Anthony Moris / Der Dauerbrenner will immer mehr
Anthony Moris wird am Donnerstag im Play-off-Spiel in Georgien sein 49. Spiel in dieser Saison bestreiten. Wie er sich fit hält, warum er weiter ehrgeizig ist und wie Luxemburg sich auf den kommenden Gegner vorbereiten sollte, erzählt der 33-Jährige im Tageblatt-Interview.
Tageblatt: Am Donnerstag haben Sie mit Union Saint-Gilloise in Istanbul vor 35.605 teils fanatischen Fenerbahçe-Zuschauern gespielt. War dies das richtige Spiel, um sich auf den Hexenkessel in Tiflis einzustimmen?
Anthony Moris: Es ist immer gut, in solchen Stadien zu spielen. Für solche Atmosphären spielen wir schließlich Fußball. In dieser Saison sind wir in Frankfurt, Liverpool und Istanbul angetreten. Alles tolle Stadien mit einer außergewöhnlichen Stimmung. Ich selbst hatte noch nie Probleme, vor großen Menschenmassen aufzulaufen, denn ich sage mir immer, dass noch nie ein Zuschauer ein Tor geschossen hat. Auch vor fanatischen Fans bleibt es ein Spiel, in dem es elf gegen elf geht.
Sie saßen am Donnerstag auf der Bank, gab es einen speziellen Grund dafür?
Wegen der 0:3-Hinspielniederlage gegen Fenerbahçe hat der Trainer entschieden, einige Stammspieler auf der Bank zu lassen, damit diese sich vor den intensiven Wochen, die noch anstehen, ausruhen können. Ich hätte gerne in diesem Stadion zwischen den Pfosten gestanden, aber ab und zu muss man auf seinen Körper hören. Es war wohl die richtige Entscheidung, einmal zu pausieren.
Seit Ende Juli 2023 haben Sie bereits 47 Pflichtspiele bestritten. Welche Methoden haben Sie entwickelt, um bestmöglich zu regenerieren?
Ich fühle mich gut und in Form und habe Lust, so viele Spiele wie möglich zu bestreiten, da meine Karriere nicht ewig weitergehen wird. In meinem Alter muss man schon sehr auf die Erholung und die Ernährung achten. Ich versuche, so früh es geht ins Bett zu gehen, möglichst viel Schlaf zu bekommen und gehe sehr oft zur Kryotheraphie (Kältetherapie, Anm. d. Red.). Das ist nicht immer einfach mit zwei kleinen Kindern. Außerdem wohne ich in Liège und fahre fast jeden Tag zwei Stunden zum Training nach Brüssel. Die außersportliche Vorbereitung nimmt sehr viel Zeit in Anspruch und ist auch mental fordernd, da es aufgrund unseres Spielprogramms ein sehr repetitiver Prozess ist. Aber das stört mich nicht, denn ich will so lange es geht Fußballprofi bleiben.
Würden Sie behaupten, dass 2023/24 Ihre bisher beste Saison als Profi war?
Es ist immer sehr schwer, Saisons miteinander zu vergleichen. In diesem Jahr habe ich einen neuen Torwarttrainer bekommen, der mir sehr viel hilft. Auf der anderen Seite habe ich nicht viel Zeit, um mit ihm intensiv zu trainieren, da wir in den vergangenen Monaten alle drei Tage ein Spiel hatten. In dieser Saison habe ich entscheidenden Anteil am Erfolg meiner Mannschaft. Deshalb bin ich da, das hilft meinen Teamkollegen und deshalb kann ich zufrieden sein. Trotzdem denke ich aber, dass ich mich auch in meinem Alter noch verbessern kann. Der Ehrgeiz ist noch immer da und ich bin Perfektionist. Das sind Eigenschaften, die dafür sorgen, dass man lange im Profibereich bleiben kann. Ich bin nicht der beste Torwart der Welt, das ist der Beweis, dass es noch einiges zu tun gibt.
