„Ukraine-Kontaktgruppe“ / Der Blick von oben: Luxemburg unterstützt Pläne für neue NATO-Weltraumüberwachung
Beim zweitägigen Treffen der „Ukraine-Kontaktgruppe“ zur Verteidigung der Ukraine sind ab Donnerstag in Brüssel die 30 Mitgliedstaaten und 24 Partnernationen zusammengekommen – und hatten viel zu besprechen: Unter anderem wurde festgestellt, dass einem drohenden Munitionsmangel zu begegnen sei.
Auch Luxemburg will sich weiterhin entschlossen einbringen, etwa im Aufbau neuer Beobachtungs-Infrastruktur in der Luft und im Weltraum. Die Erreichbarkeit des „Zwei-Prozent-Ziels“ in Sachen Militärausgaben sieht Verteidigungsminister Bausch aber skeptisch.
An dem Treffen der „Ukraine Defense Contact Group“ haben in Brüssel Vertreter der 30 alliierten Staaten teilgenommen – zu denen auch Luxemburg gehört. Auf Einladung des US-Verteidigungsministers Lloyd Austin wurde im Brüsseler NATO-Hauptquartier zwei Tage lang „die tödliche und nicht-tödliche Unterstützung für die Ukraine abgestimmt“, wie das Luxemburger Verteidigungsministerium mitteilt.
Der für das Großherzogtum nach Brüssel gereiste Minister François Bausch wird mit der Versicherung zitiert, dass Luxemburg an der Seite der Ukraine stehe, „solange es nötig ist gegen die brutale Aggression Russlands“.
Bausch bilanzierte noch einmal die Beiträge seines Landes „zur Unterstützung der Ukraine bei der Ausübung ihres Selbstverteidigungsrechts“: Diese beliefen sich auf fast 90 Millionen Euro bzw. 17 Prozent der jährlichen Verteidigungsausgaben.
Auf dem Weg zur Kriegswirtschaft?
Beim Treffen in Brüssel hätten die Verteidigungsminister auch die Dringlichkeit besprochen, „den Munitionsmangel zu beheben und die industriellen Kapazitäten zu erhöhen“, teilt das Verteidigungsministerium mit: Die Militärhilfe der Alliierten für die Ukraine erschöpfe nämlich die Munitionsvorräte.
„Um das derzeitige Niveau der Hilfe und die Glaubwürdigkeit der Abschreckung und Verteidigung aufrechtzuerhalten, ist eine enge Zusammenarbeit mit der Industrie erforderlich, um die Waffenproduktion zu beschleunigen und die Bestände der Alliierten wieder aufzufüllen“, heißt es.
Eine Schlüsselrolle in Sachen multinationale und mehrjährige Beschaffungen könnte dabei auch die NATO-Agentur für Unterstützung und Beschaffung (NSPA) spielen. Diese hat rund 1.200 Mitarbeiter – und ihren Hauptsitz im luxemburgischen Mamer. (fgg)
Darüber hinaus habe Luxemburg im Rahmen des 2016 begründeten „Comprehensive Assistance Package“ nicht-tödliche Unterstützung für 3,4 Millionen Euro geleistet. Und „angesichts der hybriden Kampagnen Russlands gegen die NATO-Partner in Bosnien und Herzegowina, Georgien und Moldawien“ trage Luxemburg zudem mit einer Million Euro zu maßgeschneiderten Unterstützungsprogrammen für jeden dieser Partner bei.“
Gleichzeitig betonte der Minister die besondere Situation des Großherzogtums, das seine Anstrengungen seit 2014 mehr als verdoppelt habe und sich auch verpflichte, diese bis 2028 erneut zu verdoppeln.
Allerdings sehe er es als unrealistisch an, dass Luxemburg das Ziel erreiche, bis 2024 mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben. Der deutsche Verteidigungsminister Pistorius hatte sich in Brüssel sogar dafür ausgesprochen, die Zwei-Prozent-Marke nur noch als künftige Untergrenze zu sehen – obwohl auch sein Land bisher deutlich darunter liegt.
