Luxemburg / Der „Blannen Theis“ und die Fußgängerzone von Grevenmacher sind gleich alt
Kennt jemand Mathias Schou? Wahrscheinlich nicht. Das ist der bürgerliche Name des „Blannen Theis“. Vor 30 Jahren bekommt der Fidel spielende Jahrmarktkünstler, der in der Moselstadt geboren ist, sein Denkmal auf dem Platz vor dem Rathaus. Gleichzeitig wird die Fußgängerzone nach sechs Jahren Vorbereitung eingeweiht. Auf den Spuren des Musikers unterwegs zu sein, ist nicht nur ein tiefer Blick in die Annalen der Stadtgeschichte.
Von den Blättern des Baumes hinter ihm umspielt steht er da, tief versunken in sein Spiel. Neben ihm sein Hund, der ihn damals immer begleitet. Das, was bis vor kurzem „Fausti“ für das Land war, ist der „Blannen Theis“ vor knapp 200 Jahren für den Osten des Landes. Öffentlichen Nahverkehr kennt man damals nicht, der Jahrmarktmusiker tritt im Umland seiner Geburtsstadt Grevenmacher auf.
Man kann ihn mieten und er verdient im 18. Jahrhundert sein Geld damit, Fidel spielend von Jahrmarkt zu Jahrmarkt zu ziehen. Viel anderes als das ist ihm zur damaligen Zeit nicht übriggeblieben. Er ist seit seiner Geburt blind. Da scheiden andere Berufe aus. Mit seinen öffentlichen Auftritten jedoch erwirbt er sich beachtliche Bekanntheit.
Regionalgeschichtlich Bewanderte wie Monique Hermes (71) sagen, er ist wahrscheinlich der Erste, der auf Luxemburgisch singt. Die ehemalige Lehrerin ist seit 2011 CSV-Kulturschöffin in der „Moselmetropole“ und eine „Blannen Theis“-Kennerin par excellence. Seitdem haben viele an seiner Legendenbildung gearbeitet. Der später geborene Dichter Edmond de la Fontaine, genannt „Dicks“, ist einer davon und widmet ihm ein Gedicht.
Posthum noch größere Berühmtheit
Der Beitrag in der luxemburgischen Literatur ist die Initialzündung der posthumen und noch viel größeren Berühmtheit des „Blannen Theis“. Reich ist er mit seinen Auftritten zu Lebzeiten nicht geworden und stirbt völlig verarmt 1824 im hauptstädtischen Stadtteil Eich. Heute ist er immer dann en vogue, wenn es um Sprache, Identität und Geschichte geht.
In Grevenmacher lebt der „Sohn der Stadt“ immer dann auf, wenn historisch wichtige Daten anstehen. Die 750-Jahr-Feiern der Freiheit der Moselstadt von 2002, der historische Fackelzug 2014 und 2018, das „Gaassefest“ 2016 und das jährliche Traubenfest der Stadt sind solche Gelegenheiten. Zehn- und elfjährige Schüler kennen ihn vom Schulbuch „Lies a fléi“.
Die emblematische Figur ist fester Bestandteil des regionalen historischen Gedächtnisses. Die einzige Abbildung, die es von ihm gib, ist eine Zeichnung. Sie hängt im Nationalmuseum für Kunst und Geschichte in der Hauptstadt und ist Vorlage für die Skulptur, die der kürzlich verstorbene Künstler Will Lofy für ihn entwirft. 1991 wird das Kunstwerk zusammen mit der Fußgängerzone eingeweiht.
1822 beim großen Brand in Grevenmacher, den der „Blannen Theis” noch kurz vor seinem Tod miterlebt, gibt es gerade mal rund 2.000 Einwohner. Das belegen historische Quellen. Heute hat Grevenmacher über 5.000 Einwohner und neben Remich die zweite Fußgängerzone an der Mosel. Während es in Remich stockend mit dem Umbau des Zentrums vorangeht und die Moselperle seit Jahren mit Leerstand kämpft, floriert die Geschäftswelt in Grevenmacher.
Florierende Geschäftswelt in der Fußgängerzone
53 Geschäfte gibt es heute in der Fußgängerzone. An deren Anfang oder Ende, je nachdem wie man sieht, steht die Skulptur des berühmten Grevenmachers. Beide hängen nicht nur geografisch miteinander zusammen. Schon die Konsumenten vor 200 Jahren wollen unterhalten werden. Das ist nicht selbstverständlich.
Der Markt hat eine lange Tradition. Grevenmacher erhält sehr früh fast zeitgleich mit der Schueberfouer die Marktrechte. Zwar war es dieses Jahr nur ein „Fun um Glacis“ in abgespeckter Form, aber Luxemburgs größtes Volksfest ist rund 680 Jahre alt. Zurück zur Fußgängerzone: So wie der „Blannen Theis“ früher der kulturelle Mittelpunkt des Grevenmacher Marktes war, ist sie heute das Herzstück der Moselstadt.
„Es ist Teil der Politik hier, den Einzelhandel in der Stadt zu unterstützen und zu halten und Industriebetriebe und Gewerbetreibende auf dem Potaschbierg anzusiedeln“, sagt Léon Gloden, der CSV-Bürgermeister von Grevenmacher. Dem Leerstand entgegenzuwirken und neue Geschäfte in der Fußgängerzone anzusiedeln, sei einer seiner Hauptjobs, sagt der Rathauschef.
Viele Geschäftsaufgaben hat es während der Pandemie nicht gegeben. Lediglich zwei Läden haben geschlossen, einer wegen der Pandemie, der andere wegen einer Geschäftsfusion. Anfang/Mitte November soll ein Lebensmittelgeschäft ohne Verpackungen eine der beiden Lücken füllen. „Ich lege Wert auf Geschäfte der primären Versorgung“, sagt Gloden. Bis jetzt zahlt sich das Konzept aus.
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„Regionalgeschichtlich Bewanderte wie Monique Hermes (71) sagen, er ist wahrscheinlich der Erste, der auf Luxemburgisch singt.“
Dat ass bestëmmt net richteg.
Er ist der erste Sänger, der schriftlich erwähnt wird, zusammen mit luxemburgischen Liedern, die zur gleichen Zeit schriftlich niedergeschrieben wurden.
Aber es ist undenkbar, dass in 1000 Jahren KEINER in seiner Muttersprache Lieder gesungen hat, zumals im Mittelalter und frühen Neuzeit wo die Regionen noch sehr isoliert waren!
Es wurde wohl einfach nicht niedergeschrieben.
Am Minett gëtt et just een Blannen Theis an dat ass de fréiere Fussballspiller an heitegen Trainer Dan Theis 😉
Wow, déi hu schonn eng Foussgängerzon zënter 1747 wéi den Theis gebuer gouf?
Do gouf et dach nach guer keng Autoen.