Gesundheit / Der Eichenprozessionsspinner verbreitet sich immer weiter
Der Eichenprozessionsspinner hat in den vergangenen Sommern für ganz schön viel Aufregung in Luxemburgs Gemeinden gesorgt. In diesem Jahr blieb es bisher still um die kleine Raupe mit den gefährlichen Härchen. Dabei ist die Schmetterlingsart sogar noch weiter verbreitet als im letzten Jahr.
Wie der Name schon verrät, finden sich die Raupen hauptsächlich an Eichen, gelegentlich – insbesondere in starken Befallsjahren – aber auch an einigen anderen Baumarten wieder. Dass die Tiere sich in Luxemburg seit einigen Jahren wohlfühlen, liegt wohl an den gestiegenen Temperaturen. Denn eigentlich kommen die Eichenprozessionsspinner aus dem südlichen Teil Europas.
Das Gefährliche an den unscheinbaren Tieren sind die feinen Härchen, auch Brennhaare genannt, die sich über ihren Körper ziehen. Sie sind mit einer Art Widerhaken ausgestattet und enthalten ein Eiweißgift namens Thaumetopoein. Die Härchen können in der Haut stecken bleiben und führen dann zu Rötungen und Quaddeln, wie man sie vom Nesselfieber kennt. „Die Heftigkeit der Reaktion variiert von Fall zu Fall. Bei besonders empfindlichen Menschen wie Asthmatikern oder Allergikern kann es zum Beispiel zum allergischen Schock kommen. Das kommt allerdings nur selten vor“, sagt Allgemeinmedizinerin und Notärztin Dr. Maryse Storck gegenüber dem Tageblatt.
Nicht nur für Menschen, auch für ihre vierbeinigen Begleiter kann der Eichenprozessionsspinner zum Problem werden. Die mögliche Reaktion ist dabei nicht zu unterschätzen. Besonders Hundebesitzer müssen auf ihre Vierbeiner aufpassen. Vor allem nach starken Regenfällen, denn dann fallen die Nester der Raupen oft zu Boden, wo die Tiere schneller damit in Kontakt kommen. In Düdelingen wurde die Neugierde einem Hund vor zwei Jahren zum Verhängnis. Er hatte die Raupe abgeschleckt – die allergische Reaktion auf Brennhaare ließ seine Zunge so anschwellen, dass das arme Tier erstickte.
Plan wegen Corona verspätet
Die Gefahr, die von den Insekten ausgeht, wird auch von der Regierung gesehen. „Zur Beseitigung der Raupen und ihrer Nester sollte man auf Profis vertrauen“, schrieb Umweltministerin Carole Dieschbourg („déi gréng“) 2019 in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des LSAP-Abgeordneten Yves Cruchten. Die Umweltministerin hatte schon im Juli 2018 einen Plan angekündigt, um gegen den Eichenprozessionsspinner vorzugehen. Dieser hätte eigentlich im Frühling 2020 veröffentlicht werden sollen. Wegen der Coronapandemie geriet das Gesundheitsministerium jedoch in Verzug, sagt Martine Neuberg, „Chef de service“ beim „Service des forêts“ im Umweltministerium.
Ihre Abteilung mache zwar kein Monitoring zur Verbreitung des Eichenprozessionsspinners, reagiere aber, wenn Personen oder Gemeinden Nester bei ihr melden. „Dann tragen wir die Orte, an denen das Tier gesehen wurde, in eine Karte ein.“ Dabei bemerke sie, dass die Raupe sich jedes Jahr etwas weiter in den Norden des Landes verbreitet. Inzwischen seien schon Insekten in Vianden gesichtet worden. Am stärksten betroffen sei jedoch weiterhin der Süden und Osten des Landes. „In diesem Jahr sind die Schmetterlinge auch relativ früh dran gewesen“, sagt Neuberg. Das liege daran, dass es keine harten Winter mehr gebe und es nur noch selten friere.
In Esch gibt es derweil noch wenige Fälle des Eichenprozessionsspinners, wie der Förster der Stadt, Pol Zimmermann, sagt. „Wir sind dabei, das ein oder andere Nest zu entfernen, aber es ist noch ruhig.“ Dabei teste die Stadt gerade ein neues umweltschonenderes Verfahren, um die Raupen zu entfernen. „Dabei werden sie in einer Art Falle gefangen“, erklärt Zimmermann. Ob das Ganze funktioniere, wisse er noch nicht.