Absichtserklärungen
Durch die Unterzeichnung zweier Absichtserklärungen hat Bausch die grundsätzliche luxemburgische Unterstützung für zwei weitere NATO-Projekte zugesichert: Zum einen geht es um die Modernisierung der Überwachungs- und Kontrollfähigkeiten aus der Luft, wodurch die bisherige E3-A-Awacs-Flotte ersetzt werden soll. Derzeit sind 16 Maschinen dieser modifizierten Boeing 707-320 mit dem markanten Radar auf dem Dach im deutschen Geilenkirchen stationiert. Registriert sind sie in Luxemburg, weshalb rote Löwen auf ihren Leitwerken prangen. 2022 hatte Luxemburg bereits erklärt, bis 2025 rund fünf Millionen Euro für das Projekt bereitzustellen.
Ein weiteres Vorhaben, dem Bausch (neben den Vertretern 17 weiterer Alliierter) Unterstützung zugesichert hat, betrifft ebenfalls den kontrollierenden Blick von oben – aus noch größerer Höhe: Für die Entwicklung einer „ständigen Überwachung aus dem Weltraum“ (APSS) hat Luxemburg, das mit „LUXEOSys“ ein eigenes Militärsatellit-Projekt verfolgt, 16,5 Millionen Euro bereitgestellt.
Der Adler aus dem All
Laut einer NATO-Erklärung verfolgt „das größte multinationale Weltraumprojekt in der Geschichte der NATO“ das Ziel, eine „virtuelle Konstellation aus nationalen und kommerziellen Weltraummitteln“ aufzubauen. Für das Netzwerk „Aquila“ (deutsch: Adler) sollen etwa Satelliten und „die neuesten Fortschritte in der kommerziellen Raumfahrttechnologie genutzt werden“, um die Sammlung, den Austausch und die Analyse von Daten zwischen den NATO-Staaten und der Kommandostruktur zu bündeln.
Das Vorhaben sei „auch ein großartiges Beispiel für die zivil-militärische Zusammenarbeit, das unseren nachrichtendienstlichen Instrumentenkasten bereichert“, begeistert sich der stellvertretende NATO-Generalsekretär Geoana. Der frühzeitige Beitrag Luxemburgs habe den Grundstein für die „transformative Initiative“ gelegt.
Eine Woche vor dem ersten Jahrestag des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine trat der Nordatlantikrat, das wichtigste politische Entscheidungsgremium der NATO, zudem mit den Verteidigungsministern der Ukraine, Finnlands und Schwedens sowie dem Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik zusammen, um die Lage auf dem Schlachtfeld und die nicht-letalen Bemühungen der NATO zur Unterstützung der Ukraine zu bewerten.
Hilfe auch für Ukraine-Nachbarn
Laut Verteidigungsministerium war ein finaler Punkt der Tagesordnung die Verstärkung der politischen und praktischen Unterstützung für andere Partner, insbesondere Bosnien und Herzegowina, Georgien und Moldawien. Auch diese seien „direkt von den externen Bedrohungen und Einmischungshandlungen betroffen“, die sich aus dem Angriffskrieg Russlands ergeben haben.
Minister Bausch kündigte zudem eine erweiterte Beteiligung zur Stärkung der „vorgeschobenen Verteidigungen an der Ostflanke des Bündnisses“ an: Luxemburg hat bereits sechs Soldaten im Rahmen der „verstärkten Vorwärtspräsenz“ (enhanced Forward Presence, eFP) nach Litauen entsandt. In Kürze würden zudem etwa 25 Soldaten nach Rumänien geschickt, um die „verstärkte Wachsamkeit“ (enhanced Vigilance Activities, eVA) zu unterstützen. „Angesichts der Verschlechterung des Sicherheitsumfelds unterstützt Luxemburg die Anpassungsbemühungen der NATO voll und ganz“, zitiert das Ministerium den Verteidigungsminister.
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