourg under Destruction“ (LUD), welche die Politik der CFL in Sachen Denkmalschutz heftig kritisierte und sie als „Zerstörungswut“ bezeichnete.
LUD fordert u.a. eine komplette Liste des Eisenbahnkulturerbes. Was das Bahnhofsgebäude von Ettelbrück betrifft, so ist die Vereinigung der Meinung, dass es keineswegs technische Zwänge gewesen seien, die den Abriss notwendig machten, sondern dass hier ganz klar wirtschaftliche Interessen den Ausschlag gäben. Zudem würde die CFL ihre destruktive Politik unter größter Geheimhaltung weitertreiben.
Die Aktivisten von LUD kritisieren in diesem Zusammenhang, dass es überhaupt keine Beratung mit den Bewohnern der betroffenen Städte und Dörfer gebe – ein Vorwurf, der vom Transportminister energisch zurückgewiesen wurde. Er selbst habe mehreren solchen Versammlungen mit Bürgern beigewohnt, so auch in Ettelbrück, sagt François Bausch.
Bald neues Kulturerbe-Gesetz
Kulturministerin Sam Tanson kündigte am Donnerstag an, dass das neue Gesetz bezüglich des Kulturerbes („Patrimoine culturel“) in absehbarer Zeit dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werde. Der Gesetzentwurf führt u.a. ein Inventar des architektonischen Erbes ein, in dem die Immobilien genau erfasst werden. Zweitens sollen die wissenschaftlichen Kriterien gesetzlich verankert werden, auf deren Grundlage eine Immobilie als nationales Kulturerbe eingestuft wird.
Zudem wird aus der Denkmalschutzbehörde „Service des sites et monuments nationaux“ das „Institut national du patrimoine architectural“.
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Guten Tag Herr Bausch,
2004 haben wir in der Arbeitsgruppe „Santé Mentale“ über die historisch belastete, stark verbesserungswürdige Situation im lux. Gesundheitswesen gesprochen. Von 2007 bis zu seinem Tod 2012 war die Toilette des Ettelbrücker Bahnhofs die „Wohnung“ eines hilflosen Patienten, der vorher über dreißig Jahre ununterbrochen Patient des „koerzitiven“ lux. Gesundheitswesens war.
Herr Bausch, sorgen Sie bitte dafür, daß im neuen Ettelbrücker Bahnhof ein Lern- und Gedenkort für zivilisatorische Entgleisungen geschaffen wird. Sie kennen ja die Grundproblematik. Vielen Dank!
MfG
Robert Hottua