F91-Trainer Shoffner / „Der Druck ist fördernd, nicht unangenehm“
Jamath Shoffner hat den F91 Düdelingen im Jahr eins nach der Budgetkürzung übernommen. Nach einem schwierigen Start in die Saison lief es zuletzt besser beim ehemaligen Serienmeister. Im Tageblatt-Interview erklärt der US-amerikanische Coach, welche Herausforderung es derzeit in der „Forge du Sud“ zu meistern gibt.
Tageblatt: Herr Shoffner, nach vier Spielen ohne Niederlage und einem holprigen Saisonstart scheint der F91 Düdelingen sich stabilisiert zu haben. Sehen Sie das auch so?
Jamath Shoffner: Im Moment zeigen meine Jungs sehr viel Charakter, darüber bin ich am meisten stolz. Davor haben wir alle unsere Auswärtsspiele verloren. Das war seltsam, da wir zum Beispiel in der Conference League auswärts gegen St. Patrick’s sehr gut gespielt haben. Ich habe mir die Frage gestellt, warum es in der Meisterschaft auswärts so schlecht lief und habe eigentlich keine eindeutige Antwort gefunden. Es war wahrscheinlich eine mentale Blockade, die sich nach dem 2:1-Sieg auf der „Grenz“ gegen die Jeunesse einfach so gelöst hat.
Hätten Sie nach den teilweise sehr guten Europapokalauftritten mit einem so schwierigen Saisonstart gerechnet?
Die Art und Weise, wie wir gegen Gzira United ausgeschieden sind, ist lange in den Köpfen hängen geblieben. Wir hätten das Ticket für die nächste Conference-League-Runde verdient gehabt. Hinzu kam, dass die Pause zwischen der vergangenen Saison und dem Europapokal sehr kurz war. Müdigkeit gepaart mit Enttäuschung ist nicht die beste Kombination.
Sie haben im Juli Ihre Feuertaufe als Cheftrainer bestanden, welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht?
Alle meine Erfahrungen im Trainerbereich haben mir geholfen, diese Aufgabe in Düdelingen anzugehen. Dass ich Spieler in Europa war, hilft mir sicherlich auch. Wenn man nach einem Jahr in der Major League Soccer wieder nach Luxemburg kommt, ist das schon eine große Umstellung. Ich musste mich wieder anpassen, das war die größte Herausforderung. Es war aber schlussendlich kein Problem für mich, denn ich lebe seit über zwölf Jahren hier, meine Familie fühlt sich luxemburgisch und deshalb kenne ich die Rahmenbedingungen.
Ihr Ziel war es, intensiven und schnellen Fußball zu spielen. Wie weit ist Ihr Vorhaben fortgeschritten und welche Anpassungen mussten gemacht werden?
Seit ich im Juni die Mannschaft übernommen habe, waren die Spieler sehr konzentriert und darauf bedacht, meine Spielidee umzusetzen. Aber alles braucht seine Zeit. Im Moment befinden wir uns wieder in einer guten Spirale, aber im Fußballgeschäft muss man immer dranbleiben. Als Trainer ist mir Flexibilität wichtig. Das verlange ich auch von den Spielern. Wir müssen vor dem Spiel und während der Partie in der Lage sein, etwas zu verändern. Diese Flexibilität wird uns meiner Meinung nach während der Saison helfen.
Der F91 ist fast seit seiner Gründung vom Erfolg verwöhnt. Wie gehen der Verein und die Zuschauer damit um, aktuell nicht die erste Geige zu spielen?
Düdelingen hat eine unglaublich erfolgreiche Geschichte und war über 20 Jahre der beste Klub in Luxemburg. Die Spieler verstehen das und sehen es als Chance, für einen solchen Verein zu spielen. Dasselbe gilt für mich. Jeder weiß, dass die dominanten Zeiten vorbei sind, aber wir versuchen, etwas Neues aufzubauen. Es gibt Druck, aber er ist nicht unangenehm, sondern fördernd. Für jeden im Verein ist diese gesamte Saison ein Prozess. Wir haben mit Ivan Englaro und Miguel Gonçalves zwei 19-Jährige in der Startelf stehen. Beide entwickeln sich sehr gut und das ist wichtig für den F91 Düdelingen. Das ist es, was der Verein will und was wir versuchen werden, umzusetzen. Ich glaube, dass die Zuschauer es aufregend finden, dass wir nun vermehrt auf die Jugend setzen. Aber wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen. Wenn man auf den Nachwuchs setzt, muss man Geduld haben. Wir versuchen, die richtige Balance zwischen Erfolg und Förderung des Nachwuchses zu finden.
Welche Saisonziele sind derzeit realistisch?
Es ist ein Klischee, aber wir versuchen, ein Spiel nach dem anderen zu nehmen. Die BGL Ligue ist in diesem Jahr sehr ausgeglichen. Jeder kann gegen jeden gewinnen. Die Fola ist Letzter, hat gegen uns drei Punkte geholt und ist meiner Meinung nach in der Lage, jede Mannschaft zu schlagen. Das sagt eigentlich alles über die Liga aus. Wir stehen derzeit auf Platz vier und ich blicke positiv in die Zukunft.
Steckbrief
Name: Jamath Shoffner
Geboren am 10.7.1978 in Greensborough (USA)
Staatsangehörigkeit: US-Amerikaner
Stationen als Spieler: UNC Charlotte (USA), Shelbourne (IRL), Borussia Neunkirchen (D), Virginia Beach (USA), SV Weil (D), Avenir Beggen, UN Käerjeng
Stationen als Trainer: Wayland Baptist University, Montreat College (beide USA), FLF (u.a. Co-Trainer A-Nationalmannschaft), RE Virton (B/Co-Trainer), USA U20-Nationalmannschaft (Co-Trainer), Canach, Charlotte FC (USA/Co-Trainer), F91 (seit 1.7.2023)
Bilanz Saison 23/24: neun BGL-Ligue-Spiele, vier Siege, zwei Unentschieden, drei Niederlagen; vier Conference-League-Spiele, drei Siege, eine Niederlage
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