40 Anfragen für Nestentfernung
„Wir sind gerade voll dabei, die Nester zu entfernen“, heißt es am Dienstag aus dem Sekretariat von Entrapaulus. Die Baufirma ist eines der wenigen Unternehmen in Luxemburg, das die professionelle Entfernung der Raupen und deren Nester anbietet. Alleine im Sommer 2018 hatten sie um die 700 Nester vernichtet. „Aktuell haben wir an die 40 Anfragen von Gemeinden und von Privatpersonen“, so die Sekretärin.
Von Ende Mai bis Ende Juli kümmern sich bei Entrapaulus vier Mitarbeiter nur um den Eichenprozessionsspinner – zwei davon nehmen die Anrufe im Büro entgegen und zwei weitere kümmern sich um die Entfernung der Nester. Dabei müssen sie immer zu zweit vor Ort sein und Sicherheitskleidung tragen, um sich vor den allergieauslösenden Härchen zu schützen. Die Arbeit dauert laut Entrapaulus mindestens zweieinhalb Stunden. Das hat seinen Preis. „Für Privatpersonen haben wir in diesem Jahr einen Pauschalpreis aufgerechnet: 550 Euro pro entferntem Nest“, informiert die Sekretärin. Die Gemeinden bezahlen ihrerseits pro Stunde.
Gefahr das ganze Jahr über
Bei der Entfernung der Nester ist der schwierigste Schritt der, sie zu erreichen. Dafür müsse schon mal ein Steiger angemietet werden, sagt die Sekretärin. Danach wird das Nest mit einer Art Kleber auf Kautschuk-Basis zusammengeklebt und in einen Plastikbeutel verpackt. Die Überreste am Baum werden verbrannt, der Plastikbeutel von einer Fachfirma entsorgt.
Der Falter schlüpft Ende Juli, Anfang August. Bis dahin ist also weiterhin Vorsicht geboten bei Outdoor-Aktivitäten. Selbst danach können die Härchen der Tiere noch allergische Reaktionen auslösen. „Die Nester bleiben schließlich hängen. Wenn im Winter ein Luftstoß kommt und eins herunterfegt, werden die giftigen Härchen auch aufgewirbelt“, sagt Martine Neuberg vom „Service des forêts“. Doch damit müssen wir nun leben, denn verschwinden wird der Eichenprozessionsspinner in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich nicht.
Wie schütze ich mich?
Das Gesundheitsministerium hat 2019 in Zusammenarbeit mit dem Infrastrukturministerium Tipps zum Schutz gegen den Eichenprozessionsspinner herausgegeben:
– Raupen und Gespinste nicht berühren;
– Kinder über die Gefahr aufklären und nicht unter befallenen Bäumen spielen lassen;
– Nach Kontakt mit den Brennhaaren die Kleidung wechseln und in der Waschmaschine waschen. Sie sollten duschen und die Haare gründlich waschen;
– Darauf achten, dass keine Brennhaare über Kleidung und Schuhe in die Wohnung getragen werden;
– Die in der Haut befindlichen Brennhaare mit Wasser und Seife abspülen. Haare, die sich tief in der Haut befinden, sollten entfernt werden (Pinzette, Klebeband);
– Bei ernsten Problemen sollte ein Arzt kontaktiert werden;
– Der Nesselausschlag kann mit antihistamin- oder kortisonhaltigen Salben behandelt werden. Kalte Kompressen können die Anzeichen lindern;
– Betroffenes Auge ausspülen und einen Augenarzt kontaktieren;
– Asthmatische Reaktionen lassen sich durch eine inhalative Therapie mit Bronchodilatatoren und/oder Kortikoiden behandeln;
– Bei Verschlucken der Brennhaare möglichst viel Wasser trinken, um das Gift zu verdünnen;
– Schwere Reaktionen erfordern eine Hospitalisierung.
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Viele andere Prozessionen gibt’s ja Gottseidank nicht mehr.
Der Eichenprozessionspinner, ein Ersatz für die Echternacher Springprozession? 🙂