Es ist auch ein Moment für mich, in dem ich noch einmal verinnerliche, dass meine Kinder und meine Familie mir enorm viel Kraft geben
Sie hatten intensive Wochen mit dem Verein, konnten Sie überhaupt schon an das Spiel gegen Georgien denken?
Nein, überhaupt nicht. Aktuell konzentriere ich mich auf meinen Verein. Ich lebe von Tag zu Tag. Am Montag, wenn ich mich mit meinen Teamkollegen aus der Nationalmannschaft treffe, werde ich anfangen, mich mit Georgien zu beschäftigen. Wenn man zu lange an ein Spiel denkt, ist man oft nicht in der Lage, seine Bestleistung zu bringen. Deshalb ist es schon von Vorteil, dass ich überhaupt keine Gelegenheit habe, zu früh an dieses Spiel gegen Georgien zu denken.
Müssen Sie mit fast 34 Jahren noch externe Einflüsse vor einem solchen Duell ausblenden?
Man sollte seine Gewohnheiten nicht ändern. In der Nationalmannschaft arbeiten wir seit vier oder fünf Jahren auf die gleiche Art und Weise. Dabei sollten wir bleiben.
Bei der Nationalhymne drücken Sie schon fast traditionell ein Auge zu, wenn die Kamera vorbeischwenkt. Ist das Coolness oder versuchen Sie, die Nervosität damit unter Kontrolle zu bekommen?
Weder noch. Es ist ein Gruß an meine Kinder, meine Frau und meine Großmutter. Als meine Tochter in ein Alter kam, in dem sie in der Lage war, zu verstehen, dass Papa im Fernsehen war, hat mich meine Frau gefragt, ob ich sie nicht irgendwie grüßen könnte. Ab diesem Moment habe ich jedes Mal ein Auge zugedrückt, wenn die Kamera vorbeigeschwenkt ist. In jedem Spiel – sei es mit der Nationalmannschaft oder mit dem Klub. Einmal hatte ich es vergessen und das habe ich sofort von meiner Frau zu hören bekommen. Seitdem mache ich es jedes Mal. Es ist auch ein Moment für mich, in dem ich noch einmal verinnerliche, dass meine Kinder und meine Familie mir enorm viel Kraft geben.
Gegen Georgien könnte es auch zum Elfmeterschießen kommen. Wie akribisch bereiten Sie sich auf die Duelle mit den gegnerischen Schützen vor?
Ein Elfmeterschießen ist so schwer vorzubereiten, da der Kontext im Training ein ganz anderer ist als im Spiel. Sportlich bereite ich mich also nicht auf ein Elfmeterschießen vor. Allerdings werde ich versuchen, so viele Informationen über die Schützen wie möglich herauszufinden. Aber auch diese Informationen müssen nichts bedeuten. Ich bin eher ein Torwart, der sich im Moment des Elfmeters auf den Schützen konzentriert. Wie er sich positioniert und wie seine Körperhaltung ist. Hoffentlich brauchen wir aber kein Elfmeterschießen, um uns zu qualifizieren.
Was wird der Schlüssel sein, um am Donnerstag ins Play-off-Finale einziehen zu können?
Um ehrlich zu sein, ist es für uns ein Vorteil, dass Khvicha Kvaratskhelia gesperrt ist. Er ist ein Weltklassespieler. Aber alle anderen Georgier spielen auch auf einem sehr anständigen Niveau. Persönlich kenne ich Georges Mikautadze am besten, da ich schon mehrere Male gegen ihn angetreten bin. Er ist ein sehr gefährlicher Stürmer, dessen Leistungskurve nach oben zeigt, seit er wieder in Metz ist. Georgiens Trainer Willy Sagnol gibt der Mannschaft jede Menge Selbstvertrauen, das habe ich in den Ausschnitten gesehen, die ich mir bereits angeschaut habe. Aber ich bin sicher, dass uns Luc Holtz optimal auf diesen Gegner vorbereiten wird, damit wir sie schlagen können.
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